"Eiseskälte in den Herzen"
Eltern fühlen sich beim Thema Kinderbetreuung von den meisten Politikern nicht ernst genommen
thl. Winsen. "In der jüngsten Sitzung des Winsener Stadtrates war nicht nur die Heizung in der Stadthalle ausgefallen. Auch in den Herzen einiger Politiker herrschte Eiseskälte", sagt Christina Glawe, Sprecheirn der Elterninitiative Kinder Winsens (KiWis). Grund: Kernthema der Sitzung war neben dem Haushalt die Verbesserung der Ferienbetreuung im Rahmen des Ganztages und vor allem die Steigerung der Qualität und die Ausstattung der Betreuung an den Ganztagsgrundschulen. "Nach wie vor gibt es hier Diskrepanzen zwischen der Hort- und der Ganztagsbetreuung. Um diese nun mehr nach fast drei Jahren auf ein gleichwertiges Niveau zu heben, stellten die SPD und die Gruppe Grüne/Linke den Antrag, die Ferienbetreuung von aktuell 27 Tagen im Ganztag auf 70 Tagen auszubauen und die Qualität deutlich zu verbessern", so Glawe. Vor diesem Hintergrund seien neben den KiWis auch weitere interessierte Bürger zur Sitzung erschienen, die die Bürgerfragestunde nutzten, um Fragen oder auch Situationsdarstellungen zu äußern. Vor allem eine alleinerziehende Mutter richtete sich an den Stadtrat, um Antworten für die Betreuung im kommenden Schuljahr 2019/2020 zu bekommen. Die fehlende Ferien- und vollumfassende Nachmittagsbetreuung bis 17 Uhr an allen Wochentagen, die zum Angebot der Horte zählte, bereiteten ihr Sorgen. "Ich sehe mich gedanklich schon meinen Arbeitsplatz im kommenden Jahr kündigen, da ich nicht weiß, wie ich mein Kind mit dem Start in die Schule betreuen kann", machte sie deutlich. Doch ihr Anliegen fand bei der Regierungsmehrheit - bestehend aus den Gruppen CDU/Winsener Liste/Waldau und der FDP/Sarikaya - kein Gehör. Auch eine vernünftige Antwort blieb ihr Politik und Verwaltung schuldig.
Offenbar hatte vor allem die CDU keine Lust mehr, über das Thema zu diskutieren. Als Brigitte Netz den Antrag noch einmal ausführlich vorstellte und begründete, gab es von Christdemokratin Dr. Cornell Babendererde einen Antrag zur Geschäftsordnung. Wortlaut: "Es wäre schön, wenn hier nicht so ein langer Monolog geführt wird. Es wurde bereits alles diskutiert. Hier ist es klar, es ist schon spät, da hört sowieso niemand mehr zu."
Diese Aussage führte zur endgültigen Fassungslosigkeit bei den anwesenden Zuhörern. Glawe: "Alle vorherigen Punkte, vor allem die Anträge der Mehrheitsgruppe, wurden sehr breit erörtert. Dabei brachten neben den Ratsmitgliedern auch die Zuhörer die Zeit auf, geduldig auf die Abstimmung zu warten."
Doch Babendererdes "Ansage" zeigte Wirkung. Innerhalb weniger Minuten wurde das Thema abgebügelt und der Antrag mehrheitlich abgelehnt. Begründung: Man wolle nach den Osterferien eine Abfrage starten, um festzustellen, ob eine Erweiterung notwendig werden wird. "Als dann noch die Aussage getroffen wurde, dass weder eine Partei noch eine Initiative das Recht habe, im Namen der Eltern zu sprechen, zeigte sich sehr deutlich, dass die Stadt und die Mitglieder der Gruppe CDU/Winsener Liste/Waldau sowie der Gruppe FDP/Sarikaya kein Interesse daran haben, sich mit den Problemen der Eltern auseinander zu setzen", kritisiert die KiWis-Sprecherin. Sicherlich sei das Thema bereits ausführlich diskutiert worden, so Glawe weiter. "Das zeigt jedoch deutlich, wie aktuell und brennend dieses Thema nach wie vor ist." Und deswegen werde man auch keine Ruhe geben.
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