Platz der großen Pläne und kleinen Taten
Der Stader Ankerplatz: Mediale Imagepflege trifft auf triste Realität

- Der Ankerplatz in dieser Woche: Besonders lebendig wirkt das Areal nicht
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Jetzt setzen die Stader Ankerplatz-Aktivisten offenbar auf eine Image-Offensive. Nachdem klar ist, dass der Politik bei dem leidigen Thema der Geduldsfaden reißt, versuchen die Verantwortlichen beim Ankerplatz-Verein, ihr seit Jahren dahindümpelndes Projekt in ein besseres Licht zu rücken. Dazu gehört wohl auch ein "Daumen hoch"-Artikel, der kürzlich im Stader Tageblatt erschienen ist.
Den Zeitungsbericht nahm ich zum Anlass, mich noch einmal selbst von der „blühenden Urbanität“ auf dem Areal in der Stader Altstadt zu überzeugen. Schließlich hatte man im Artikel explizit eingeladen, sich vor Ort ein Bild zu machen und mit den engagierten Ehrenamtlichen ins Gespräch zu kommen. Gesagt, getan. Ich marschierte also am Tag nach der Veröffentlichung schnurstracks zum Platz am Sande – bereit für Dialog, Inspiration und Gemeinschaftsgefühl.
Alle Artikel zum Thema Ankerplatz: bitte hier klicken.Weit und breit keine Aktivisten
Doch was soll ich sagen? Außer ein paar Passanten sowie einigen Handwerkern, die in einem der Container herumschraubten, war weit und breit niemand zu sehen. Aktivisten? Fehlanzeige. Statt der angekündigten Atmosphäre eines offenen, lebendigen Stadtplatzes herrschte eine Mischung aus Baustellenflair und Endzeitstimmung. Immerhin: Den im Artikel erwähnten Blühkugelautomaten habe ich - versteckt in einer der hintersten Ecken - gefunden. Ein hübsches Gerät, das ökologischen Anspruch signalisiert – und das wohl genauso leicht zu bestellen ist wie ein paar Sneaker im Online-Shop. Soll so ein Automat dem Platz mehr „Ökotouch“ verleihen? Das Bio-Saatgut aus dem Automaten wirkt eher wie ein missglückter PR-Gag.

- Der Automat mit den Saatkugeln wirkt hier ein wenig fehl am Platze
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Kompostkiste und "Klabautermann"
Und dort hinten - verborgen zwischen zwei Containern - entdecke ich auch die Kompostkiste, die zentral auf dem Bild prangt, mit dem der Artikel illustriert ist. Wie in dieser klapperigen Baumarkt-Kiste, die auf Pflastersteinen steht, nachhaltig Kompost erzeugt werden soll, erschließt sich mir nicht. Oder diente die Klapperkiste nur als Requisite für die Foto-Inszenierung in der Tageszeitung? Die gleiche Frage stellt sich mir bei der männlichen Person, die ebenfalls auf dem Zeitungsfoto zu sehen ist und bei einem Instagram-Post wie ein "Klabautermann" auf dem Ankerplatz herumhüpft. Mit Karo-Outfit und allerlei Zierrat um den Hals scheint er offenbar der neue "Corporate Influencer" des Platzes zu sein.

- Soll diese Mini-Klapperkiste ernsthaft zum Kompostieren verwendet werden?
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Tristesse in Reinform
Eine Dorothee vom Pflanzteam ließ sich im Artikel übrigens mit der Aussage zitieren: "Dass der Platz öde und leer sei, stimme einfach nicht." Ich war ja nun selbst vor Ort – und ich schwöre: Tristesse in Reinform. Das Einzige, was etwas Leben versprühte, war die aufgebrochene Verriegelung an den Öko-Klos. Ob da wohl jemand plötzlich ein dringendes Bedürfnis hatte? Und dann ist da noch der aus einer Abstellecke hervorgeholte Tischkicker. Soll der ernsthaft Leute anlocken? Eher zweifelhaft. Aber immerhin: Das Gewächshaus auf einem der Container – die sogenannte "Klimakiste" – ist jetzt sogar beschriftet. Dort soll jeder Gemüse nach seinem Gusto anbauen dürfen. Das Problem: Es fehlt leider die Treppe. Hoch kommt man also nicht. Der Bauantrag steht noch aus. Man hatte ja auch erst Jahre Zeit, das zu planen.

- Der Tischkicker macht nicht so richtig Lust auf ein Match
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Imagepflege vor der Ratssitzung?
Ach ja: Die Ankerplatz-Aktivisten betonen, dass das medienwirksame Herumwurschteln auf dem Platz rein gar nichts mit dem politischen Druck zu tun habe. Natürlich nicht! Es ist reiner Zufall, dass just in der Woche vor der entscheidenden Ratssitzung (am kommenden Montag, 31. März) plötzlich Aktivität auf dem Platz sichtbar wird - parallel zur Imagepflege in der Tageszeitung. Im Rat soll nun über einen gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen entschieden werden. Beide Parteien haben sich zusammengerauft, nachdem es einen bitteren Streit über einige Formulierungen im ursprünglichen CDU-Antrag gegeben hatte. Die Grünen bezeichneten Passagen aus der Antragsbegründung als respektlos. Mehr dazu lesen Sie hier: bitte klicken.
Fazit: Der Ankerplatz bleibt ein Ort der großen Versprechen und kleinen Realitäten. Ein Platz voller Ideen – von denen die meisten bislang nur auf dem Papier existieren. Dafür läuft jetzt aber die Imagepflege auf Hochtouren.
Redakteur:Jörg Dammann aus Stade |
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