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Rechtssicherheit soll beim Wolf geschaffen werden

Wie krank ist das Hausarzt-Facharztsystem
In Winsen einen Arzttermin im Akutfall zu bekommen ist fast unmöglich.

Man kann da auch so sehen. | Foto: Welt
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Auch die Winsener verzweifeln immer mehr, wenn sie zu einem Arzt müssen. Leicht überspitzt, es wird für Kassenpatienten immer schwerer zu überleben. Die Probleme beginnen bei der Suche nach einem Hausarzt.
Viele Hilfesuchenden werden abgewiesen, mit dem Hinweis, dass die Praxis keine neuen Patienten mehr aufnehmen kann.
War die Suche dann erfolgreich, gehen die Probleme weiter. In einigen Praxen muss man sich mindestens eine halbe Stunde vor Öffnung anstellen. Wer später kommt, hat kaum Aussicht auf Behandlung. Egal, wie krank man ist.
Für berufstätige Mütter mit Kindern ist diese Vorgabe kaum lösbar. Bei Praxisöffnung kommen erst die Patienten mit Termin an die Reihe. Nachdem diese dann eingecheckt haben, dürfen noch wenige Patienten in die Praxis zur Behandlung.
Ist das Behandlungskontingent ausgeschöpft, werden die restlichen Patienten nach Hause geschickt.
Leider auch wieder egal wie krank jemand ist. In Winsen sieht man sogar Warteschlangen bis auf den Fußweg, bei Wind und Wetter.

Vor ein paar Tagen kam eine Bekannte in Tränen aufgelöst zu mir und erzählte mir, was sie erlebt hatte.
Jeder, besonders Frauen, kennen das. Eine Blasenentzündung erkennt man erst, wenn man beim Wasserlassen starkes Brennen und Schmerzen verspürt. Bei unserer 70-jährigen Bekannten traten diese Symptome an einem Mittwoch gegen 13.00h auf. Alle Hausarztpraxen waren geschlossen.
Nur eine Urologische Praxis, bei der sie auch noch Patientin war, hatte noch auf. Dort traf sie der Schock.
Ihr wurde die Behandlung verweigert, mit der Begründung, sie habe keinen Termin und benötigen erst eine Überweisung vom Hausarzt zur Akutfallbehandlung. Auch Schmerzen änderten nichts an der Vorgehensweise.

Unser Bekannte weiß aus schmerzlicher Erfahrung, wie wichtig eine schnelle Medikamenteneinnahme ist, um Schlimmeres zu verhindern. Aber an einem Mittwoch ist kein Hausarzt verfügbar und damit auch keine Überweisung möglich. Erst am nächsten Tag wurde meiner Bekannten bei ihrer Frauenärztin geholfen.

Ein weiterer Fall in meinem Bekanntenkreis. Bei unerklärlichen Problemen mit den Ohren wollte der Mann einen Termin bei einem HNO-Arzt. Wie zuvor, wurde auch hier darauf verwiesen, dass dies nicht mehr ohne Überweisung geht. Erst dann wird ein Termin vergeben. Also muss man  jetzt immer zuerst zum Hausarzt. Dieser stellt dann die Überweisung aus.
Bürokratie ohne Ende.
Das versteht kein Mensch mehr, es hat doch vorher auch super funktioniert. 

Bei Dringlichkeit, wer auch immer das ohne Facharztuntersuchung feststellen will, gibt es dann eine Überweisung mit einem sechsstelligen Zahlencode. Damit muss man sich bei einer Hotline der Krankenkassen melden. Diese sucht dann einen entsprechenden Facharzt mit freiem Termin. Allerdings kann dieser Facharzt bis 60 km entfernt sein.
Wer dann nicht innerhalb von  4 Wochen einen Termin bekommt, kann auf einem ambulanten Termin im Krankenhaus bestehen. 4 Wochen mit Beschwerden können sehr lang werden. 

Was passiert, wenn gerade im Kopfbereich eine wirklich schwere Erkrankung vorhanden ist, wie ein Tumor oder ein Aneurysma, das nicht schnell behandelt wird?

Hinzu kommt die Frage, was ist mit den älteren alleinstehenden Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, aber niemanden haben, der sie unterstützt. Oftmals kennen sie sich nicht mit dem Internet aus oder besitzen nicht mal ein Handy.

Wie sollen diese Menschen einen Termin bekommen, wie sollen die zu einem 60 km entfernten Facharzt kommen, wer soll das Taxi bezahlen?
Als ein noch relativ gesunder Mensch, der noch Unterstützung hat, das Taxi noch zahlen könnte, bekommt man trotzdem Angst, als Kassenpatient in Deutschland krank zu werden.

Was hatte mal eine Kanzlerin für einen Wahlslogan?
"In einem Land, in dem man gut und gerne lebt"
Das stimmt schon lange nicht mehr für viele Menschen in unserem Land. Besonders nicht für arme, alte oder kranke Menschen.

Sogar Privatpatienten berichten, dass ihre „Privilegien“ langsam schwinden. Aber Herr Lauterbach wird dieses Problem sicher nicht kennen. Einen sofortigen Termin beim Professor bekommt er bestimmt nach einem kurzen Anruf.

Leserreporter:

Rüdiger Störtebecker aus Winsen

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