Jesteburg: Minister besuchte Bossard-Kunststätte
"Warum ist das erhalten geblieben?"
Er war auf der Durchreise vom Freilichtmuseum Grafhorn in Lehrte nach Walsrode, und trotzdem sehr bei der Sache: Auf seiner Sommertour durch Niedersachsen stoppte Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, für eine Stunde bei der Kunststätte Bossard in Jesteburg. Im Gepäck hatte der Minister einen - symbolischen - Scheck über 100.000 Euro "für die Vermittlung eines schwierigen Erbes in Niedersachsen". Das Geld ist für ein neues Forschungsprojet gedacht, das die Kunststätte zusammen mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege umsetzen will.
Besonders interessiert war der Minister erwartungsgemäß an dem umgestalteten Hakenkreuz, das vor einigen Jahren für viel öffentliche Aufregung gesorgt hatte. "Erhalten, abdecken oder entfernen?", war damals die zentrale Frage gewesen. Johann Bossard, expressionistischer Künstler, aber auch Antisemit, hatte das Symbol als Mosaik auf dem Boden des Edda-Saals verewigt. "Warum wurde es nicht entfernt?", wollte Falko Mohrs wissen, "Es ist nicht nur ein Symbol, es ist verfassungsfeindlich und verboten." "Wir haben lange darüber diskutiert, auch mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde und dem Holocaust-Überlebenden Ivar Buterfas", erklärte Museumsleiterin Heike Duisberg-Schleier. "Wir haben es dann verfremdet. Denn das ist auch eine Chance, Zeitgeschichte an einem authentischen Ort zu vermitteln."
Ohne fachkundige Erklärungen geht das nicht, befand auch der Minister. Für diese Vermittlung ist der Zuschuss aus Hannover vorgesehen. Mit dem Geld soll erforscht werden, "was notwendig ist, damit sich die Kunststätte in ihrer außergewöhnlichen Kombination aus Denkmal, Kunst und Kontroverse" den Besuchern leichter erschließt.
"Und was tun Sie, wenn Gruppen nur wegen der besonderen Bossard-Ideologie hierher kommen?", fragte der Minister auch. Was er meinte: Wie geht man mit Besuchern mit rechter Gesinnung in der Kunststätte um? "In meiner dreijährigen Tätigkeit habe ich das noch nicht erlebt", antwortete Duisberg-Schleier, aber falls es dazu komme, seien die Kunstführer geschult, damit richtig umzugehen. So ein Kunstensemble sei wirklich einzigartig in Niedersachsen, bestätigte Falko Mohrs dann auch. Der Ort gebe auch Gelegenheit, mit dem - von Bossard hochgehaltenen - Begriff der Heimat umzugehen, "denn für mich ist Heimat immer noch etwas Positives, ein sicherer Ort, der andere einlädt."
Nach einer Stunde ernster Gespräche über die Vermittlung der umstrittenen Bossard-Kunst brach der Minister wieder auf, nicht ohne von Duisberg-Schleier mit einem Exemplar des 2022 erschienenen "Vorgutachten zur Frage des Verhältnisses von Johann Michael Bossard und Jutta Bossard zum Nationalsozialismus" ausgestattet worden zu sein. Richtung Walsrode, wo er den Kulturverein Forum Bomlitz besucht ...
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