„Uns läuft die Zeit davon“
(mi). Michael Wolber (Rosengarten) läuft die Zeit davon. Er möchte seinen Sohn Cedric pünktlich zum Schuljahresbeginn an der Eliasschule, einer heilpädagogischen Förderschule in Wisted einschulen. Cedric leitet unter frühkindlichen Autismus. Der Sechsjährige zeigt ein stark beeinträchtigtes Sozialverhalten und hat kein Risikoempfinden.
Damit der Junge überhaupt am Unterricht teilnehmen kann, benötigt er einen Schulbegleiter Den rechtzeitig zur Einschulung vom Sozialamt des Landkreises Harburg genehmigt zu bekommen, ist allerdings unmöglich. Da das Amt erst bei einer Hospitation nach der Einschulung entscheiden will, ob der Junge einen Schulbegleitung benötigt. Viel zu spät für den Vater.
„Cedric hat ein eingeschränktes Schmerzempfinden, es kann vorkommen, dass er ein anderes Kind tritt, obwohl er nur Kontakt aufnehmen will“, erklärt Michael Wolber. Sein Sohn könne außerdem kaum sprechen und zeige Fluchttendenzen. Am meisten Sorgen mache er sich aber, weil Cedric kein Risikobewusstsein besitzt. „Cedric läuft einfach auf die Straße, er versteht die Gefahr nicht, die ihm dort droht.“ Deswegen empfehle das Abschlussgutachten des Kindergartens für den Jungen auch eine intensive Betreuung in der Schule.
Der Vater fühlt sich von der Behörde alleingelassen. „Nach der Hospitation kann es noch bis zu einem Vierteljahr dauern, bis ein qualifizierter Betreuer gefunden ist“, so Michael Wolber. Cedric ohne Betreuung einzuschulen, kommt für ihn nicht in Frage. Das sei für den Jungen sogar gefährlich. Er ist sich sicher, dass sein Kind kein Einzelfall ist. Die Praxis der Hospitation sei in vielen Fällen wohl der richtige Weg, aber bei frühaustistischen Kindern sei sie falsch. Es werde nicht nur Cedric belastet, sondern auch die anderen Kinder in der Klasse. Eine Lehrkraft müsse sich dann nur um Cedric kümmern, erklärt der Vater.
Das sieht man beim Landkreis anders: Die Schule sei als sonderpädagogische Einrichtung auf die Betreuung vorbereitet. So gebe es zum Beispiel zwei Lehrer pro Klasse. Außerdem finde die Hospitation am frühstmöglichen Termin, zwei Tage nach Schulbeginn statt. Im Übrigen sei das Prozedere gängige Praxis und auch mit der Schule abgesprochen, so die Erklärung von Kreissprecher Bernhard Frosdorfer.
Allerdings, eine Frage bleibt offen: Wenn die Hospitation ergibt, dass Cedric einen Begleitung erhält, ist diese noch lange nicht da. „Wie lange soll die Schule meinen Sohn alleine betreuen?“, fragt deswegen Michael Wolber.
Seine Vermutung: Das Vorgehen des Landkreises dient wohl auch der Kosteneinsparung. Ein Betreuer, der erst ein Vierteljahr nach Einschulung zur Verfügung steht, müsse schließlich auch ein Vierteljahr weniger bezahlt werden.
Redakteur:Mitja Schrader |
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