Polizei nimmt Mann in Gewahrsam
Ein Fall von Selbstjustiz in Jesteburg?
Vasileios Drosos sollte nach eigenen Angaben von Rumänen aus seinem Imbiss geworfen werden.
mum. Jesteburg. Das Telefon stand am Montag nicht still. Viele WOCHENBLATT-Leser schilderten ihre Erlebnisse vom frühen Morgen. Zwei Busse hätten vor dem griechischen Imbiss an der Hauptstraße in Jesteburg angehalten. Bis zu 60 Personen seien ausgestiegen und hätten damit begonnen, das Gebäude für den Abriss vorzubereiten. Tatsächlich wurden die Fenster und Türen mit Holzplatten verrammelt - dabei ging unter anderem die Leuchtreklame zu Bruch. Auch ein kleinen Holzzaun, der die kleine Terrasse begrenzte, wurde gewaltsam entfernt.
Aus nächster Nähe erlebte Vasileios Drosos das Geschehen mit. Drosos führt seit gut einem Jahr den Imbiss als Geschäftsführer. Zuvor stand sein Bruder Evangelos hinter dem Tresen. Auf seinen Namen läuft auch der Pachtvertrag.
"Ich hatte Angst", so Drosos. Die Männer seien nicht zimperlich gewesen und hätte ihn aufgefordert, zu verschwinden. Der Gastronom bewohnt eine kleine Wohnung direkt über dem Imbiss. "Sogar meine Haustür wurde vernagelt. Zum Glück konnte ich über den Hinterausgang ins Freie gelangen."
Von dort rief Vasileios Drosos die Polizei und seinen Anwalt an. Wenig später trafen die Beamten ein. Fast zeitgleich hätte das Abbruch-Team das Grundstück fluchtartig verlassen. "Das waren alles Rumänen", so Drosos Anwalt Thomas Zeißing. Er vermutet, dass die Männer ohne Arbeitsgenehmigung tätig sind. Immerhin: "Die Polizei hat dort zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche den Zugang zu dem Objekt wieder hergestellt", so Polizeisprecher Jan Krüger.
Am späten Vormittag konnte Drosos seinen Imbiss wieder öffnen. Anwalt Zeißing hatte zuvor bei Gericht Strafanzeige wegen Nötigung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung gestellt. Zudem ließ er den Bauzaun und die Holzplatten von den Fenstern entfernen. "Die Rechnung bekommt der Eigentümer", so der Anwalt. Der soll nämlich hinter diesem Überfall stecken.
Hinter den Kulissen tobt bereits seit Monaten ein Streit zwischen Eigentümer und Pächter. Eigentümerin Mira Kühn hat die Immobilie vom im vorigen Jahr verstorbenen Vorbesitzer Dr. Jürgen Köppen geerbt. Beim Landkreis hat sie für das Objekt eine Nutzungsänderung beantragt. "Die Genehmigung liegt vor", das bestätigt Landkreis-Sprecherin Katja Bendig. Dort sollen sechs Ferienwohnungen entstehen. Gerüchteweise könnte es sich allerdings auch um Unterkünfte für Monteure handeln.
Laut Bauschild ist "André Bau" aus Toppenstedt für die Arbeiten verantwortlich.
Aus dem Umfeld der Eigentümerin heißt es, der Mieter habe seit geraumer Zeit seine Pacht nicht bezahlt. Es soll sich um 20.000 Euro handeln. Aus diesem Grund sei im Mai 2018 eine fristlose Kündigung ausgesprochen worden. Allerdings liegt der Fall immer noch vor Gericht. "Das mit den 20.000 Euro bestreitet unsere Seite nicht", sagt Anwalt Zeißing. "Aufgrund gravierender Mängel haben wir die Miete auf null gesetzt." Unter anderem seien die Wände feucht, Schimmel breite sich aus. "Doch mein Mandant hat einen Vertrag bis Ende des Jahres, den er einseitig um fünf Jahre verlängern kann", so der Anwalt. "Davon wird er Gebrauch machen." Zeißing weiter: "Wir haben der Gegenseite einen Vergleich vorgeschlagen. Doch darauf hat man nicht geantwortet. Stattdessen setzt mal wohl lieber auf Selbstjustiz." Sein Mandat habe jetzt zwar Angst um sein Leben. "Aber wo soll er denn auch hin. Jesteburg ist sein Zuhause."
• Am Nachmittag spitzte sich die Lage in Jesteburg erneut zu. Laut des Anwalts soll ein Mann in den Imbiss gekommen sein und den Pächter bedroht haben. "Er hat gesagt, mein Mandant soll die 20.000 Euro zahlen oder er ist in drei Tagen tot." Zeißing rief die Polizei. Auch von den eintreffenden Beamten ließ sich der Mann nicht beruhigen und wurde schließlich in Gewahrsam genommen. Laut Polizei war der Osteuropäer stark alkoholisiert - 2,3 Promille. Bereits am späten Abend war er wieder auf freiem Fuß.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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