Plötzlich vorbestraft?
Mehtab Bathel glaubte, nach einem Unfall alles richtig gemacht zu haben. Doch als sie zu Hause ankam, warte bereits die Polizei. Jetzt droht der Schuhmacherin aus Jesteburg ein Bußgeld in Höhe von 1.000 Euro wegen Fahrerflucht. "Das ist kein Einzelfall", weiß Polizeisprecher Jan Krüger. Viele Menschen wissen nach einem Unfall nicht, wie sie sich richtig verhalten
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mum. Buchholz/Jesteburg. "Ich bin fassungslos", sagt Mehtap Bathel. Seit zwölf Jahren betreibt die gebürtige Türkin in Jesteburg einen Handwerksbetrieb. Mit dem Gesetz ist sie noch nie in Konflikt geraten. Bis jetzt. Seit ein paar Tagen liegt ein Strafbefehl des Amtsgerichts Tostedt in Höhe von 1.050 Euro gegen die Frau vor - wegen Fahrerflucht für einen Unfall, den sie aus ihrer Sicht nicht verschuldet hat. Nun sucht Bathel nach Zeugen, die den Vorfall beobachtet haben.
Das ist geschehen: Bathel parkte ihr Auto - einen Citroen - am Montag, 19. Februar, in einer Parkbucht an der Hamburger Straße in Buchholz (gegenüber des Bio-Marktes). "Ich stieg aus und hörte neben mir ein Hupen", erinnert sich Bathel. Schnell habe sie sich an ihr Auto gedrückt. Ein Bus der Kreisverkehrsgesellschaft (KVG) sei mit hohem Tempo ganz nah an ihr vorbei gefahren. Durch den Sog habe sich ihre Fahrertür wieder geöffnet und sei gegen das Heck des Busses gestoßen. "Ich war total erschrocken". Eine ältere Frau, die den Vorfall gesehen hat, habe sich erkündigt, ob es ihr gut gehen würde. Einige Minuten hätten sie an der Unfallstelle miteinander gesprochen. Danach sei sie in ein Geschäft gegangen und schließlich nach Hause gefahren. "Da an meinem Auto nur eine kleine Delle zu sehen war und der Busfahrer nicht angehalten hat, habe ich mir nichts weiter gedacht. Warum hätte ich die Polizei rufen sollen? Aus meiner Sicht habe ich nichts falsch gemacht", so Bathel.
Doch zu Hause wartete schon die Polizei auf die junge Frau. Heute weiß sie, dass der Busfahrer, der zunächst weitergefahren war, nach einigen hundert Metern angehalten hat, um den Schaden zu begutachten. So hat es der Fahrer zumindest zu Protokoll gegeben. Daraufhin habe er die Polizei gerufen. Die Beamten hätten später an der Unfallstelle Bathel nicht angetroffen und seien zur ihr nach Hause gefahren.
Der Strafbefehl fällt nun happig aus. Mehtap Bathel drohen 30 Tagessätze zu je 35 Euro - also 1.050 Euro. Zusätzlich ist am Bus ein Schaden von fast 1.000 Euro entstanden. "Ich weiß jetzt natürlich, dass ich die Unfallstelle nicht hätte verlassen dürfen", sagt sie. "Doch ich war mir so sicher, dass ich an dem Unfall keine Schuld trage." Dass sie jetzt aufgrund des Vorfalls als vorbestraft gilt - vorausgesetzt der Strafbefehl wird rechtskräftig - sei für sie nur schwer zu ertragen.
Zu dem konkreten Fall sagt Dr. Astrid Hillebrenner, Direktorin des Amtsgerichts Tostedt: "Gegen den Strafbefehl kann Frau Bathel Einspruch einlegen. Wenn dieser rechtzeitig ist, dann würde es zu einer Hauptverhandlung kommen." Am Ende des Verfahrens könne sowohl eine Verurteilung, ein Freispruch oder eine Einstellung stehen. "Es kommt sehr häufig vor, dass Menschen nicht wissen, wie sie sich nach einem Unfall verhalten sollten", so Hillebrenner. Manche Leute würden immer noch glauben, dass es reicht, einen Zettel am Unfallfahrzeug zu hinterlassen.
Auch Polizeihauptkommissar Jan Krüger, Sprecher der Polizeiinspektion Harburg, weiß, dass es immer wieder zu Missverständnissen kommt. Laut Gesetz sei eine angemessene Wartezeit vorgeschrieben, bevor man sich vom Unfallort entfernen darf. Aber was bedeutet das konkret? "Wenn jemand auf einem Supermarkt-Parkplatz einen Unfall verursacht, dann ist es angemessen, den Halter ausrufen zu lassen", so Krüger. "Auf einem Parkplatz mitten in der Heide, wo bis zum Horizont niemand zu sehen ist, kann man nicht erwarten, dass der Unfallverursacher mehrere Stunden wartet." Die beiden Beispiele machen deutlich, dass die Rechtslage schwierig ist. Laut Krüger würde es zu diesem Thema auch ganz unterschiedliche Urteile geben. Seine Empfehlung lautet daher: "Wenn man nach einer gewissen Zeit den Unfallbeteiligten nicht erreicht hat, sollte man im Zweifel lieber die Polizei rufen, statt unverrichteter Dinge davon zu fahren. Dabei spielt es keine Rolle, ob man der Verursacher ist oder der Geschädigte."
Mehtap Bathel sucht Zeugen
Mehtap Bathel sucht Zeugen, die den Unfall beobachtet haben. Ihr geht es vor allem darum, ob jemand gesehen hat, dass sie das Fahrzeug bereits verlassen hatte, als der Bus an ihr vorbei fuhr. Konkret sucht sie nach der Frau, mit der sie sich unmittelbar nach dem Unfall unterhalten hat. Dabei handelt es sich um eine Seniorin, etwa 60 Jahre alt, mit kurzen rot-blonden Haaren. Mehtap Bathel ist unter der Nummer 04183-7780881 zu erreichen.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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