Müssen Menschen so wohnen?
Schlimme Zustände in Asper Unterkunft: Geflüchtete fühlen sich im Stich gelassen
+++ Update vom 29.1.: Der Artikel wurde um fünf weitere Fotos ergänzt +++
jd. Aspe. Der Vorfall in einer Flüchtlingsunterkunft in Kutenholz-Aspe - ein Asylbewerber aus dem Sudan hatte seine Mitbewohner bedroht und versucht, einen Brand zu legen -, zeigt Probleme auf, die immer mehr aus dem öffentlichen Fokus verdrängt werden, je länger die große "Flüchtlingswelle" zurückliegt. Viele Geflüchtete gelten inzwischen als gut integriert, haben Job und Wohnung. Doch ein nicht unbeträchtlicher Teil von ihnen lebt noch immer - im wahrsten Sinne des Wortes - am Rande der Gesellschaft. Diese Flüchtlinge fühlen sich im Stich gelassen, von den Behörden mit ihren Belangen nicht wahrgenommen. Das wurde auch nach dem Zwischenfall in Aspe wieder mal deutlich.
Zunächst aber zur weiteren Entwicklung des Falles: Der mutmaßliche Täter H. ist von der Samtgemeinde Fredenbeck inzwischen in einer anderen Unterkunft untergebracht worden. Psychische Auffälligkeiten seien bei H. nicht bekannt gewesen, so Rathauschef Matthias Hartlef. Die Samtgemeinde habe aber nach den nächtlichen Ereignissen den sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises informiert. Bereits in dieser Woche soll H. nach WOCHENBLATT-Informationen von Mitarbeitern des Dienstes kontaktiert worden sein.
Anders als im tragischen Fall des Sudanesen Kamal I., der in Harsefeld von der Polizei erschossen wurde, kümmern sich die Behörden jetzt offenbar zeitnah. Hartlef bekräftigt noch einmal: "H. hat sich bis Ende Dezember 2021 bei den Besuchen unseres Ordnungsamtes sehr ruhig verhalten, es waren keine Auffälligkeiten festzustellen."
Die übrigen Bewohner der Asper Unterkunft - es handelt sich um sieben Ivorer (Bürger der Elfenbeinküste) - sind zwar froh, mit H. nicht mehr unter einem Dach zu leben. Denn er sorgte vor allem nachts für massive Ruhestörungen. Doch damit sind die anderen Probleme nicht gelöst. Sie beklagen sich vor allem über ihre miserable Wohnsituation. Dass ihr Ärger nicht unberechtigt ist, zeigt ein Blick in das alte Haus: Stehendes Wasser im Bad, Schimmel neben dem Bett, kaputte Lampen, bröckelndes Mauerwerk und eine marode Küche. Die meisten Bewohner sind zu zweit in den Zimmern untergebracht. Neben den Betten sind noch zwei Tische und zwei Stühle reingequetscht. Eine bedrückende Enge. In einer Gefängniszelle dürfte mehr Platz sein.
Dass solche Lebensbedingungen manchem auf die Psyche schlagen, dürfte nicht verwunderlich sein. Die Ivorer zeigen sich beim Ortstermin mit dem Redakteur aufgebracht. "Warum lässt man uns hier in Deutschland so erbärmlich wohnen?", fragt einer der jungen Männer. Nur selten schaue ein Mitarbeiter der Samtgemeinde vorbei. "Der bleibt aber immer nur vor der Tür stehen und will sich gar nicht ansehen, was alles kaputt ist." Der Wunsch der Ivorer: Möglichst schnell raus aus diesem Haus.
Diesen Wunsch wird Hartlef ihnen wohl nicht erfüllen können: "Ich würde mir auch wünschen, die jungen Männer besser unterzubringen, doch wir haben anderswo keinen Platz. Die Samtgemeinde sucht geeignete Häuser, aber der Markt scheint leergefegt zu sein." Vorwürfe, dass die Kommune keinen Kontakt halte und die Unterkunft vernachlässige, weist der Rathauschef zurück: "Noch im Dezember wurden die Bewohner gefragt, ob alles in Ordnung sei. Das haben sie bejaht." Zudem gebe es einen regelmäßigen Austausch mit dem zuständigen Mitarbeiter per Whatsapp.
Hartlef verweist zudem auf verschiedene Instandsetzungsarbeiten, die im vergangen Jahr erfolgt seien. Auch die Küche soll eine neue Arbeitsplatte erhalten. Doch dafür müssten zuvor die Schädlingsbekämpfer anrücken. Damit spricht Hartlef ein heikles Thema an: Für viele Schäden seien die Bewohner offenbar selbst verantwortlich. Er habe den Eindruck, dass nicht immer pfleglich mit dem Inventar umgegangen werde. Und auch putzen müssten die Ivorer schon selbst.
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