Ladeninhaber sind verärgert
Ärger am Fischmarkt in Stade: Wird daraus eine "Poller-Posse"?
Ein Abend in der Stader Altstadt: In der Salzstraße fährt ein Mitarbeiter eines privaten Wachdienstes vor, steigt aus und steckt einen Schlüssel in eine Schließvorrichtung an einer Hauswand. Mitten auf der schmalen Straße fährt aus dem Boden unvermittelt eine Metallsäule hoch, die auf einmal rot leuchtet. Pöbelnd fordert der Mann einen Passanten auf, den Fuß von der Säule zu nehmen. Diese Prozedur wiederholt sich allabendlich - an anderen Tagen hoffentlich ohne Pöbelei - gegen 18.30 Uhr in der Stader Salzstraße. Denn dort steht der versenkbare Poller, über den das WOCHENBLATT Anfang der Woche online berichtet hat (der Artikel ist hier nachzulesen). Auf den Online-Artikel gab es Reaktionen von den Geschäftsleuten am Stader Pferdemarkt. Diese fühlen sich genervt, weil der Poller jetzt deutlich früher hochgefahren wird, um die Zufahrt für Autos zum Fischmarkt abzusperren. Stade hat offenbar ein Poller-Problem.
"Wir Ladeninhaber am Stader Fischmarkt wurden von der Stadt vorher nicht gefragt", sagt Sandra Hildebrandt-Brandt. Die Geschäftsfrau hat vis-à-vis zum historischen Hansehafen eine Kunsthandlung. Ihr Vorwurf: Niemand von der Stadt sei im Vorfeld auf sie und die Inhaber der benachbarten Geschäfte zugekommen, um sie über die Maßnahme zu informieren. Für sie und ihre Nachbarn sei es höchst ärgerlich, dass die Geschäfte nach 18.30 Uhr nicht mehr mit dem Auto angesteuert werden können, um Waren anzuliefern. Vorher sei das bis 20 Uhr möglich gewesen.
Schild ist ein glatter Schildbürgerstreich
Was in diesem Zusammenhang wie ein glatter Schildbürgerstreich wirkt: Nur wenige Meter von der Kunsthandlung entfernt, steht auf dem Fischmarkt ein Verkehrsschild mit dem Hinweis "Lieferverkehr von 18.30 Uhr bis 10 Uhr frei". Das sei doch völlig absurd, meint die Kunsthändlerin: "Einerseits versperrt der Poller ab 18.30 Uhr die Zufahrt zum Fischmarkt, andererseits dürfen erst ab dann die Lieferanten unsere Geschäfte anfahren." Sie fragt sich, ob die Stadt mit solch widersinnigen Aktionen auch noch die letzten Ladeninhaber aus dieser Ecke vergraulen will. "Wir haben in der Stader Altstadt doch schon so viel Leerstand, da sollte man sich im Rathaus gut überlegen, wie man mit uns umgeht."
Abendliches Ausliefern nicht mehr möglich
Die Stadt hat als Grund für das frühe Hochfahren des Pollers den Unmut der Gastronomen am Fischmarkt über zu viele Falsch- bzw. Dauerparker angeführt. Dieses Argument wollen die Ladeninhaber nicht gelten lassen. "Wer hier sein Auto länger als drei Minuten abstellt, wird doch gleich von den Leuten vom Ordnungsamt aufgeschrieben", berichtet Hildebrandt-Brandt. Für den gesamten Fischmarkt gelte ein Parkverbot. Ihre Kunden hätten oftmals Knöllchen verpasst bekommen. "Um ein größeres Bild bei uns abzuholen, muss man mit dem Auto direkt am Fischmarkt vorfahren. Und das Abholen und Verstauen des Bildes ist auch nicht in drei Minuten erledigt."
Um den Kunden den Knöllchen-Ärger zu ersparen, ist die Kunsthändlerin dazu übergegangen, die Bilder nach Geschäftsschluss selbst auszuliefern. Doch dieser Service sei nicht mehr möglich, seit der Poller früher hochgefahren wird. Die Ladenbesitzer hoffen nun auf Einsicht seitens der Stadt und erwarten eine einvernehmliche Lösung, bei der nicht Geschäftsinhaber gegen Gastronomen ausgespielt werden. Die Verantwortlichen im Stader Rathaus sollten jetzt schnell reagieren, damit die Sache nicht zur "Poller-Posse" ausartet.
Noch keine Beschwerden bei der Stadt eingegangen
Die Stadt zeigt sich nach eigenem Bekunden auch gesprächsbereit: "Sollten Händler vor Ort ein Gespräch mit dem Ordnungsamt wünschen, stehen die Mitarbeitenden dafür gern zur Verfügung", erklärt Stades Pressesprecher Stefan Voigt. Allerdings seien bisher weder beim Ordnungsamt noch beim City-Management Beschwerden eingegangen. Voigt verweist darauf, dass das City-Management die Gastronomen im November 2023 über die neu vorgesehenen Poller-Zeiten informiert habe. Dabei sei auch gleich nachgefragt worden, ob es Änderungswünsche gebe. Das sei verneint worden, so Voigt. Sobald ein zweiter versenkbarer Poller in der benachbarten Burgstraße montiert ist, will die Stadt noch einmal ausführlich informieren. Das wird vermutlich im April sein.
• Das abendliche Hochfahren und morgendliche Absenken des Pollers durch einen privaten Wachdienst lässt sich die Stadt übrigens einiges kosten: Nach Angaben Pressesprecher Voigt zahlt die Stadt für diesen "Service" rund 10.000 Euro im Jahr.
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