Samtgemeinderat gegen Pläne der Bahn
Salzhäuser Resolution gegen neue Bahn-Neubautrasse

Der Salzhäuser Samtgemeinderat bei der Abstimmung über die Resolution gegen die neue Bahntrasse | Foto: ce
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"Die Mitglieder des Rates der Samtgemeinde Salzhausen fordern die Deutsche Bahn und das Bundesverkehrsministerium auf, die 2015 ausgehandelte Streckenführung 'Alpha-E' als verbindlich anzusehen und unverzüglich umzusetzen und die Planung an einer bestandsfernen Streckenführung einzustellen." Diese Resolution zu den umstrittenen Neubautrassen-Plänen der Bahn entlang der A7 von Hamburg nach Hannover verabschiedete der Salzhäuser Samtgemeinderat in seiner Sitzung am Donnerstagabend in Toppenstedt.

Die Samtgemeinde Salzhausen stelle mit Befremden fest, dass die Bahn, entgegen aller gemeinsamen Entscheidungen im Dialogforum "Schiene Nord" und anschließenden Beschlüssen auf Landes- und Bundesebene, ihre Anstrengungen vorantreibt, eine Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecke für den Schienenpersonen-Fernverkehr und Güterverkehr im Bereich der A7 zu planen. Die dabei verfolgte Bündelung von Verkehren entlang der A7 sei "zynisch, da die bekannt gewordenen Pläne zeigten, dass die Streckenführung zum Teil kilometerweit von der A7 verläuft und Ortschaften und Gemeinden zerschneidet", heißt es in der Begründung der Resolution.

Gemeinden wie beispielsweise Garlstorf würden eingekeilt zwischen Neubautrasse und Autobahn liegen. "Die kommunale Entwicklung wird so unmöglich. Zudem wird hektarweise Fläche zusätzlich versiegelt, einer landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Dies stellt einen massiven Eingriff in Flora und Fauna dar."

"Das Bundesverkehrsministerium hat die Deutsche Bahn im Dezember vergangenen Jahres aufgefordert, ihren Trassen-Favoriten zu benennen. Bislang ist nichts passiert", erklärte Samtgemeinde-Bürgermeister Wolfgang Krause. Zudem habe die Bahn momentan sämtliche Gespräche mit dem Landkreis Harburg über das weitere Vorgehen abgesagt. Krause kündigte an, dass er Anfang Mai wieder im Verkehrsministerium vorsprechen werde. 
Joachim Bartels (Grüne) wies darauf hin, dass die Bundespolitik angesichts der Klimakrise künftig doppelt so viel Verkehr vom Auto auf die Schiene verlegen wolle wie bisher. Daher würden so viele Trassen wie möglich benötigt. "Aber die Bahn spielt auch ein ziemlich falsches Spiel", gab Bartels mit Blick auf die desolate Informationspolitik des Unternehmens zu bedenken. 
"Die Bahn will die Kommunen, die gegen eine neue Trasse sind, und diejenigen, die dafür sind, gegeneinander ausspielen", war Michael Klaproth (CDU) überzeugt. "Unsere Resolution ist wichtig, denn in der Samtgemeinde Salzhausen ist eine Neubautrasse ein No-Go." UWG-Ratsherr Michael Albers legte nach: "Wie die Deutsche Bahn mit den Menschen in den von den Plänen betroffenen Regionen umgeht, ist untragbar. Viel schlechter geht es nicht." 
Der ebenso eindringliche wie erfolgreiche Schlussappell kam schließlich von Christdemokratin Christiane Oertzen: "Niemand hier am Samtgemeinderats-Tisch kann gegen eine Resolution zum Schutz unserer Landschaft sein. Wer dagegen ist, ist hier fehl am Platz."

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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2 Kommentare

Leserreporter
Ricarda Bronsema aus Salzhausen
am 25.03.2023 um 13:55

Ein Trauerspiel, wie sich unsere Politiker die Scheuklappen aufsetzen kurzsichtig mit Populismus gegen Die Bahn punkten wollen.

