Todesschüsse von Harsefeld: Polizei trägt nicht allein die Verantwortung
KOMMENTAR: Behörden haben im Fall des getöteten Flüchtlings versagt

Zwei Jahre nach den tödlichen Schüssen in Stade-Bützfleth steht die Polizei im Landkreis Stade wieder im Fokus der Öffentlichkeit, weil ein Flüchtling durch Polizeikugeln starb. Während das juristische Nachspiel beim ersten Fall noch immer nicht abgeschlossen ist, muss nun wieder gegen Beamte ermittelt werden. Erneut müssen Polizisten befürchten, öffentlich als Täter angeprangert zu werden, während monatelang Ermittlungen gegen sie laufen.

Schaut man sich die Vorgeschichte des jetzigen Falls genauer an, so wird deutlich: Wer jetzt versucht, der Polizei die alleinige Verantwortung am Tod von Kamal I. zuzuschieben, hat das Grundproblem nicht verstanden. Der getötete Sudanese lebte hier seit rund vier Jahren. Während seine Mitbewohner Deutsch lernten, Arbeit fanden und sich weitgehend integriert haben, blieb Kamal I. auf der Strecke.

Was ihn dazu bewogen hat, andere mit einem Messer zu bedrohen - war es Neid, Verzweiflung oder Ausdruck eines Flucht-Traumas -, kann jetzt nicht mehr geklärt werden. Klar ist aber: Die Behörden haben hier wieder einmal versagt. Kamal I.s Mitbewohner haben wiederholt auf dessen psychische Auffälligkeiten hingewiesen. Die Gemeinde redet sich jetzt damit heraus, man habe ja den Sozialpsychiatrischen Dienst benachrichtigt. Ob dieser jemals tätig wurde, lässt sich nicht klären. Der Landkreis schweigt dazu. Nach der Aussage von I.s Mitbewohnern jedenfalls hat sich nie ein Mitarbeiter des Landkreises in der Unterkunft blicken lassen.

Wann reift endlich bei den Verantwortlichen beim Landkreis, aber auch in den Kommunen die Erkenntnis heran, dass es nicht ausreicht, offenbar psychisch kranke Flüchtlinge mit einem Dach über dem Kopf und etwas Geld für das Essen zu versorgen?

Unabhängig von der juristischen Schuldfrage steht für mich fest: Mit verantwortlich für den Tod von Kamal I. sind auch die zuständigen Behörden. Deren Nichthandeln hat dazu geführt, dass es außer dem Getöteten in diesem Fall weitere Opfer gibt. Dazu zählen für mich die Mitbewohner, die noch lange damit zu tun haben werden, diese Schreckensnacht zu verarbeiten, aber auch die Polizisten, die unvermittelt in die Situation gerieten, die Waffe ziehen zu müssen.

Jörg Dammann

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Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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