Riesen-Zoff im Winsener Stadtrat
"Das ist purer Populismus"
Grünen wollten über eine Resolution den Klimanotstand ausrufen
thl. Winsen. "Das ist purer Populismus. Sie versuchen, aus den Ängsten der Bürger Kapital zu schlagen." Mit deutlichen Worten lehnte Roderik Pfreundschuh, Fraktionsvorsitzender der AfD im Winsener Stadtrat, den Antrag der Grünen für eine Klimaresolution ab - und bekam dabei die Unterstützung der Gruppe CDU/Winsener Liste/Waldau und der Gruppe FDP/Sarikaya. Teile der SPD schlugen sich (nahezu schon reflexartig) auf die Seite der Gruppe Grüne/Linke.
Auslöser des Zoffs im Stadtrat war ein Antrag der Grünen für eine "Resolution zur Ausrufung des Klimanotstandes". Gerade diese Wortwahl brachte die meisten anderen Politiker auf die Palme. Mit dem Notstand sollen Grundrechte der Bürger beschnitten werden, hieß es. "Sie suggerieren den Bürgern mit ihrem Antrag, dass morgen die Welt untergeht und übermorgen alle tot sind", fauchte CDU-Fraktionschef André Bock den Antragsteller Bernd Meyer an. "Das ist schäbig, weil Sie mit den Ängsten der Menschen spielen." Würde man den Klimanotstand ausrufen, würde das eine Spaltung der Gesellschaft bedeuten.
Das sah auch die AfD so. "Sie wissen selbst, dass wir in Winsen das Weltklima nicht retten können. Ihnen geht es nur darum, Bürger zu schikanieren und Parkplätze plattzumachen", so Pfreundschuh. Hintergrund: In der Resolution wollte die Gruppe Grüne/Linke ein Mobilitätsmanagement ins Leben rufen mit dem Hauptziel, den Autoverkehr einzudämmen und die Menschen zum Umsteigen aufs Fahrrad zu bewegen.
Bürgermeister André Wiese (CDU) wies darauf hin, dass Winsen in Sachen Klimaschutz schon immer wegweisend war und es deshalb keine Resolution bräuchte. Exemplarisch nannte er den Bau der Windkraftanlagen, die Stadtwerke als handlungsfähigen Energieversorger, das gerade aufgestockte Geld für den Stadtbusverkehr und die Unterstützung der Vereine bei energetischen Sanierungen.
"Gegenfeuer" gab es von der SPD. "Ich glaube, wir haben nicht nur einen Klimanotstand, sondern auch einen Diskussionsnotstand", so SPD-Chef Benjamin Qualmann. "Ich hätte erwartet, dass sich wenigstens die CDU mal fünf Minuten mit dem Antrag beschäftigt und ihn nicht gleich ablehnt. Von der AfD kann man das ja nicht erwarten."
In diese Kerbe schlug auch Dr. Erhard Schäfer (Gruppe Grüne/Linke): "Seit Greta Thunberg vor den Regierungen saß, geht das Thema Klimaschutz wie ein Lauffeuer um die Erde und kommt bei jedem an. Außer bei denen da (Anm. der Red.: Gemeint ist die AfD). Die wiederholen nur den Mist von Gauland."
André Bock versuchte schließlich die Wogen etwas zu glätten und stellte einen Antrag, dass der Rat beschließen möge, dass die Stadt den Klimaschutz weiter so vorantreibt wie bisher.
Das fand zumindest bei Nino Ruschmeyer (Gruppe FDP/Sarikaya) Zustimmung: "Ich glaube zwar nicht, dass der CDU-Antrag etwas bringt, aber er bekommt unsere Stimme." Allerdings vergeblich: Am Ende gab es weder für die Resolution noch für den CDU-Antrag eine Mehrheit.
Rats-Spruchdes Tages
"Die Wortbeiträge hier erinnern mich an Zeiten, in denen ich noch gar nicht gelebt habe."
SPD-Urgestein Heinrich Schröder in der Diskussion um die Klimaresolution.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.