EU-Pläne zum Verbot von Gummigranulat auf Kunstrasenplätzen gefährden vor allem kleinere Klubs
"Für Sportvereine wäre das eine Katastrophe!"
(os). Diese Nachricht aus Brüssel hat die Verantwortlichen vieler Sportvereine aufgeschreckt: Weil die Europäische Union ab dem Jahr 2022 Mikroplastik verbieten will, könnte das Konsequenzen für den Betrieb von Kunstrasenplätzen haben. Denn das Gummigranulat, das auf vielen der bundesweit rund 5.000 Kunstrasenplätzen ausgebracht wurde, soll dann ebenfalls nicht mehr verwendet werden dürfen. Vereinsvertreter befürchten bei einer eventuellen Umrüstung Kosten im niedrigen sechsstelligen Bereich pro Platz - Geld, das gerade kleinere Vereine nicht haben.
Ganz neu ist das Thema nicht, denn bereits im Jahr 2016 hatten niederländische Wissenschaftler auf mögliche Krebsgefahren durch das Granulat hingewiesen, das oft aus geschredderten Autoreifen hergestellt wird. Wie sehen Vereinsvertreter aus der Region die aktuelle Entwicklung? Das WOCHENBLATT hat nachgefragt:
• "Für Sportvereine wäre es eine große Katastrophe, in ein Projekt investiert zu haben, das so hohe Folgekosten verursacht", erklärt Wolfgang Watzulik, Vorsitzender des Buxtehuder SV (BSV). Vor rund sechs Jahren beteiligten sich der BSV, der TSV Buxtehude-Altkloster und der Post SV Buxtehude mit jeweils ca. 50.000 Euro an dem Bau eines Kunstrasenplatzes am Jahnstadion. Das Investment habe sich gelohnt: Der Kunstrasenplatz sei im Unterschied zu reinen Rasenplätzen ganzjährig bespielbar.
Er unterstütze voll den Umweltgedanken, der hinter den Überlegungen der EU steckt. "Ich hielte es aber für besser, wenn die Politik erst das Gespräch mit den Betroffenen sucht und dieses Thema nicht per Gesetz entscheidet", betont Watzulik. "So belastet und zerstört man das Ehrenamt."
• "Wir sehen das Thema entspannt", sagt Klaas Jensen, Vorsitzender des Buchholzer Fußballclubs (BFC). Dieser hat im vergangenen Juni den gemeinsam mit dem TSV Buchholz 08 gebauten Kunstrasenplatz am Holzweg eingeweiht. Seitdem wird der rund 830.000 Euro teure Neubau - die Stadt Buchholz steuerte 450.000 Euro bei, der Kreissportbund 80.000 Euro - intensiv genutzt. "Der Platz hat sich bewährt", sagt Jensen. Eine Umrüstung auf andere Füllstoffe jenseits des Gummigranulats sei nicht von heute auf morgen umzusetzen, betont Jensen. "Ich gehe davon aus, dass es Übergangsfristen für bestehende Plätze geben wird, wenn die Pläne tatsächlich umgesetzt werden." Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der auch für den Bereich Sport zuständig ist, hatte angekündigt, sich für eine Übergangsfrist von sechs Jahren einzusetzen.
• "Es ist schade, dass diese Regelung die modernsten Plätze betrifft", erklärt Stephan Griebel, Vorsitzender des SV Ottensen. Seit vielen Jahren bemüht sich der Verein um den Bau eines Kunstrasenplatzes, bislang vergeblich. In Ottensen würden rund 20 Mannschaften eines Rasenplatz für die Spiele nutzen, zudem rund ein Viertel der Trainingseinheiten dort absolvieren. Wenn man die EU-Pläne scharf lese, "ist das eine Rückbauverfügung für die Kunst-rasenplätze in der jetzigen Form bis Ende 2021". Das sei für kleine Vereine kaum zu stemmen. Griebel sieht auch die Politik jetzt in der Pflicht: Der deutsche Staat als Besitzer vieler Kunstrasenplätze müsse ein Interesse daran haben, dass der Sportbetrieb dort weitergeht.
Auch in der Landespolitik ist das Gummigranulat bereits Diskussionsthema. Der Eintrag von Plastik in die Umwelt durch Kunstrasenplätze sei nicht tolerabel und Mikroplastik eines der größten Umweltprobleme weltweit, erklärte Martin Bäumer, stv. CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag in Hannover. Man könne nicht auf der einen Seite Plastikstrohhalme verbieten und sich bei dem Gummigranulat wegducken. Es gebe mittlerweile andere Möglichkeiten, Kunstrasenplätze zu befüllen. Bäumer forderte ebenfalls eine Übergangsfrist zur Umrüstung: "Ebenso sollten Bund und Land die Vereine finanziell bei der Umrüstung ihrer Kunstrasenplätze unterstützen."
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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