Otto Michaelis erlebt Corona-Lockdown in Marokko
"Gefangen" in Marokko
ce. Salzhausen. Viele Menschen träumen von einem Urlaub in Marokko. Otto Michaelis (58) aus Salzhausen wollte sechs Wochen in dem Königreich im Nordwesten Afrikas ausspannen. Doch der Möbelhaus-Besitzer wurde vor Ort vom Corona-Lockdown überrascht und war mit seinen Begleitern am Ende knapp drei Monate "gefangen" im Urlaubsparadies. "Die tägliche Ungewissheit darüber, wie unsere Reise weitergeht, zerrte schon sehr an unseren Nerven", gesteht Michaelis nach seiner Rückkehr gegenüber dem WOCHENBLATT ein.
Am 4. März brachen Michaelis und Ehefrau Karin gemeinsam mit dem befreundeten Herbert Frischkorn im Wohnmobil ins rund 3.500 Kilometer entfernte Marokko auf. "Corona war schon im Gespräch, aber die Lage noch lange nicht so ernst wie heute", blickt er zurück. Unterwegs musste das Trio mit der Fähre die Straße von Gibraltar überqueren, die Marokko vom europäischen Festland trennt. "Für mich fangen Abwechslung und Erholung normalerweise an, sobald man Europa verlässt", sagt der Geschäftsmann, der leidenschaftlich gern in fernen Ländern Urlaub macht.
Die Erholung war jedoch vorbei, als ab der zweiten Märzhälfte der Corona-Lockdown kam. Die Salzhäuser hielten sich gerade nahe der sogenannten Königsstadt Meknès auf, einer ehemaligen Hauptstadt Marokkos. "Die Menschen dort brachten uns aus irgendeinem Grund mit Corona in Verbindung. Obwohl wir gesund waren, hatten sie Angst vor einer Ansteckung. Das war schon beunruhigend", berichtet Otto Michaelis. Mit seinen Begleitern wollte er weiterziehen auf einen Campingplatz bei Marrakesch, der jedoch geschlossen war. Über das Atlasgebirge fuhr das Trio in Richtung Sahara und schlug auf einem Campingplatz nahe der Filmstadt Quarzazate, wo beispielsweise der Kinofilm "Asterix und Obelix: Mission Kleopatra" gedreht wurde, ihre "Zelte" auf. Diesen Platz durften sie 14 Tage lang aufgrund der Corona-Pandemie nur zum Einkaufen verlassen, was ihren Zeitplan erneut erheblich durcheinanderwirbelte. Nicht nur das machte ihnen zu schaffen. "Marokko wird das kalte Land mit der heißen Sonne genannt. Tatsächlich ist es tagsüber sehr warm, aber nach Sonnenuntergang friert man wie ein Schneider", beschreibt Michaelis das besondere Klima.
Irgendwann bekam das Trio - wie andere Ausländer auch - eine behördliche Ausnahmegenehmigung für die Fahrt zum Fährhafen in Tanger-Med - der zwei Tagesreisen entfernt war. "Es dauerte so lange, weil wir bei den schlechten Straßen nur mit 25 Kilometern pro Stunde vorankamen."
In Tanger-Med gab es den nächsten unfreiwilligen Stopp. Dort warteten rund 300 (!) weitere Wohnmobile auf die zunächst nicht kommende Fähre. "Als es endlich weiterging, fehlte uns die für die Überfahrt nach Italien erforderliche Registrierung, von der uns niemand gesagt hatte, dass wir sie benötigen", blickt Otto Michaelis mit einem Kopfschütteln zurück. Nach einer zehntägigen Warte-Tortur baten die Reisenden die Deutsche Botschaft um Hilfe, die umgehend eine Fähren-Registrierung beschaffte. "Dann gab es plötzlich keine Fährtickets mehr, doch eine holländische Busfahrerin war unsere Retterin in der Not und besorgte uns eine Karte."
Am 19. Mai, knapp zwölf Wochen nach dem Aufbruch in Salzhausen, lief die Fähre mit Otto und Karin Michaelis sowie Herbert Frischkorn an Bord in Tanger-Med aus. Drei Tage später legte sie in Italien an, und nach weiteren zwei Tagen kamen die Salzhäuser erschöpft, aber wohlbehalten wieder in der Heimat an.
"Konfrontiert mit dem Corona-Lockdown, mussten wir lernen, mit der tagtäglichen Ungewissheit zu leben. Das war nicht leicht", zieht Otto Michaelis ein Fazit der Reise. "Andererseits haben wir am eigenen Leib erfahren, dass man mit wenig Nahrungsmitteln und anderen Dingen zum Überleben auskommen und trotzdem zufrieden sein kann."
Keine Sorgen machen musste sich der Unternehmer während seiner Abwesenheit um die Geschäfte im heimischen Möbelhaus. "Meine Schwester Doris, mein Sohn Otto-André und das übrige Team haben tolle Arbeit geleistet", bedankt sich der Firmenchef. Der nächste Urlaub wird schon geplant: "Im nächsten Jahr soll es nach Kirgisien gehen - dann hoffentlich ohne irgendwelche Komplikationen!"
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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