Die letzte Diktatur Europas
Belarussische Journalistin berichtet an der IGS Buchholz von ihren Erfahrungen
lm. Buchholz. Der 10. Dezember ist seit 1948 der Tag der Menschenrechte. Die IGS Buchholz begrüßte aus diesem Anlass eine besondere Besucherin: Ljubov Kaspjarowitsch, eine belarussische Journalistin, stellte sich den Fragen des achten und zwölften Jahrgangs zur politischen Situation in ihrem Land.
Während der Proteste gegen den Ausgang der Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr berichtete sie für das größte unabhängige Online-Medienportal in Belarus. Machthaber Alexander Lukaschenko ließ die Proteste niederknüppeln und zwang Oppositionspolitiker und Journalisten zur Flucht. Auch Kaspjarowitsch verließ ihr Heimatland und hält sich seit mehreren Monaten in Deutschland auf. Sie berichtet unter anderem für die Wochenzeitung "Die Zeit" über die Geschehnisse aus Belarus.
Kaspjarowitsch erfuhr im vergangenen Jahr am eigenen Leib die Willkür und Härte des Regimes, als sie im Mai auf dem Weg von einem Gerichtsprozess zurück in ihre Redaktion festgenommen und für fünfzehn Tage inhaftiert wurde. Den Schülern berichtete Kaspjarowitsch eindrucksvoll von ihren Erlebnissen im berüchtigten Gefängnis Okrestina. Mit 16 anderen Gefangenen teilte sie sich eine etwa zwölf Quadratmeter große Zelle, ausgestattet mit zwei Hochbetten.
Die Erzählungen über die Verhaftung und die Zeit im Gefängnis sorgten bei den Schülern für Entsetzen - und für viele Fragen. Wie genau die Verhaftung ablief und was dabei in ihr vorging, fragte eine Schülerin. Kaspjarowitsch antwortete auf belarussisch, die Studentin und Aktivistin Katja Rumiantseva aus Berlin übersetzte für die Schüler. Angst hätte sie vor ihrer Verhaftung nicht gehabt, erklärte die Journalistin. Ganz im Gegenteil: Plötzlich das zu erleben, worüber sie in der Vergangenheit oft geschrieben hatte, sei für sie unheimlich spannend gewesen.
Wie sie die Zeit während ihrer 15-tägigen Inhaftierung erlebte, wollten die Schüler wissen. Kaspjarowitsch berichtete von den menschenunwürdigen Bedingungen in der Haftanstalt und davon, wie sie und die anderen Mitgefangenen sich immer gegenseitig Kraft gaben. Sie hätten sich z.B. Bücher und Filme nacherzählt. Zu den Frauen, mit den sie die Zeit in der Zelle verbracht hat, hält die Journalistin bis heute den Kontakt.
Wie es ihr nach der Entlassung aus der Haft und aktuell geht, wollten die Schüler abschließend wissen.
Besonders geärgert habe sie sich darüber, was in der kurzen Zeit ihrer Inhaftierung in ihrem Land alles passiert sei. Ihr Arbeitgeber, das Medienportal "tut.by", sei von der Regierung geschlossen worden, eine berufliche Perspektive hat sie in Belarus nicht mehr.
Redakteur:Lennart Möller aus Rosengarten |
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