Wenn man mal über den Tellerrand schaut, erkennt man, welch riesige Chance die Neubaustrecke mit dem geplanten Regionalbahnhof in Garlstorf für die Samtgemeinde Salzhausen (gleiches gilt für den in Bispingen geplanten Bahnhof) bringt. Auf der Schwäbischen Alb, einer eher strukturschwachen, schlecht erschlossenen, ländlichen Tourismusregion, die mit der Lüneburger Heide gut vergleichbar ist, ist man über den Regionalbahnhof in Merklingen an der Neubaustrecke Stuttgart - Ulm heilfroh.

Der Bahnhof verleiht der Region in der Wirtschaft, im Tourismus, im Zugang zu Bildung und in der Alltagsmobilität einen gewaltigen Schub, den dort heute keiner mehr missen möchte.

Vielleicht sollten sich hiesige Politiker mal ein Beispiel daran nehmen. Hier ein paar lesenswerte Artikel und Videos dazu:
https://www.swrfernsehen.de/landesschau-bw/merklingen-mehr-touristen-durch-neuen-bahnhof-100.html
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/bahnhof-auf-dem-dorf-wegen-ice-strecke-bringt-das-aufschwung-18668815.html
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/bahnhof-merklingen-102.html

Wissing und Staatssekretär haben Lüneburg bereits mitgeteilt, dass die Alpha-Trasse an der Bestandsstrecke nicht die kapazitiven, wirtschaftlichen und umweltfachlichen Anforderungen erfüllt. Wenn die Neubaustrecke an der A7 eh kommt, sollten wir, wie das Beispiel Merklingen zeigt, die Chance endlich nutzen und uns beim Land Niedersachsen für einen eng vertakteten Nahverkehr über die Strecke einsetzen.

Leserreporter
Michael Müller aus Salzhausen
am 25.03.2023 um 15:33

"Niemand hier am Samtgemeinderats-Tisch kann gegen eine Resolution zum Schutz unserer Landschaft sein. Wer dagegen ist, ist hier fehl am Platz." Frau Oertzen, der größte Schutz unserer Landschaft wäre, die Bahntrasse zu bauen, und die Hauptlast im Güter- und Fernverkehr von der Straße diese zu verlagern. Der jüngste Bericht des Weltklimarats hat noch mal deutlich gemacht, wie wichtig insbesondere klimafreundlicher Güter-, aber auch Personenverkehr ist. Die benötigten Mengen von außerdem extrem teuren E-Fuels werden im LKW-Verkehr in den nächsten Jahrzehnten nicht zur Verfügung stehen. Batterie-LKW sind ebenfalls teuer und haben nur eine geringe Reichweite. Um eine Verlagerung des Güterfernverkehrs auf Wasserstraßen (hier allerdings gleiche Antriebsproblematik) und Schiene kommt man überhaupt nicht herum. Auch die in diesem Monat vergestellte Verkehrsprognose von Minister Wissing sieht eine starke Verlagerung auf die Schiene als unausweichlich an.

Bauen wir die dringend benötigten Bahntrassen nicht, bedeutet dies, dass insbesondere der wachsende Güterverkehr nur auf der Straße mit fossil betriebenen LKW abgewickelt werden kann - und das weiterhin über Jahrzehnte, also auch weit nach 2050. Damit können wir die Klimaziele abhaken und die Landschaft wird weiter mit Schadstoffen zerstört. Wollen wir das? Wenn nicht, dann bedeutet jede Bahntrasse aktiven Klima- und Landschaftsschutz.

Außerdem bringt die Trasse vor allem im Personenverkehr den größten Nutzen für unsere Samtgemeinde. Frau Bronsema hatte das Beispiel des neuen Bahnhofs Merklingen an der Neubaustrecke in Baden-Württemberg genannt. Ein anderes Beispiel, wo die Erfolge einer regionalen Erschließung durch eine neue Bahntrasse bereits seit Jahren bekannt sind, ist Allersberg in Bayern an der ICE-Strecke Nürnberg München:

