Eine Zapfstelle für Stromflitzer
(jd). Harsefeld will als erste Gemeinde im Landkreis eine Tankstelle für Elektroautos einrichten. Die einen belächeln sie als zu groß geratenes Spielzeug, die anderen finden sie ganz sinnvoll, schrecken aber vor den hohen Anschaffungskosten zurück: Elektroautos haben hierzulande einen schweren Stand. Nicht gerade förderlich für die Akzeptanz der spannungsgeladenen Flitzer ist ein weiterer wichtiger Aspekt: In Deutschland ist das Netz der Stromtankstellen löcheriger als ein Schweizer Käse. Auch der Landkreis Stade stellt sich in dieser Hinsicht weitgehend als großer weißer Fleck dar. Bis vor kurzem gab es außerhalb der Stadt Stade keine frei zugängliche Zapfanlage für die kreisweit 65 E-Autos. Nachdem Anfang des Monats zwei privat betriebene E-Tanksäulen in Horneburg installiert wurden, will nun der Flecken Harsefeld als erste Kommune im Kreis eine öffentliche Stromtankstelle einrichten.
"Dem Vorhaben steht nichts mehr im Wege", sagt Harsefelds Bauamtsleiter Peter Walthart. Die Vereinbarung mit dem regionalen Stromanbieter EWE, der in seinem Versorgungsgebiet bereits 37 Tankstellen für Elektrofahrzeuge eingerichtet hat, sei unterschriftsreif. Den vorgesehenen Standort bezeichnet Walthart als optimal: auf dem großen Parkplatz in der Ortsmitte. Dort können die Besitzer eines E-Autos ihren Wagen per Schnellladung "auftanken", während sie die Einkäufe erledigen. Bei einer Leistung von 22 Kilowatt dauert es etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde, bis der Akku aufgeladen ist. Zum Einsatz kommen sogenannte Typ 2 - Stecker. Diese gelten seit dem vergangenen Jahr als EU-Norm.
In Harsefeld sollen die gleichen Stromzapfsäulen errichtet werden, die bereits seit Anfang des Monats beim Rewe-Markt in Horneburg stehen. Dort hatte Marktbetreiber Hartmut Huber die Initiative ergriffen und war an die EWE herangetreten: "Umweltschutz ist für mich ein ganz wichtiger Aspekt - so wie Nachhaltigkeit und Regionalität bei den Produkten, die ich anbiete", erklärt der Händler. Seine Kunden können den Strom kostenlos bei ihm tanken: Sie bekommen an der Infotheke im Markt eine Karte ausgehändigt, die in die Zapfsäule gesteckt wird. Wer aus dem Raum Horneburg kommt, kann mit seinem E-Auto so zum Nulltarif unterwegs sein.
Ohnehin punktet der Elektro-Pkw im Vergleich zum benzinbetriebenen Auto bei den Verbrauchskosten: Eine Akku-Ladung, die etwa für 100 Kilometer reicht, kostet rund drei bis vier Euro. Wer mit herkömmlichen Super fährt, zahlt etwa das Dreifache. Doch die geringen Betriebskosten sind nur eine Seite der Medaille: Die meisten E-Autos sind noch immer horrend teuer. Selbst für Kleinwagen werden von manchen Herstellern mehr als 30.000 Euro verlangt.
Da bewegt sich der Renault Kangoo, der seit rund einem Jahr im Dienste des Landkreises unterwegs ist, noch in unterem Preissegment: Das kleine Lieferwagen, der zu den ganz wenigen Nutzfahrzeugen mit einem Elektroantrieb zählt, kostet rund 26.000 Euro. Eingesetzt wird der Kangoo in der Poststelle. Mitarbeiter Sven Martens legt mit dem Wagen pro Woche rund 150 Kilometer zurück, um die Briefe an die Außenstellen der Kreisbehörden zu verteilen. "Ich war am Anfang skeptisch, ob das Auto überhaupt vom Fleck wegkommt", berichtet Martens. Doch der E-Motor sei ganz und gar nicht träge. Wenn er wolle, könne er an der Ampel einen Kavaliersstart hinlegen.
Selbst auf der Autobahn muss sich der Elektroflitzer nicht verstecken: "Der E-Wagen schafft immerhin eine Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h", berichtet der Landkreis-Bedienstete. Allerdings könne man an der Akkuanzeige mitverfolgen, wie die Kapazität rapide absinke. Kurz vor Feierabend parkt er den Wagen in einer Garage in der Nähe des Kreishauses. Dort kommt der Kangoo über Nacht an die Steckdose. Frisch aufgetankt geht es am nächsten Morgen wieder auf Tour.
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