Ist das schon Klüngel?

Auf der „Naturbühne“ fanden bereits viele große Veranstaltungen statt. Zuletzt trat dort Stefan Gwildis vor 1.000 Besuchern auf | Foto: ce
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Finanziell steht das Wasser Jesteburg bis zum Hals. Das machte unlängst Gemeindedirektor Hans-Heinrich Höper deutlich, der die Prüfung aller freiwilligen Leistungen den Politikern ans Herz legte. Doch Früchte hat sein Appell nicht getragen: SPD, CDU und Grüne haben jetzt beschlossen, das zinslose Darlehen des Vereins „Naturbühne“ in Höhe von 60.000 Euro in einen Zuschuss umzuwandeln. Das bedeutet nichts anderes, als dass der Verein das Geld geschenkt bekommt. Lediglich die UWG Jes! stimmte gegen den Antrag, der aus der Feder von Hans-Jürgen Börner (SPD) stammte. „Mit dem Beschluss setzt der Gemeinderat erneut das falsche Signal“, so Siede. „Bossard, Schützen oder Kunsthaus, allen hat die vermeintliche Großzügigkeit der Gemeinde in der öffentlichen Wahrnehmung nicht gutgetan. Immer begann eine Neiddebatte, weil der Nutzen für die Gemeinschaft nicht ausreichend verdeutlicht werden konnte“, so Siede. In der finanziell angespannten Haushaltssituation dem Verein jetzt 60.000 Euro zu schenken, werde zu recht auf wenig Verständnis
treffen.

SPD, CDU und Grüne spendieren trotz schwieriger Haushaltslage „Naturbühne“-Verein 60.000 Euro 

mum. Jesteburg. In Jesteburg rumort es mal wieder kräftig. Und wieder sind mit dem NDR-Veteranen Hans-Jürgen Börner (SPD) und Politik-Neuling Hansjörg Siede (UWG Jes!) die üblichen Verdächtigen beteiligt. Anlass des Streits ist ein Zuschuss in Höhe von 60.000 Euro für den Verein „Naturbühne“. Auf Antrag von Börner hat der Gemeinderat diese Summe jetzt gegen die Stimmen der UWG Jes! durchgewunken. Siede spricht offen von „Kultur-Klüngel“. Vor dem Hintergrund, dass gerade diskutiert wird, jeden Teilhaushalt aufgrund der angespannten Finanzsituation pauschal zu kürzen, wirft die Entscheidung zumindest einige Fragen auf.
Und darum geht es: 2011 hatte das vorgestellte Konzept „Naturbühne“ die Ratsmitglieder überzeugt. Die Gemeinde stellte dem Verein für den Bau einen zinslosen Kredit in Höhe von 60.000 Euro zur Verfügung. Über die Jahre folgten weitere Zuschüsse - unter anderem 7.700 Euro für das benachbarte Fachwerkhaus (es wird als Lager und Umkleide genutzt) und 4.200 Euro für Lichttechnik. Im Gegenzug hatte sich der Verein verpflichtet, das Darlehen zurückzuzahlen. Einen Rückzahlungsplan, beziehungsweise eine Frist, gibt es nicht.
Tatsächlich gelang es dem Verein nicht, nennenswerte Beträge zurückzuzahlen. Lediglich 500 Euro flossen zurück in die Gemeindekasse. „Unsere Veranstaltungen geben das einfach nicht her“, sagt Bernd Jost, Vorsitzender des Vereins „Naturbühne“. Obwohl zuletzt Stars wie „Truck Stop“ und Stefan Gwildis in Jesteburg auftraten, sorgte das nicht für volle Kassen. Die Kosten für die Musiker und die gesamte Infrastruktur (unter anderem Werbung, Sicherheitspersonal und GEMA-Gebühren) seien einfach zu hoch. „Mit einem Gewinn ist erst zu rechnen, wenn mehr als 2.000 Besucher kommen“, so Jost. Doch davon ist der Verein weit entfernt. Bei Gwildis waren es 1.000 Fans, Truck Stop wollten - auch aufgrund des Wetters - vor zwei Jahren gerade einmal 600 Zuschauer sehen. Erst seit 2017 ist die „Naturbühne“ ohnehin für Veranstaltungen für bis zu 1.500 Gäste zugelassen. „Dennoch haben wir uns ein kleines Polster von etwa 4.000 Euro angespart“, so Jost. Dieses möchte er zur Startfinanzierung künftiger Veranstaltungen nutzen.
Das nahmen Grünen-Politiker Karl-Heinz Glaeser gemeinsam mit Dietmar Schmidt („Naturbühne“) zum Anlass, den Kredit-Vertrag anzupassen. Demnach sollte der Verein Einnahmen aus dem Bereich Gastronomie für sich behalten dürfen, während Überschüsse aus dem Ticketverkauf zur Tilgung des Kredites genutzt werden sollten. Das ging Börner nicht weit genug. Er stellte den Antrag, dem Verein die gesamte Summe zu erlassen.
„Interessanterweise hatte der Verein selbst zu keiner Zeit einen derart weitgehenden Antrag gestellt“, sagt Siede. Sein Vorwurf: „Ratsmitglied Börner will seinen Ratskollegen Jost von allen finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde befreien.“ Er sieht in Börners Antrag einen geschickten Schachzug des „selbsternannten Kulturexperten“. Siede: „Wenn es ihm gelingt, der ‚Naturbühne‘ 60.000 Euro zu spendieren, fallen die Zuschüsse für Börners Lieblingsprojekte Bossard, Kunstpfad und Kunsthaus gleich viel weniger ins Gewicht“.Siede unterstellt: „Wäscht hier eine Hand die andere?“
Tatsächlich erinnert die Situation an einen Vorfall aus dem Jahr 2013: Jost hatte sich damals bereit erklärt, die Kunst- und Kulturwoche für die Gemeinde zu organisieren - ehrenamtlich und neben seiner Tätigkeit als Ratsherr. Ein Honorar in Höhe von 1.000 Euro lehnte er im Vorfeld ab. „Das kommt für mich nicht in Frage“, so Jost damals. „Ich bin Ratsmitglied, da gehört sich so etwas nicht.“
Nach der erfolgreichen Veranstaltung stellte Börner plötzlich den Antrag, dass Jost mit 4.000 Euro entlohnt werden sollte. Als das WOCHENBLATT die nachträgliche Zahlung kritisch hinterfragte, schlug Jost die Zahlung aus. Zwei Jahre später bekam Jost dann eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 5.000 Euro für die Organisation der zweiten Kunst- und Kulturwoche. Diese war allerdings vor dem Event besprochen und abgestimmt worden. 
„Mit dem nun erfolgten Schuldenerlass setzt der Gemeinderat ein fatales Signal. Vereine, die sich bemühen, ohne Fördergelder auszukommen oder Zuschüsse vereinbarungsgemäß zurückzahlen, müssen jetzt erkennen, dass es anscheinend einen erheblichen Unterschied macht, wer Gelder bei der Gemeinde beantragt“, kommentiert Siede den Ratsbeschluss.

