"Wir haben einen Fehler gemacht!"
Nach massiver Kritik: ADFC-Vorstand will Fußweg-Verbot für Radfahrer in Hanstedt entschärfen.
mum. Hanstedt. „Wir haben einen großen Fehler gemacht und bitten diesen zu verzeihen!“ Dieter Bisping, der Vorsitzende der Hanstedter Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), wirkte sichtlich betroffen, als er am Mittwochabend vor mehr als 100 Gäste im „Alten Geidenhof“ trat. Der ADFC hatte zu einer Info-Veranstaltung eingeladen, um das neue Fußweg-Verbot für Radfahrer zu erklären. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass jeder selbst entscheiden kann, wo er mit dem Rad fahren möchte.“ Einen entsprechenden Antrag habe man auf den Weg gebracht.
Nachdem das WOCHENBLATT erstmals über die neue Verkehrsregelung berichtet hatte (Radler ab zehn Jahren werden gezwungen, auf der Straße zu fahren), hagelte es massive Kritik am Verein und seiner stellvertretenden Kreis-Vorsitzenden Karin Sager. Weil sie nicht mehr auf dem Radweg fahren wollte, stellte sie beim Landkreis Harburg einen entsprechenden Antrag. Daraufhin wurden die bisher vorhandenen Schilder, die anzeigen, dass Radfahrer und Fußgänger den Bürgersteig gemeinsam nutzen müssen, abgenommen und durch Fußwegschilder ersetzt.
Um den Radfahrern ihren Wunsch nach „Selbstbestimmung“ zu erfüllen, müsste das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ angebracht werden. Das aber wird nicht einfach. „Die Entscheidungshoheit liegt beim Landkreis, beziehungsweise bei der Straßenverkehrsbehörde in Lüneburg“, sagt Gemeindedirektor Olaf Muus. Beispielsweise müssten die Gehwege eine Mindestbreite aufweisen, die in Hanstedt in der Regel nicht erreicht werde. Muus ist dennoch zuversichtlich, dass es für die stark befahrenen Verkehrswege (Harburger Straße, Soltauer Straße und Winsener Straße) zu dieser Regelung kommen könnte. „Ich halte aber nichts davon, dies auch in der Ollsener Straße zu versuchen“, so Muus. Dort seien die Bürgersteige einfach zu schmal.
Wie sehr die Hanstedter die neue Regelung ablehnen, zeigt die Unterschriften-Aktion von Heide Burmester: Am Mittwoch übergab sie eine Liste mit 859 Unterschriften an Dieter Bisping. Wie berichtet, fordert sie, dass das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“ angebracht wird.
Allerdings: Offensichtlich ist man trotz der deutlichen Kritik im Vorstand des ADFC-Kreisverbandes nicht bereit, von der ursprünglichen Linie abzuweichen. Immer wieder bemühte Kreis-Vorsitzender Volker Bandke Statistiken und strapazierte die Zuhörer mit mehr als 50 Folien. Sein Fazit: „Früher glaubte man auch, dass die Erde eine Scheibe ist und der Klapperstorch die Babys bringt. Da passt es, wenn man heute annimmt, Gehwege sind für Radfahrer sicher.“ Die Zuhörer reagierten mit verständnislosem Kopfschütteln auf so viel Ignoranz.
Kommentar
Das ist der richtige Weg
Hut ab vor Dieter Bisping. Der Vorsitzende der Hanstedter Ortsgruppe des ADFC räumte offen ein, einen Fehler gemacht zu haben. Und kündigt an, diesen zu korrigieren: Jeder soll selbst entscheiden, wo er mit seinem Drahtesel fahren möchte. Das ist der richtige Weg.
Schade nur, dass der ADFC nicht mit einer Stimme spricht. ADFC-Kreisvorsitzender Volker Bandke bleibt bei seiner Überzeugung, dass Radfahrer auf dem Fußweg nicht sicher sind. Statistiken mögen ihm Recht geben, doch das zählt an dieser Stelle nicht. Wer aufs Fahrrad steigt, möchte sich sicher fühlen. Und dieses Gefühl ist nicht mit einer Statistik zu erfassen. Er sollte aufpassen, dass seine guten Ideen nicht wie Ideologien wirken.
In der Pflicht sind auch die Gemeinden und der Landkreis: Manche Radwege verdienen diese Bezeichnung nicht einmal im Ansatz.
Sascha Mummenhoff
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Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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