Seevetaler Urgestein: Friedrich "Fritz" Becker
"Kompromiss führt zu Ergebnissen"

Friedrich "Fritz" Becker hat sich 44 Jahre lang im Gemeinderat für Seevetal eingesetzt | Foto: sra
  • Friedrich "Fritz" Becker hat sich 44 Jahre lang im Gemeinderat für Seevetal eingesetzt
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Seevetal hat mit dem Rückzug Friedrich "Fritz" Beckers (FDP) aus dem Gemeinderat allen Grund zu trauern. Der Helmstorfer weiß, was es heißt, anzupacken - und durchzuhalten. Ein ehemaliger Bürgermeister sagte einmal zu ihm, er bewundere ihn für seine Leidensfähigkeit. Die muss "Fritz" Becker durchaus haben, da er sich 44 Jahre lang im Gemeinderat für die Bürgerinnen und Bürger Seevetals einsetzte. Leidensfähig nicht, weil es im Seevetaler Gemeinderat per se so fürchterlich ist, sondern weil es anstrengend sein kann, Lokalpolitiker zu sein.

Viele Themen, viele Meinungen und alles im Ehrenamt - und wenn man schließlich einen Konsens mit den Mitstreitenden gefunden zu haben glaubt, stellt sich kurz vor der Abstimmung heraus, dass dem offenbar doch nicht so war.

Als Becker 1980 in den Gemeinderat eintrat, war der damals 33-Jährige Inhaber des Helmstorfer Gasthauses „Becker's Gasthof“. Der gelernte Landwirt hatte die Gaststätte von seinem Vater übernommen. Um gut vorbereitet zu sein, absolvierte er zusätzlich die Hotelfachschule. Den Gasthof nach 400 Jahren Familienbesitz 2003 zu verkaufen, fiel dem bodenständigen Mann sehr schwer, wie er sagt. Er erinnert sich an die Zeiten, als ganze Gruppen dänischer Reisebusse auf dem Weg in den Harz oder die Alpen bei ihm Halt machten. „Dann gab es immer Kaffee und Kuchen“, erzählt Becker etwas wehmütig.

Die Entwicklung Seevetals

Beckers politische Laufbahn ist lang. Zu den Highlights zählen 15 Jahre als stellvertretender Bürgermeister von Seevetal, fünf Jahre als Kreistagsmitglied und die Position der Büroleitung für die Bundestagsabgeordnete Nicole Bracht-Bendt (FDP). Die politische Karriereleiter weiter hinaufzuklettern, war für Becker jedoch nicht wirklich ein Ziel. „Ich war nie ein großer Parteiarbeiter. Ich habe mich um das Wohl der Gemeinde gekümmert“, sagt er. Auf die Frage, was ihn motivierte, 44 Jahre lang so engagiert in der Lokalpolitik tätig zu sein, antwortet Becker: „Die Entwicklung Seevetals. Seevetal ist besonders durch seine vielen Ortschaften. Ganz anders als zum Beispiel Buchholz oder Winsen. Wir haben in Seevetal nicht eine Mitte, sondern mehrere, um die man sich kümmern muss. Den Bürgerinnen und Bürgern zuzuhören und zu helfen - das hat mich angetrieben.“

Die Veränderungen im Gemeinderat beschreibt Becker wie folgt: „Früher wurden Kompromisse gesucht. Heute will jeder seine Meinung durchsetzen. Das Ergebnis ist dann leider oft gar keins.“

Als politische Inspirationen nennt der heute 78-Jährige: Herbert Wehner, Helmut Schmidt und Konrad Adenauer. Alle drei hätten die Kriegszeit selbst miterlebt und alles darangesetzt, einen weiteren Krieg zu verhindern. Dieses Verantwortungsbewusstsein vermisse er bei vielen heutigen Spitzenpolitikern. Der Hauptgrund für Beckers Eintritt in die FDP war „die Möglichkeit, frei zu sprechen. Ich konnte in der FDP immer meine Meinung sagen. Das war in den großen Parteien damals anders. Dort gab die Führung die Richtung vor, und alle mussten folgen.“

Es fehle an Konsenssuche 

Becker weiß sich einzuschätzen: „Ich muss mich bei keiner Seevetaler Persönlichkeit besonders bedanken. Ich habe mich immer selbst um meine Aufgaben gekümmert. Ich danke den Wählern und meiner Frau, dass ich so lange politisch arbeiten durfte.“ Dennoch betont er die jahrelange gute Zusammenarbeit mit der Seevetaler CDU: „In diesen Jahren haben wir viel für Seevetal erreicht.“

Mit seinem Rückzug aus dem Gemeinderat hat Becker die Politik nicht vollständig hinter sich gelassen. Nach wie vor ist er in der Geschäftsführung der FDP auf Kreisebene tätig.

„Bevor ich mich ärgere,
konzentriere ich mich lieber
auf das Wesentliche.“ - Fritz Becker

Für die Politik in Seevetal wünscht sich Becker: „Mehr Diskussionen und die Suche nach Konsens. Nicht dieses ‚Friss oder stirb‘ – das führt nur selten zum Erfolg. Heute gibt es nur noch Gewinner und Verlierer, und oft wird der Verlierer dann auch noch schlechtgemacht.“ Kompromisse, so Becker, würden zu mehr Einbindung der Beteiligten führen und diesen wiederum mehr Freiheit zur Entfaltung geben. Auf die Frage, was konkret die Seevetaler Politik angehen müsse, sagt Friedrich Becker: „Die FDP hat der CDU gerade ein ganzheitliches Entwicklungskonzept vorgelegt. Das könnte im ersten Quartal noch präsentiert werden.“ Besonders wichtig ist dem besonnenen Politiker der Wohnungsbau in der Gemeinde, das Thema müsse dringend stärker verfolgt werden.

Den Leitsatz „Bevor ich mich über Dinge ärgere, konzentriere ich mich lieber auf das Wesentliche“ verfolgte Becker schon als Gastwirt.

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