Auf ein Wort

Dieses Geschenk ist überflüssig

Die „Naturbühne“ ist für Jesteburg - vielleicht sogar für den ganzen Landkreis - ein Gewinn. Viele Vereine, die Kirche und die Oberschule nutzen sie für Veranstaltungen - kostenlos. Und auch die Konzerte des „Naturbühne“-Vereins selbst sind eine Bereicherung für das Dorf. Warum nun aber aus einem zinslosen Kredit ein Geschenk wird, erschließt sich mir nicht. Vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass Jesteburg den Gürtel enger schnallen muss. Gemeindedirektor Höper hatte erst vor wenigen Wochen darauf hingewiesen, dass alle freiwilligen Leistungen auf den Prüfstand müssen. Doch ohne Not spendieren SPD, CDU und Grüne hier einem Verein 60.000 Euro.
Ein Geschmäckle hat das Ganze, weil „Naturbühne“-Chef Jost für die CDU im Gemeinderat sitzt. Zudem ist er Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft, Tourismus und Kultur, dessen Vorsitzender Antragsteller Börner ist.
Übrigens: Der Verein hat längst gezeigt, dass er in der Lage ist, die Schulden zu begleichen. Dank Spenden - unter anderem 15.000 Euro von der Sparkasse - hat die Bühne nebst Nebengebäude inzwischen einen Wert von mehr als 100.000 Euro. Die letzten Veranstaltungen deuten an, dass mit kleinen Rückzahlungen zu rechnen ist. Ich bin der Meinung, dass Jesteburg nicht auf diese „Peanuts“ verzichten kann. Nun liegt es an den Mitgliedern des Vereins. Während der Jahreshauptversammlung am 7. Februar können sie Börners „Geschenk“ ablehnen. Ob sie dazu die Größe besitzen?
Sascha Mummenhoff

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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