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Gesundheit
Rezept gegen Schmerzen im Rücken: Bewegung, die Spaß macht

Dr. Frank Raimund, Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie im Krankenhaus Winsen, untersucht eine Rückenschmerzpatientin | Foto:  Krankenhaus Winsen
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  • Dr. Frank Raimund, Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie im Krankenhaus Winsen, untersucht eine Rückenschmerzpatientin
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Interview mit Dr. Frank Raimund, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie im Krankenhaus Winsen

(nw/nf). Wohl kaum eine Gesundheitsstörung ist mit so vielen Mythen und Missverständnissen verbunden wie der Rückenschmerz. Fast jeder Erwachsene hat ihn schon einmal gehabt. Wie kann man vorbeugen, wie wird man ihn am schnellsten wieder los und wann ist wirklich der Arztbesuch angesagt? Das WOCHENBLATT hat einen Rückenspezialisten gefragt: Dr. Frank Raimund, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie im Krankenhaus Winsen, steht im Interview Rede und Antwort zu den häufigsten Rückenfragen.

WOCHENBLATT: Kann es sein, dass während der Pandemie die Zahl der Rückenschmerzgeplagten gestiegen ist?
Dr. Frank Raimund: In der Klinik spüren wir das noch nicht. Aber eine Zunahme der Beschwerden ist durchaus vorstellbar. Bewegungsmangel und einseitige körperliche Belastung durch das Homeoffice gehören dann ebenso zu den Ursachen wie die Verringerung des Sport- und Freizeitangebots während des Lockdowns.

WOCHENBLATT: Was raten Sie Homeoffice-Arbeitern?
Dr. Raimund: Die Höhe von Stuhl und Tisch sollten an die Körpergröße angepasst sein, der Blick in Augenhöhe direkt auf den Bildschirm gehen. Außerdem ist es wichtig, regelmäßig aufzustehen, ein paar Schritte umherzugehen, die verspannten Körperpartien zu dehnen und idealerweise zwischendurch auch mal einen Spaziergang zu machen.

WOCHENBLATT: Welche Arten von Rückenschmerz gibt es?
Dr. Raimund: Rund 80 Prozent aller Rückenschmerzen sind muskulär bedingt. Sie kommen plötzlich, können extrem weh tun und sogar bewegungsunfähig machen. Aber sie verschwinden nach ein paar Tagen von selbst wieder. Wenn Schmerzen dauerhaft bleiben oder plötzlich ein Arm oder ein Bein gelähmt ist, sollte man schleunigst zum Arzt gehen.

WOCHENBLATT: Was könnte dahinterstecken?
Dr. Raimund: Dann sind häufig Strukturen der Wirbelsäule verändert, sodass Nerven bedrängt werden. In diesem Fall müssen wir Ärzte schnell handeln, um eine dauerhafte Schädigung der Nerven zu vermeiden.

WOCHENBLATT: Deuten große Schmerzen auf einen großen Rückenschaden hin?
Dr. Raimund:
Häufig schon, doch es gibt Ausnahmen. Ein Beispiel: Auch ein kleiner Bandscheibenvorfall kann äußerst unangenehm sein, wenn er an einer ungünstigen Stelle liegt, während ein großer Vorfall dort, wo mehr Platz im Wirbelkanal ist, weniger weh tut.

WOCHENBLATT: Wann und wie kommen Patienten zu Ihnen?
Dr. Raimund: Bei akuten, nicht durch Medikamente beherrschbaren Schmerzen oder frisch aufgetretenen Lähmungen kommen sie über die Zentrale Notaufnahme im Krankenhaus Winsen zu mir. Patienten mit chronischen Schmerzen besuchen meine Sprechstunden in den Krankenhäusern Winsen und Buchholz. Diese Patienten haben in der Regel bereits einen niedergelassenen Arzt aufgesucht, der eine Diagnose gestellt und die Therapie eingeleitet hat. Sie erkundigen sich bei mir nach weiterführenden Maßnahmen wie Infiltration (Anm. d. Red.: nervennahe Spritze) oder Operation.

WOCHENBLATT: Wie viele Patienten pro Jahr operieren Sie und weshalb?
Dr. Raimund: Ich operiere zwischen 250 und 300 Patienten. Hauptdiagnosen sind Bandscheibenvorfälle, Spinalkanalstenosen (Anm. d. Red.: Verengung des Wirbelkanals) und Wirbelgleiten.

WOCHENBLATT: Gibt es alterstypische Rückenbeschwerden und bekommen alle Menschen im Laufe ihres Lebens zwangsläufig Probleme mit der Wirbelsäule?
Dr. Raimund: Jeder Mensch durchläuft alterstypische Veränderungen des Körpers. Bei manchen sind diese Veränderungen ausgeprägter als bei anderen. Typisch sind der Verlust von Knochensubstanz im Bereich der Wirbelkörper oder Veränderungen innerhalb der Bandscheiben, deren Flüssigkeitsgehalt mit dem Älterwerden abnimmt.

WOCHENBLATT: Kann man eine Rücken-OP durch Änderungen im Lebensstil hinauszögern?
Dr. Raimund: Lebensstilmodifikationen können bei einigen Krankheitsbildern definitiv eine Operation verzögern oder sogar unnötig machen. Allerdings gilt dies nicht für alle Krankheitsbilder im Bereich der Wirbelsäule. Bei Verschleißerkrankungen oder Bandscheibenvorfällen spielt die genetische Veranlagung eine große Rolle. Auch jemand, der sich im Hinblick auf seine Rückengesundheit immer vorbildlich verhalten hat, kann eine solche Erkrankung bekommen.

WOCHENBLATT: Was kann man tun, damit es dem Rücken besser geht?
Dr. Raimund: Gewichtsmanagement spielt eine Rolle, ebenso wie ausreichend Bewegung. Dabei ist es fast gleichgültig, was man macht, Hauptsache, man wird aktiv. Und das regelmäßig, ein Leben lang. Mein Tipp: Am besten gelingt das, wenn man etwas tut, an dem man wirklich Spaß hat.

WOCHENBLATT: Was können Manualtherapeuten für Rückenschmerzpatienten tun, was bringen Faszienrollen und kann auch eine Psychotherapie helfen?
Dr. Raimund: Rückenschmerzen sind häufig durch viele Einflüsse bedingt. Daher ist es immer wichtig, das Patientenumfeld zu betrachten, insbesondere dann, wenn keine strukturellen Veränderungen des Rückens erkennbar sind. Daher kann in manchen Konstellationen auch ein Psychotherapeut Rückenschmerzen erfolgreich behandeln. Zu Faszienrollen ist keine eindeutige Studienlage bekannt. Grundsätzlich gilt: Wer heilt, hat recht. Mein Rat: ausprobieren, wenn es damit besser wird, ist das eine gute Sache.

WOCHENBLATT: Vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Frank Raimund, Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie im Krankenhaus Winsen, untersucht eine Rückenschmerzpatientin | Foto:  Krankenhaus Winsen
Dr. Frank Raimund, Chefarzt für Wirbelsäulenchirurgie im Krankenhaus Winsen | Foto:  Krankenhaus Winsen
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Tamara Westphal aus Buchholz

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