Bis zu elf Euro für eine Schachtel
Gesundheitsminister fordert: Zigaretten müssen teurer werden
Ist das eine elegante Möglichkeit, die Staatskasse zu füllen, oder eine sinnvolle Präventionsmaßnahme: Der niedersächsische Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) hat diese Woche vorgeschlagen, die Tabaksteuer kräftig zu erhöhen. Eine Schachtel Zigarette dürfe gern zehn oder elf Euro kosten, teilte der Minister mit. Zurzeit liegen die Kosten für 20 "Fluppen" zwischen acht und neun Euro.
"Rauchen ist tödlich – hören Sie jetzt auf!" lautet einer von vielen Warnhinweisen, die seit 2016 auf Zigarettenschachteln gesetzlich vorgeschrieben sind. Nikotinsüchtige und Genussraucher beeindruckt das allerdings nur wenig: Laut aktuellen Statistiken liegt der Anteil der Raucher in Deutschland bei etwa 28 Prozent der erwachsenen Bevölkerung. Könnten es weniger sein, wenn an der Kostenschraube gedreht wird?
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Höhere Steuern für den blauen Dunst
In Deutschland wird auf viele Genussmittel eine Steuer erhoben. Der Staat kassiert beispielsweise bei alkoholischen Produkten (mit Ausnahme von Wein) ab. Es gibt eine Branntwein-, eine Bier- und eine Schaumweinsteuer. Richtig teuer ist es aber für diejenigen, die dem Trinkvergnügen den blauen Dunst vorziehen. Bei jedem Zug an der Zigarette verdient der Staat kräftig mit. Der Preis für eine Schachtel Zigaretten der deutschland- und auch weltweit beliebtesten Marke Marlboro liegt mittlerweile bei 8,70 Euro. Das ist mehr als doppelt so viel wie kurz nach der Einführung des Euro. Wenn es nach dem niedersächsischen Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi (SPD) geht, sollten Zigaretten noch teurer werden. "Ich bin der Meinung, dass wir die Steuern auf Tabak nochmal deutlich erhöhen", erklärte der Minister in einem Interview mit der NOZ. Er hält einen Preis von zehn oder elf Euro pro Schachtel für angemessen.
Raucher müssten nach dem Willen des Ministers also deutlich tiefer in die Tasche greifen als bisher. Wer sich tagsüber etwa alle halbe Stunde eine Zigarette ansteckt, muss schon jetzt rund 360 Euro im Monat hinblättern. Würde der Preis für eine 20er-Schachtel auf 11 Euro angehoben, wären das monatlich 100 Euro mehr. Dabei gehören Raucher schon jetzt zu denjenigen, die neben Autofahrern am meisten vom Staat gemolken werden. Denn von jeder Schachtel zum Preis von 8,70 Euro landen derzeit 5,35 Euro beim Fiskus. Das sind 61,4 Prozent. Davon entfallen 3,96 Euro auf die Tabaksteuer und 1,39 auf die Mehrwertsteuer. Bei günstigeren Tabakmarken steigt der Steueranteil sogar auf rund 70 Prozent, da ein Teil der Tabaksteuer zu einem festen Satz von rund 11 Cent pro Zigarette berechnet wird.
Nun kann man Philippi selbst einen guten Vorsatz unterstellen - schließlich ist er Gesundheitsminister und nicht Finanzminister. Zudem sollen die Mehreinnahmen nach seinem Willen verwenden werden, um - wie die NOZ schreibt - "Präventionsangebote zu stärken und auszubauen". Doch auch in der Vergangenheit wurde jede Erhöhung der Tabaksteuer von der Politik stets als Präventionsmaßnahme verklärt. Es hieß immer wieder, die hohen Preise sollten Raucher dazu bewegen, sich die Glimmstängel abzugewöhnen, und junge Leute aus Kostengründen davon abhalten, überhaupt mit dem Rauchen anzufangen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Einnahmen aus der Tabaksteuer in Höhe von jährlich rund 12 Milliarden Euro fest in den Staatshaushalt eingeplant sind.
Von 3 bis 15 Euro: Zigarettenpreise im europäischen Vergleich
Mit rund acht Euro pro Schachtel Zigaretten liegt Deutschland im europäischen Vergleich im preislichen Mittelfeld. Generell sind die Preise in Westeuropa deutlich höher, was vor allem auf strengere Anti-Raucher-Maßnahmen und höhere Steuern zurückzuführen ist. In Osteuropa und einigen südlichen Ländern sind die Zigaretten dagegen noch relativ günstig. Ein Blick über die Landesgrenzen:
- Norwegen: 13 bis 15 Euro – Norwegen hat eine der höchsten Tabaksteuern in Europa
- Irland: 12 bis 14 Euro – Irland erhebt hohe Steuern auf Tabakprodukte
- Vereinigtes Königreich: 12 bis 14 Euro – ähnlich wie in Irland sind die Zigarettenpreise hier aufgrund der hohen Steuern hoch
- Frankreich: 10 bis 11 Euro – Frankreich hat in den vergangenen Jahren die Preise deutlich angehoben
- Schweiz: 8 bis 9 Euro – die Schweiz liegt preislich im oberen Bereich, aber etwas unter den Spitzenreitern wie Norwegen oder Irland
- Deutschland: 7 bis 9 Euro – im Vergleich zu einigen Nachbarländern mittleres Preisniveau
- Spanien: 5 bis 6 Euro – in Spanien sind die Zigarettenpreise im europäischen Vergleich eher moderat
- Italien: Etwa 5 bis 6 Euro – ähnlich wie in Spanien
- Polen: 4 bis 5 Euro – in Osteuropa sind die Preise oft niedriger, und Polen bildet hier keine Ausnahme
- Tschechien: 4 bis 5 Euro – auch hier sind die Preise deutlich niedriger als in Westeuropa
- Bulgarien: 3 bis 4 Euro – damit gehört Bulgarien zu den günstigsten Ländern in der EU
Appell der Stader Gesundheitsdezernentin
Das sagt die Gesundheitsdezernentin des Landkreises Stade, Susanne Brahmst: "Rauchen ist einer der größten vermeidbaren Risikofaktoren für eine Vielzahl von Erkrankungen wie Lungenkrebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Erkrankungen der Atemwege. Jede Zigarette, die geraucht wird, schadet der Gesundheit. Deswegen sollte auf mehreren Wegen versucht werden, die Quote der Raucherinnen und Raucher zu senken. Prävention durch frühzeitige Aufklärung ist dabei neben wirtschaftlichen oder politisch-rechtlichen Maßnahmen ein wichtiger Ansatzpunkt, um dieses Ziel zu erreichen. Bereits über den Hausarzt stehen wirkungsvolle Programme zur Raucherentwöhnung zur Verfügung.
Was bewirkt eine hohe Tabaksteuer?
Ein Bericht der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) bestätigt, dass höhere Tabaksteuern eine wirksame Maßnahme zur Reduzierung des Tabakkonsums sind. Länder, die Tabakprodukte stark besteuern, verzeichnen nicht nur eine geringere Raucherquote, sondern auch einen Rückgang von tabakbedingten Krankheiten wie Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Risiken des Rauchens
Rauchen ist eine der Hauptursachen für zahlreiche schwerwiegende Krankheiten und gesundheitliche Probleme. Es beeinflusst fast jedes Organ des Körpers und kann sowohl akute als auch chronische Erkrankungen auslösen. Dazu gehören:
Lungenkrebs (die giftigen Chemikalien im Zigarettenrauch schädigen die Lungenzellen und führen über Jahre hinweg zu Krebs) sowie andere Krebserkrankungen (Kehlkopf-, Mund- und Rachen-, Speiseröhren-, Bauchspeicheldrüsen-, Nieren-, Blasen-, Magen- und Blutkrebs), chronisch obstruktive Lungenerkrankung (etwa 80 Prozent der COPD-Fälle sind auf das Rauchen zurückzuführen), Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Angina pectoris, Schlaganfall, Bluthochdruck, Atherosklerose, Herzschwäche), Schlaganfall, Atemwegserkrankungen (z.B. Asthma und chronische Bronchitis), Osteoporose, Diabetes Typ zwei, Sehstörungen und Augenerkrankungen wie Grauer Star, Zahn- und Mundkrankheiten sowie Schwangerschaftskomplikationen und Fruchtbarkeitsprobleme.
Gesetzliche Maßnahmen
Merle Altmann (66) aus Buxtehude raucht mit drei Unterbrechungen seit 40 Jahren. 32 Zigaretten reichen bei ihr drei Tage. "Es ist eine Sucht", gibt sie zu. Die Zigarette schmeckt ihr besonders gut in Gesellschaft mit anderen Rauchern – "Rauchen ist kommunikativ", sagt sie. In Verbindung mit einer Tasse Kaffee ist der Griff zur Zigarette zudem ein antrainierter Automatismus.
Dass das Nikotin schädlich ist, weiß sie, es hält sie aber nicht davon ab. Dann schon eher die Kosten. "Noch teurer werde ich mir nur schwer leisten können", sagt die Rentnerin. Sie fühlt sich bei der hohen Tabaksteuer von der Politik ungerecht behandelt und verweist auf die gesundheitlichen Risiken durch Alkohol, Cannabis und Zucker. "Zur Kasse gebeten werden in erster Linie die Raucher."
Neben der Erhöhung der Tabaksteuer hat der deutsche Staat in der Vergangenheit bereits eine Reihe weiterer Anti-Raucher-Maßnahmen eingeführt. Dazu gehören dazu u.a. Werbebeschränkungen. