Mit vereinten Kräften
Wie Mobile Retter Leben retten
![Die Protagonisten der dramatischen Rettungsaktion: Sanitäter Markus Bodmann (v. li.), Patient Heiko Siebern, Mobile Retterin Nadine Jansen, Ehefrau Martina Siebern und Disponent Sven Westfalen | Foto: Anika Werner](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2024/12/06/8/713988_L.jpg?1733479517)
- Die Protagonisten der dramatischen Rettungsaktion: Sanitäter Markus Bodmann (v. li.), Patient Heiko Siebern, Mobile Retterin Nadine Jansen, Ehefrau Martina Siebern und Disponent Sven Westfalen
- Foto: Anika Werner
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Der Abend des 25. August 2023 begann für die Familie Siebern wie jeder andere, doch er endete mit einer Szene, die alle Beteiligten nie vergessen werden. Heiko Siebern aus der Samtgemeinde Hanstedt erlitt während der Fahrt ins Krankenhaus einen Herzstillstand. Seine Frau Martina reagierte instinktiv – und gemeinsam mit einer Kette an Helfern gelang es, sein Leben zu retten.
Plötzlicher Herzstillstand auf dem Weg ins Krankenhaus
Bereits am Tag zuvor hatte Heiko Siebern im Garten gearbeitet. Er war körperlich aktiv gewesen und verspürte Rückenschmerzen, die er zunächst als Muskelverspannungen abtat. Doch die Schmerzen verschlimmerten sich, und am Abend entschied er sich, ins Krankenhaus zu fahren. Seine Frau, Martina Siebern, eine erfahrene Taxifahrerin, setzte ihn ins Auto und steuerte Richtung Klinik.
Kurz vor dem Ausgang Brackel passierte das Unvorstellbare: Heiko Siebern verlor das Bewusstsein – sein Herz setzte aus. Martina Siebern blieb geistesgegenwärtig, stoppte das Auto und begann sofort mit der Herzdruckmassage. Sie wusste, dass jede Sekunde zählte.
Ein Netzwerk, das Leben rettet
Die Mobilen Retter im Landkreis Harburg sind ein Beispiel dafür, wie schnelle Hilfe Leben retten kann. Der Landkreis hat das System der Mobilen Retter im Juli 2023 eingeführt, um eine bessere Erstversorgung zu ermöglichen. Das Netzwerk besteht aus ehrenamtlichen Ersthelfern, die über eine spezielle App alarmiert werden und oft vor dem Rettungsdienst vor Ort eintreffen. Landrat Rainer Rempe betonte, dass die Mobilen Retter eine essenzielle Erweiterung der Rettungskette darstellen und die Überlebenschancen bei Herzstillständen deutlich erhöhen.
Es gab eine Dankesveranstaltung im Katastrophenschutzzentrum Winsen, bei der alle 555 Mobilen Retter zum Essen eingeladen wurden. Der Landrat hielt eine Rede, alle Beteiligten am Notfall schilderten das Fallbeispiel und die "Motoren der Mobilen Retter" Andreas Klask und Dr. Thies Kahnenbley zeigten, wie erfolgreich die Aktion bisher lief und gaben einen Ausblick, was sich in Zukunft noch verbessern soll.
"Die Mobilen Retter sind ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Rettungsstruktur", sagte Landrat Rempe in seiner Ansprache. "Sie zeigen den Mut und die Bereitschaft, ihren Mitmenschen in größter Not zur Seite zu stehen." Seit dem Start des Projekts wurden bereits 137 Einsätze durch Mobile Retter unterstützt, wobei sie in 57 % der Fälle noch vor dem Rettungsdienst am Einsatzort waren.
Eine perfekt koordinierte Rettung
Während Martina Siebern verzweifelt um das Leben ihres Mannes kämpfte, hielt ein weiterer Verkehrsteilnehmer an. Der Mann stieg aus, holte eine Decke und setzte sofort einen Notruf ab. Sven Westfalen, Disponent in der Leitstelle, nahm den Notruf entgegen. Er gab Martina Siebern telefonisch die entscheidenden Anweisungen für die Reanimation und alarmierte gleichzeitig weitere Einsatzkräfte.
Die Mobilen Retter wurden per GPS lokalisiert und alarmiert. Nur Minuten später traf Nadine Jansen, Ersthelferin der Johanniter und Mitglied der Mobilen Retter, mit ihrem Mann ein und übernahm die Herzdruckmassage. Sie beschreibt den Einsatz so: "Als wir ankamen, haben wir sofort übernommen, um Martina Siebern zu entlasten. Es war ein eingespieltes Teamwork, das dem Patienten das Leben gerettet hat."
Mobile Retter: Ehrenamtlich und entschlossen
Die Mobilen Retter im Landkreis Harburg bestehen aus insgesamt 555 aktiven Mitgliedern (Stand Oktober 2024), die ehrenamtlich tätig sind. Sie arbeiten in unterschiedlichsten Berufen, von der Pflege über Arztpraxen bis hin zu weiteren Hilfsorganisationen, und sind durch regelmäßige Schulungen auf die Einsätze vorbereitet. Der Landkreis unterstützt die Mobilen Retter durch Nachsorgeangebote und technische Optimierungen. Seit dem 1. Juli 2024 werden nicht mehr zwei, sondern drei Mobile Retter alarmiert. Während die ersten beiden sich bei der Herzdruckmassage abwechseln, ist der dritte dafür verantwortlich, einen Defibrillator aus der Nähe zu holen. "Wir wollen die Abläufe verbessern, die Technik weiterentwickeln und vor allem mehr Menschen dazu motivieren, sich als Mobile Retter ausbilden zu lassen", erklärte Andreas Klask, Koordinator der Mobilen Retter, bei der Dankesveranstaltung.
Leben gerettet: Dank der Mobilen Retter
"Als wir am Einsatzort ankamen, hatten die Ersthelfer alles so gut im Griff, dass wir direkt mit unserer Arbeit beginnen konnten", erinnert sich Markus Bodmann, einer der Rettungskräfte vor Ort. "Martina Siebern hatte bereits alles richtig gemacht, und es war beeindruckend, wie ruhig und konzentriert alle Beteiligten zusammengearbeitet haben." Bodmann lobte die ruhige und professionelle Zusammenarbeit aller Beteiligten, die wesentlich zum Erfolg der Reanimation beitrug. Heiko Siebern konnte unter Reanimation transportiert werden. Bodmann erklärt: "Das ist nicht unbedingt üblich. Aber durch die rasche Erstversorgung war der Patient in einer so guten Verfassung, dass wir uns für den Transport unter Reanimation entschieden." Heiko Siebern erhielt im Rettungswagen direkt vor der Notaufnahme im Krankenhaus Winsen einen weiteren Schock durch den Defibrillator, wodurch sein Kreislauf stabilisiert wurde. Im Krankenhaus stellten die Ärzte einen massiven Herzinfarkt fest und setzten ihm sieben Stents ein.
Für Heiko Siebern war es wie ein Wunder. Ein Arzt in der Rehaklinik erklärte ihm später, dass er "eigentlich tot" gewesen sei und nur durch die schnelle Hilfe aller Beteiligten noch lebe. "Ich erinnere mich kaum an den Moment selbst, aber ich weiß, dass ich heute nur hier bin, weil so viele Menschen alles gegeben haben", sagt Heiko Siebern. "Ich bin den Mobilen Rettern, meiner Frau und allen anderen Helfern unglaublich dankbar. Ohne ihren Einsatz wäre ich heute nicht mehr am Leben."
Das Mobile Retter-Netzwerk weiter stärken
Die Zukunft der Mobilen Retter sieht vielversprechend aus: Der Landkreis plant eine Erweiterung des Netzwerks und eine stärkere personelle Unterstützung, um noch mehr potenzielle Lebensretter zu gewinnen. "Vorkenntnisse sind hilfreich, aber grundsätzlich kann jeder Erwachsene Mobiler Retter werden", so Andreas Klask. Interessierte werden mit einer Ersthelferausbildung und Reanimationstrainings auf den Einsatz vorbereitet. 246 weitere potenzielle Lebensretter stehen derzeit in den Startlöchern und warten auf ihre Schulung.
Das Engagement der Mobilen Retter zeigt bereits Wirkung: Von den 137 Alarmierungen bis Ende September 2024 wurden 84 aufgrund von Atemstillstand ausgelöst. In durchschnittlich 4 Minuten und 44 Sekunden waren die Mobilen Retter vor Ort – oft sogar schneller als der Rettungswagen, der aufgrund der ländlichen Struktur des Landkreises Harburg in der Regel erst nach durchschnittlich neun Minuten eintrifft. "Diese Zahlen zeigen, dass unser System funktioniert und Leben rettet", erklärte Kai-Martin Pöllmann, Leiter Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz.
Dankbarkeit und eine helfende Gemeinschaft
Heiko Siebern blickt heute mit tiefer Dankbarkeit auf den Einsatz der Mobilen Retter und aller Beteiligten zurück. "Ohne die schnelle Hilfe wäre ich heute nicht hier", sagt er. "Es waren so viele Menschen beteiligt, die alle zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren – das kann man nur als Wunder bezeichnen." Auch Landrat Rempe dankte den Ehrenamtlichen für ihren Einsatz: "Es sind die Menschen wie die Mobilen Retter, die unsere Region sicherer machen. Ihr Einsatz ist nicht selbstverständlich, aber lebensrettend."
Aufruf zur Mithilfe: Wer war der Helfer im braunen Kastenwagen?
Die Familie Siebern möchte sich bei dem unbekannten Helfer bedanken, der als einer der ersten am Unfallort in Brackel anhielt und sofort Hilfe leistete. Sie erinnert sich an einen braunen Kastenwagen, möglicherweise ein Handwerkerfahrzeug. Sollten Sie Hinweise zu diesem Helfer haben, melden Sie sich bitte bei der Pressestelle unter Tel. 04171 693-263. Diese stellt den Kontakt zur Familie Siebern her.
![Die Protagonisten der dramatischen Rettungsaktion: Sanitäter Markus Bodmann (v. li.), Patient Heiko Siebern, Mobile Retterin Nadine Jansen, Ehefrau Martina Siebern und Disponent Sven Westfalen | Foto: Anika Werner](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2024/12/06/8/713988_L.jpg?1733479517)
![Die "Motoren der Mobilen Retter" Andreas Klask (li.) und Dr. Thies Kahnenbley (re.) bekamen von Landrat Rainer Rempe (Mitte) ein Dankeschön für ihr Engagement | Foto: Anika Werner](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2024/12/06/5/713985_L.jpg?1733479644)
![Bei der Dankesveranstaltung bekamen die Mobilen Retter Westen, Schlüsselbänder, Autoaufkleber und Beatmungsschutz | Foto: Anika Werner](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2024/12/06/1/713991_L.jpg?1733479728)
Redakteur:Anika Werner aus Winsen |
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