Ein unlösbares Problem?
Nach Scheidung: Mutter will zurück nach Polen / Wo ist der Platz des kleinen Oskars (3)?
tp. Stade. Ein Kind gehört zur Mutter? Im Fall des kleinen Oskars (3) hat das Amtsgericht Stade anders entschieden: Nach der Scheidung seiner Eltern hat die Richterin Oskars Vater* (39) das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn übertragen. Ein herber Schlag für Oskars Mutter Katarzyna Schindler (32): Sie möchte in ihre Heimat Polen zurückkehren, doch ohne ihr geliebtes Kind mag sie Deutschland nicht verlassen.
Nach der Trennung von ihrem Ex-Ehemann, einem Deutschen mit polnischen Wurzeln, wohnt Katarzyna Schindler mit Oskar allein in Stade. Die Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht, Oskar lebt jeweils eine Woche bei seinem Vater und eine Woche bei seiner Mutter. Nun hat Katarzyna Schindler, Illustratorin und studierte Germanistin, ihr Leben neu geordnet und in Polen einen neuen Partner gefunden. Sie möchte mit Oskar zu dem neuen Lebensgefährten ziehen. In Polen sieht sie für sich gute berufliche Perspektiven.
Über die Pläne der selbstbewussten jungen Frau entbrannte ein Streit um die Frage: Wo ist der Platz des kleinen Oskars? Katarzyna Schindler meint, der Junge sei bei ihr am besten aufgehoben. Sie begründet das unter anderem mit einer naturgegebenen "uralten Bindung" zwischen Mutter und Kind. Überdies sei ihr Leben "auf Oskar aufgebaut". Als Alleinstehende habe sie den Kraftakt bewältigt, Kinderbetreuung, Arbeit und Studium miteinander zu vereinbaren, so Schindler: "Doch die Behörden und das Gericht sehen das nicht und nehmen mir einfach mein Kind weg."
Das Amtsgericht nennt in seinem Urteil nachvollziehbare Gründe, dass Oskar im Fall eines Umzugs der Mutter bei seinem Vater in Stade bleiben soll und stellt dabei das Kindeswohl in den Mittelpunkt: Der Kindesvater verbringe viel Zeit mit dem Sohn, lese ihm vor, koche, schwimme, musiziere, spiele Fußball und fahre Ski mit ihm. Oskar habe seine bisherige Kindheit in Stade verbracht und besuche hier den Kindergarten. Nach Auffassung der Richterin habe Oskar seine gesamten sozialen Bezüge in Stade. Zudem sei sein Vater als Selbständiger hier verwurzelt.
Die Zukunftsperspektive bei der Mutter scheine demgegenüber ungewiss, so das Gericht. Sie habe mit ihrem neuen Partner noch nicht auf Dauer zusammengelebt. Im Fall einer Trennung wäre nicht abzusehen wo die Mutter mit Oskar hinziehen würde. Schließlich sieht das Gericht "erhebliche Bedenken", ob der Kontakt zum Vater in ausreichendem Maß aufrecht erhalten werden könne.
Ein Verfahrensbeistand und das Jugendamt stützen den Gerichtsbeschluss.
In dem Rechtsstreit geht Katarzyna Schindler in die nächste Instanz und zieht vor das Oberlandesgericht (OLG) Celle. Dort schlägt man den zerstrittenen Eltern eine Mediation vor. Ziel dieser freiwilligen Konfliktbearbeitung vor einem Güterichter ist es, für dieses scheinbar unlösbare Problem eine für beide Seiten akzeptable oder sogar vorteilhafte Lösung zu finden.
Katarzyna Schindler fühlt sich durch die Rechtslage "diskriminiert und indirekt gezwungen, in Deutschland zu bleiben".
*Name der Redaktion bekannt
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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