"Kann hier auch jederzeit passieren"
WOCHENBLATT-Interview mit Dr. Michael Herrmann über Waldbrand-Gefahren
(thl). Die Nachricht erschütterte die Bürger: Ein Bahndamm-Brand in Siegburg breitete sich unkontrolliert aus und griff auf acht Wohnhäuser über. Mehr als 30 Menschen wurden dabei verletzt. Aufgrund der langanhaltenden Trockenheit haben viele Bürger Angst vor Waldbränden, die plötzlich außer Kontrolle geraten. Das WOCHENBLATT sprach mit Dr. Michael Herrmann (46), Vorsitzenden des Vereins "ForestFireWatch", ob die Angst begründet ist und wie man solchen Bränden vorbeugen kann.
WOCHENBLATT: Ist die Brand-Katastrophe von Siegburg ein trauriger Einzelfall oder hätte das auch hier passieren können?
Dr. Michael Herrmann: Es ist bisher glücklicherweise ein Einzelfall. Leider haben wir unter diesen Witterungsbedingungen durchaus das Potenzial, dass sich ein solcher Vorfall wiederholt. Der Grund dafür liegt zum einen in der Trockenheit, aber auch darin, dass es kaum noch Schutzzonen zwischen ausgetrockneter Vegetation und Wohnbebauung gibt. In allen diesen Bereichen ist ein Übergreifen eines Flächenbrandes auf Wohnbebauung möglich.
WOCHENBLATT: Klingt, als sitzen wir auf einem Pulverfass. Was sind die Gründe?
Herrmann: Gründe dafür sind die außergewöhnliche Trockenheit, aber auch der Umstand, dass wir uns in Deutschland zu wenig mit dem Thema Prävention auseinandergesetzt haben. Das fängt bei fehlenden Schutzstreifen an und reicht über schlecht befahrbare Waldwege bis hin zu für Vegetationsbrandbekämpfung unzureichende Ausrüstung der Feuerwehren.
WOCHENBLATT: Waldbrände gibt es aufgrund der langen Trockenheit ja fast täglich, bedingt durch verschiedene Ursachen. Wann wird ein Waldbrand zur Katastrophe?
Herrmann: Die Linie ist schwer zu ziehen. So war der Vegetationsbrand in Siegburg klein, hatte aber aufgrund des Übergreifens schon Ausmaße, die in die Nähe einer Katastrophe kommen.
WOCHENBLATT: Wie kann man solche Katastrophen eindämmen bzw. verhindern?
Herrmann: Wie auch beim Hochwasserschutz werden wir uns zukünftig intensiver dem Thema Waldbrandprävention beschäftigen müssen. Wenn es erst zur Katastrophe kommt, ist es zu spät. Dabei sind alle gefordert: Politik, Forst, Feuerwehren, aber auch jeder einzelne, der durch sein Verhalten dazu beitragen kann, dass es erst gar nicht zu einem Feuer kommt. Und damit ist schon viel erreicht. Immerhin haben über 90 Prozent aller Waldbrände eine menschliche Ursache.
WOCHENBLATT:. Was fordern Sie von der Politik?
Herrmann: Politik muss erkennen, dass Vegetationsbrände ebenso wie Hochwasser und Sturzfluten eine ernstzunehmende Bedrohung sind, die Gegensteuern erfordert. Das fängt mit gesetzlichen Vorgaben zu Schutzstreifen an, insbesondere bei Bauvorhaben in Waldnähe oder landwirtschaftlichen Flächen. Dazu gehört aber auch die Bereitstellung ausreichender Mittel, um Feuerwehren dieser Gefahrenlage entsprechend auszurüsten und fortzubilden.
WOCHENBLATT: Herr Dr. Herrmann, vielen Dank für dieses Gespräch. Michael Herrmann wurde 1971 im Wendland geboren und erlebte als Vierjähriger eines der größten Feuerinfernos in der Geschichte Deutschlands hautnah mit. Das hat ihn geprägt. Mehr als 23 Jahre war Herrmann ehrenamtliches Mitglied im THW-Ortsverband Lüchow-Dannenberg, gründete seinerzeit die "Suewa" (Schnelle Unterstützungs-Einheit Waldbrand). Seit seinem Ausscheiden dort engagiert er sich in einer Feuerwehr der Samtgemeinde Bardowick und hat vor einem Jahr den Verein "ForestFireWatch" gegründet, dessen Vorsitzender er auch ist. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, in den Landkreisen Harburg, Lüneburg und Lüchow-Dannenberg Waldbrände zu verhindern oder in der Entstehung einzudämmen. Dr. Michael Herrmann ist Jurist und arbeitet als Strafrichter. Zur Person Michael Herrmann Michael Herrmann wurde 1971 im Wendland geboren und erlebte als Vierjähriger eines der größten Feuerinfernos in der Geschichte Deutschlands hautnah mit. Das hat ihn geprägt. Mehr als 23 Jahre war Herrmann ehrenamtliches Mitglied im THW-Ortsverband Lüchow-Dannenberg, gründete seinerzeit die "Suewa" (Schnelle Unterstützungs-Einheit Waldbrand). Seit seinem Ausscheiden dort engagiert er sich in einer Feuerwehr der Samtgemeinde Bardowick und hat vor einem Jahr den Verein "ForestFireWatch" gegründet, dessen Vorsitzender er auch ist. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, in den Landkreisen Harburg, Lüneburg und Lüchow-Dannenberg Waldbrände zu verhindern oder in der Entstehung einzudämmen. Dr. Michael Herrmann ist Jurist und arbeitet als Strafrichter. Zur Person Michael Herrmann
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