Zukunft der Verwaltung
Kreisverwaltung wird bis Ende 2022 bis zu 300 Verwaltungsdienstleistungen digital anbieten

Foto: as/MSR

Schluss mit Stempeln: Was uns der digitale Gang zum Amt im Landkreis Harburg bringen wird
(ts). Probleme bei der Terminvereinbarung, stundenlang warten und dafür noch einen halben Tag Urlaub nehmen müssen: Viele Bürger gehen ungern aufs Amt. Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom möchte die Mehrheit der Deutschen ihre Verwaltungsangelegenheiten online bequem von zu Hause aus erledigen.
Genau das wollen Bund, Länder und Kommunen den Bürgern bis spätestens Ende 2022 anbieten. 575 Verwaltungsdienstleistungen, so der Plan der Bundesregierung, sollen bis dahin digitalisiert werden. E-Government oder elektronische Verwaltung nennt sich das, wenn Menschen ihr Auto von zuhause ummelden oder Elterngeld im eigenen Wohnzimmer beantragen.
 Über die Zukunft des Behördengangs sprach WOCHENBLATT-Redakteur Thomas Sulzyc mit dem Projektleiter für die Digitalisierung der Verwaltung des Landkreises Harburg, Erster Kreisrat Kai Uffelmann. Hier die Antworten zu fünf wichtigen Fragen.
Welche Behördengänge werden wir vermutlich als Erstes vom Sofa aus erledigen können?
Der sogenannte OZG-Umsetzungskatalog (OZG steht für Onlinezugangsgesetz) stellt 575 Verwaltungsleistungen zusammen, für die digitale Lösungen umgesetzt werden müssen. Experten gehen davon aus, dass nicht alle Leistungen bis 2022 angeboten werden, weil sich die Digitalisierung der Verwaltung verzögert. Kai Uffelmann ist aber zuversichtlich, dass der Landkreis Harburg zum Beispiel etwa im Jahr 2022 voraussichtlich 200 bis 300 Leistungen digital anbieten wird. Wahrscheinlich werden Anträge auf Elterngeld und Wohngeld darunter sein.
Digitale Leistungen werden sich sukzessive verbessern. Beispiel: Zunächst werden Bürger voraussichtlich ihren Führerschein digital beantragen können, aber das Dokument noch persönlich auf dem Amt abholen müssen. Wenn man sich in Deutschland auf ein überzeugendes Modell zur Online-Identifizierung von Personen geeinigt hat, könnte die Fahrerlaubnis in Zukunft auch zugeschickt werden.
Welchen Vorteil bringt der digitale Behördengang?
Der Gang zum Amt kompliziert den Alltag, bringt Terminprobleme mit sich. Das entfällt, wenn Bürger Behördenangelegenheiten daheim digital erledigen können. Menschen werden in Zukunft eine digitale Bürgerakte haben. Diese bedeutet zusätzlichen Service. Beispiel: Mütter und Väter finden darin nicht nur den Antrag auf Elterngeld vor, sondern das Krankenhaus liefert die Bestätigung zur Geburt ihrer Kinder mit. Die Verwaltung stellt auch noch den Antrag zur Anmeldung auf einen Kindergartenplatz bereit.
Gefährdet Digitalisierung die Jobs der Verwaltungsmitarbeiter?
Nein, behauptet Kai Uffelmann. Alle Mitarbeiter würden weiter benötigt. Aber die Arbeitswelt in der Verwaltung wird sich in Zukunft verändern. Verwaltungsangestellte, die mit dem Abarbeiten von Akten beschäftigt waren, werden in Zukunft beratend tätig sein. Wenn Bürger doch noch das Amt aufsuchen, dann meist zur Beratung. Das wird nicht mehr in unwirtlichen, mit Akten verbauten Büros stattfinden, sondern in angenehm eingerichteten Beratungszimmern.
Akzeptiert die sehr auf Datenschutz bedachte Bevölkerung in Deutschland die Digitalisierung?
Der Vorteil, in den meisten Fällen nicht mehr aufs Amt gehen zu müssen, wird vermutlich die Bedenken überwiegen. Das Vertrauen in kommunale Datensätze sei hoch, weil Verwaltungsmitarbeiter keinen Anlass hätten, Daten zu manipulieren, sagt Kai Uffelmann. Als Beispiel nennt er das starke Vertrauen in die Daten des Einwohnermeldeamts. "Ich bin optimistisch, dass die Bürger Zutrauen zu uns haben", sagt der Erste Kreisrat. Und: Die Möglichkeit, das Amt aufzusuchen und Anträge in Papierform zu stellen, wird weiterbestehen.
In welchem Land funktioniert die digitale Verwaltung bereits?
Estland wird immer wieder als besonders fortschrittlich genannt. Aber auch unser Nachbar Dänemark. Mit der Digitalisierung hat das Königreich bereits 1968 begonnen. Damals führte es ein zentrales Personenregister ein. Jeder Bürger erhielt eine Identifikationsnummer. Diese Nummer bildet auch heute noch die Grundlage aller digitalen Dienste. Mit der Personennummer loggen sich die Dänen in das Portal borger.dk ein, wo die Verwaltungsdienstleistungen angeboten werden: Wohnortwechsel, Steuererklärung, Antrag auf Sozialhilfe, dazu genügen einige Klicks am Computer oder am Smartphone. Über ein zweites Portal kann jeder Bürger auf seine Gesundheitsdaten zugreifen. Mit der digitalen ID-Nummer wird ebenfalls Onlinebanking durchgeführt. Mittlerweile nutzen nach Angaben der Zeitung "Handelsblatt" mehr als 90 Prozent aller Dänen die digitalen Angebote des Staates oder der Gemeinden.

Redakteur:

Thomas Sulzyc aus Seevetal

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