Chefwechsel beim Beratungsring Hohe Geest
Auf Michael Albers folgt Jens Aldag
Im vergangenen Jahr feierte der Beratungsring Hohe Geest sein 75-jähriges Bestehen mit einer geschichtsträchtigen Mitgliederversammlung: Nach insgesamt 35 Vorstandsjahren und 24 Jahren Verantwortung als Vorsitzender gab der Eyendorfer Landwirt Michael Albers (65) den Chefposten an Jens Aldag aus Wennerstorf ab. Mit ihrer Leidenschaft für Tradition wählte die Hohe Geest auch den Referenten für den Festvortrag: Clemens Große Macke (65), Landwirt, Politiker, Coach und Unternehmensberater aus Essen (Oldenburg), sprach zum selben Thema wie schon bei Albers` erster Hauptversammlung: „Willst Du Bauer bleiben, musst Du kämpfen!“ - dieses Mal allerdings mit dem Zusatz: "Immer noch?" Die Antwort gab es im zweiten Teil der Veranstaltung.
Zunächst beleuchtete Michael Albers den Zustand der Agrarpolitik. „Das ist Comedy“, sagte der Noch-Vorsitzende mit Hinweis auf die schrittweise Absenkung der Umsatzsteuer-Pauschale mit einem Stufenintervall von lediglich einem Monat. Im ausgehandelten Mercosur-Abkommen werde deutlich, welchen untergeordneten Stellenwert die EU-Agrargüter im Vergleich zu den Industriegütern hätten. Das sei in Teilen nachvollziehbar, aber die Landwirtschaft vermisse die Bereitschaft der Politik, die entstandenen Nachteile abzufedern. „Ich will kein Klagelied anstimmen“, sagte Albers. „Aber ich will benennen, wo Widerspruch und Heuchelei zu Tage treten.“
In seinem Tätigkeitsbericht demonstrierte Wirtschaftsberater Thomas Horlacher, wie die Themenblöcke „GAP-Sammelantrag“ und „Düngung“ den Alltag der Landberatung Hohe Geest dominieren. Da für die Stoffstrombilanz derzeit kein Prüfauftrag der Landwirtschaftskammer vorliegt, hat man die Bearbeitung „erst mal auf Eis gelegt“ und wartet die administrative Zukunft des Erhebungsverfahrens ab. Kurios sei im vergangenen Jahr die Häufung von Betriebsübergaben, Verpachtungen und Gesellschaftsgründungen gewesen. In Zusammenarbeit mit Steuerberatern und Notaren begleiten die beiden Berater der Hohen Geest derzeit 18 verschiedene Fälle.
Wirtschaftsberater Hartmut Peters stellte den Haushalt des Unternehmens mit einem Volumen von etwa 220.000 Euro vor. Die Kassenprüfer bescheinigten die ordnungsgemäße und solide Haushaltsführung, die mit einem Überschuss über die Planzahlen abschloss. Weiterer Programmpunkt war die Neubesetzung des frei gewordenen Vorstandspostens. Dabei wurde der Landwirt und angehende Landwirtschaftslehrer Jannis Koch aus Salzhausen einstimmig gewählt.
Dank an Albers
Die Laudatio auf den scheidenden Vorsitzenden Michael Albers hielt der Wenzendorfer Landwirt Cord Weinmann. „Energievoll, streitbar, geradlinig und stets fair in der Diskussion“, so beschrieb der langjährige Weggefährte den ehemaligen Vorstandskollegen. Als Meilensteine der gemeinsamen Arbeit nannte Weinmann den Erhalt der Selbständigkeit, wofür Albers bedingungslos gekämpft habe, sowie die Übernahme von 70 weiteren Beratungs-Mandaten in den Jahren 2003 bis 2005. „Mit Zuverlässigkeit und Kontinuität hast Du unseren Ring außerordentlich gut geführt und zukunftsfähig aufgestellt“, sagte Weinmann – das beweise nicht zuletzt der Anstieg der Mitgliederzahlen von 115 auf nunmehr 218 Betriebe.
Albers dankte vor allem seinen beiden Ringberatern Hartmut Peters und Thomas Horlacher für deren hervorragende Leistung. „Als wir 2001 nach 40 Jahren Ringberatung durch Erich Schnabel und 24 Jahren Vorsitz durch Frido Peper ins kalte Wasser springen mussten, wussten wir beide nicht, für wen das Wasser kälter war – für mich oder für Hartmut Peters?“, sagte Albers und hob noch einmal die außergewöhnliche Identifikation von Hartmut Peters mit dem Ring hervor.
Große Macke rief auf, anzupacken
Jetzt kam Clemens Große Macke an die Reihe und er blieb die klare Antwort nicht schuldig: „Kämpft darum, Bauer zu bleiben!“ Kampf im Sinne des Referenten ist allerdings nicht das Ausfahren der Ellenbogen und auch nicht das kompromisslose Wachsen um jeden Preis. Er versteht darunter die engagierte Entscheidung eines Unternehmers, etwas Neues anzupacken. Ausgangspunkt sei die Frage: Was will ich, was treibt mich und wo sind meine Grenzen - auch im Hinblick auf die ganz persönliche Geschichte.
Clemens Große Macke vermeidet die Rolle des dozierenden Besserwissers. Mit sprühendem Wortschwall und erratisch schwankenden Themen droht er gelegentlich, seine Zuhörer zu überfahren, aber er bleibt stets einer von ihnen. Er kennt sich aus in der bäuerlichen Welt. Immer wieder blitzt die Fähigkeit auf, dem Publikum den Spiegel vorzuhalten und so manche Nuss des bäuerlichen Selbstverständnisses zu knacken.
Anpacken und etwas Neues wagen, ist leicht gesagt. Der Referent verpackt die Botschaft in einer Rückschau auf den eigenen Weg. Seit dem Besuch bei der Hohen Geest vor 24 Jahren ist viel passiert. Da liegen für ihn die 15 Jahre als CDU-Abgeordneter im Landtag, in denen er glaubte, zusammen mit Heiner Schönecke etwas gegen das Bürokratiemonster ausrichten zu können. Die Bilanz ist ernüchternd. Den Aufbau und den Untergang einer Geflügelhaltung will er nicht als Niederlage werten. Er folgt dem Holländer, der sagt: Ich habe entweder gewonnen oder etwas dazugelernt. Aktuell arbeitet Große Macke mit einem Team im Bereich der Lebensmitteltechnik. Ziel ist es, aus Grünland etwa anders zu machen als Futter fürs Rindvieh. Die Pioniere möchte aus dem abgepressten Pflanzensaft einen direkten Beitrag zur menschlichen Ernährung leisten. Auf seinem landwirtschaftlichen Betrieb ist eine Insekten-Mastanlage entstanden. Zusammen mit dem Stallbauer Big Dutchman treibt Familie Große Macke die Gewinnung von tierischen Proteinen voran.
„Es gibt in der Landwirtschaft nicht mehr den Weg für alle – aber für alle muss es einen Weg geben“, sagt er in der ihm charakteristischen Weise und ergänzt: „Habt den Mut, Veränderungen zu wagen.“ Auch hier folgt der konkrete Vorschlag auf dem Fuße: „Geht morgen früh gut gelaunt und frisch rasiert in die Küche und sagt zu Eurer Frau: Schatz, Du siehst wieder umwerfend aus. Tut das auch auf die Gefahr hin, dass sie antwortet: Geh Du man gleich in den Stall“.
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