Loblied auf die ländliche Entwicklung
Auch sonst war noch manches anders in der Allersberger Flur. Es gab zum Beispiel keinen Regionalbahnhof in Altenfelden, keinen Pendlerparkplatz, keinen ICE-Tunnel Göggelsbuch. Auch in anderen Anliegerkommunen gab es riesige Veränderungen entlang des Projekts Nummer 8 der Deutschen Einheit. "So dass am Ende das Mosaik wieder passt", wie Allersbergs Bürgermeister Bernhard Böckeler (CSU) sagt. All das wurde jetzt gefeiert. "Es geht wirklich um Strukturverbesserungen". Böckeler lobt ausdrücklich die Arbeit des Amtes für ländliche Entwicklung (ALE). "Trotz Landverbrauchs und Lärmbelästigung ist es uns gelungen, die Lebensgrundlagen unserer Region nach vorne zu bringen", sagt Böckeler. "Es gibt nur Gewinner", sagt der bayerische Landwirtschaftsminister Brunner bei seinem ersten Besuch im Landkreis Roth. "Die ICE-Strecke ist eine herausragende Maßnahme gewesen, die einige Superlative aufweist", sagt Brunner. "Für die Region ist das der große Wurf", lobt Klaus-Dieter Josel, der Konzernbevollmächtigte der Deutschen Bahn für Bayern, die ICE-Neubaustrecke. Trotz hoher Belastungen für manchen Einzelnen hoffe er auf eine friedliche Koexistenz von Landwirtschaft und Infrastruktur. "Es freut mich, dass wir das gemeinsam gestemmt haben." Der ICE fahre dank der Neubaustrecke im 30-Minuten-Takt, fast wie eine Straßenbahn. 30 Prozent mehr Fahrgäste habe man auf der Strecke München – Nürnberg in einem Jahr gewonnen, so Josel. "Die Reisenden stimmen mit den Füßen ab." Oder mit dem Auto. Die knapp 300 Pendlerparkplätze in Allersberg sind fast jeden Werktag belegt.
https://www.donaukurier.de/archiv/loblied-auf-die-laendliche-entwicklung-5612350

Der Regionalbahnhof Allersberg und die schnellen Verbindungen nach Nürnberg und München sind ein Segen für den Landkreissüden. Zufrieden zurücklehnen kann man sich trotzdem nicht, wie die Sitzung des Ausschusses für Energie, Umwelt und Regionalentwicklung am Montag zeigte. Es sind zwei Fernrouten, die den Landkreis Hilpoltstein mit Nürnberg und München verbinden: die ICE-Neubaustrecke über Ingolstadt und die Strecke über Roth und Treuchtlingen. Interessant für den Fahrgast ist vor allem der Regionalverkehr auf der Neubaustrecke, in weniger als eineinhalb Stunden ist man von Allersberg nach München gefahren, das hat fast ICE-Qualität – und dies zu einem niedrigeren Preis. Die Folge ist, dass die Züge bereits ab München und Nürnberg gerammelt voll sind. Wer zu Stoßzeiten in Allersberg und Kinding zusteigt, darf froh sein, wenigstens einen Stehplatz zu bekommen. Nicht selten bleiben Fahrgäste mit Fahrrad ganz außen vor. Zur großen Beliebtheit trägt sicher bei, dass man auf diesen Regionalexpresszügen mit dem Bayernticket verkehren kann. Sprich, die Fahrgäste zahlen im Schnitt erheblich weniger als den normalen Fahrpreis, geschweige denn ICE-Tarife.
https://www.donaukurier.de/archiv/wir-wollen-nicht-brav-sein-4970038

Der Erfolg des Regionalbahnhofs ist so groß, dass die Parkplatzkapazitäten noch mal erhöht wurden. Außerdem fahren inzwischen mehr und längere Züge: 
https://www.nordbayern.de/region/roth/mehr-parkplatze-langere-zuge-1.1795158

Wie man immer nur das Negative sehen kann, ist mir ein Rätsel. Einige unserer Lokalpolitiker sollten endlich aufwachen und die einmalige Chancen zur besseren Erschließung und strukturellen Entwicklung unserer Samtgemeinde erkennen. Andere Beispiele machen es vor. Auf nationaler und Klima-Ebene steht eh außer Frage, dass die Gleise kommen müssen.