Polizeichef: Rechtsfreie Räume nicht geduldet
Entsetzen nach den Attacken auf Einsatzkräfte in Stade
Böller-Attacken auf Einsatzkräfte gab es in der Silvesternacht nicht nur in Großstädten wie Berlin oder Hamburg. Auch in Stade wurden Feuerwehrleute und Polizisten mit Böllern beworfen. Der Vorfall ereignete sich im Brennpunktquartier Altländer Viertel.
Die Feuerwehrleute waren an Neujahr gegen 0.30 Uhr ins Altländer Viertel geeilt. Dort brannten mehrere zuvor gezündete Feuerwerksbatterien. "Aus der Menge wurden der Einsatzleitwagen und das Tanklöschfahrzeug sofort mit Böllern und Raketen beschossen und beworfen", berichtet Feuerwehr-Pressesprecher Stefan Braun. Wahrscheinlich sei auch sogenannte Vogelschreck-Munition verschossen worden. Es kam zu Beschädigungen an den beiden Einsatzfahrzeugen. Die Feuerwehrkräfte zogen sich dann zurück und ließen die Batterien abbrennen.
Auch die herbeigerufenen Polizisten wurden aus einer Gruppe heraus gezielt mit Feuerwerkskörpern beworfen. Nach Angaben der Beamten handelte es sich um etwa 15 dunkel gekleidete junge Leute. Ein Böller explodierte direkt vor den Beinen eines Beamten und verletzten diesen leicht am Unterschenkel. Der Böllerwerfer konnte aber nicht ermittelt werden. Die Täter flüchteten, sodass die Polizei keine Personalien feststellen konnte.
Rechtsfreie Räume werden nicht geduldet
Laut Polizeidirektor Jan Kurzer, Leiter der Polizeiinspektion Stade, laufen jetzt die Ermittlungen zu diesem Vorfall. Es seien Strafanzeigen wegen des tätlichen Angriffs und wegen Sachbeschädigung gefertigt worden. "Ich verurteile Angriffe auf Rettungskräfte, Feuerwehrleute und Polizisten auf das Schärfste. Wer Einsatzkräfte angreift, greift den Rechtsstaat an. Wir dulden keine rechtsfreien Räume", so Kurzer.
Auch Stades Bürgermeister Sönke Hartlef (CDU) zeigt sich in einer ersten Reaktion entsetzt über die Vorgänge im Altländer Viertel: "Mich überhaupt an Einsätze unserer Freiwilligen Feuerwehr, verursacht durch Leichtsinn oder sogar Absicht, zu gewöhnen, fällt mir schon schwer genug. Angriffe auf unsere Einsatzkräfte sind kriminell und gehören entsprechend hart bestraft." Zur Frage, ob die Stadt künftig eine Böllerverbotszone im Altländer Viertel einrichtet, will sich Hartlef nicht konkret äußern. Man werde die Berichte aller Einsatzkräfte auswerten, "um anschließend mögliche Konsequenzen zu erörtern", so der Bürgermeister.
Landrat nennt Angriffe "beschämend"
Ebenfalls deutliche Worte findet Landrat Kai Seefried (CDU): "Die Angriffe auf Feuerwehrleute und Polizisten im Altländer Viertel in Stade sind erschreckend und beschämend." Leider sei es im Altländer Viertel in den vergangenen Jahren immer wieder zu Übergriffen auf Einsatzkräfte gekommen. Es könne doch nicht sein, dass sich Einsatzkräfte jedes Mal bei einer Alarmierung mit dem Stichwort Altländer Viertel Sorgen darüber machen müssten, ob dieser Einsatz womöglich Risiken birgt.
„Unsere Einsatzkräfte rücken aus, um Menschen zu helfen – und stehen ein für unseren demokratischen Rechtsstaat“, sagt der Landrat. Sie hätten Wertschätzung und Respekt verdient, die Gesellschaft müsse ihnen den Rücken stärken. „Wer Einsatzkräfte angreift, der greift diesen Staat an.“ Bei der Bestrafung der Täter sollten alle Möglichkeiten des Rechtsstaats ausgeschöpft werden.
Diejenigen, die helfen wollen, werden attackiert
Feuerwehr-Sprecher Stefan Braun findet es absolut unverständlich, warum ausgerechnet die Feuerwehr, die ausschließlich dafür da sei, anderen zu helfen, derart attackiert werde. "Beim nächsten Mal ist es vielleicht die Familie eines Angreifers, die die Hilfe der Feuerwehr benötigt." Er möchte die Bewohner des Altländer Viertels aber nicht alle über einen Kamm scheren: Er weise ausdrücklich darauf hin, dass sich "einige Passanten vor Ort an die Feuerwehr gewandt und die Geschehnisse verurteilt" hätten, so Braun.
Stadt verweist auf Präventionsarbeit
Es waren nicht die ersten Übergriffe auf Feuerwehrleute oder Polizeibeamte im Altländer Viertel. Nicht nur zu Silvester wurden Vorfälle registriert. Das WOCHENBLATT wollte von Stades Bürgermeister Sönke Hartlef wissen, inwieweit die Stadt Präventionsarbeit leistet und welche Maßnahmen ergriffen worden bzw. jetzt geplant sind, um Gewaltausbrüche in dem Problemviertel zu verhindern.
Hartlef verweist auf den Kriminalpräventionsrat der Hansestadt Stade, der derzeit neu strukturiert werde. Dieser Lenkungsrat tage in der kommenden Woche. Ein Schwerpunktthema werde dann das Thema Sicherheit sein. "Diesem Gremium gehören neben Ratsmitgliedern u.a. auch Führungskräfte der Stader Polizei an", erläutert der Bürgermeister.
Seit Jahren leiste die Stadt im Altländer Viertel mithilfe eines Quartiersmanagers und eines Streetworkers wichtige Sozial- und Integrationsarbeit, so Hartlef. "Zielgruppe sind dabei alle Bevölkerungsschichten." Außerdem gebe es im Quartier zwei städtische Runden, die sich mit derartigen Themen befassen: eine Vernetzungsrunde Kinder- und Jugendarbeit und eine Nachbarschaftsrunde. "Diese Gremien tagen im zwei- bzw. dreimonatlichen Rhythmus und sind kompetent besetzt", erklärt Hartlef. Diesen Runden würden u.a. das Quartiersmanagement, Jobcenter, Stadtverwaltung, Polizei sowie Kita- und Schulleitungen, Schulsozialarbeiter, Jobcenter sowie das Kinderschutzzentrum angehören.
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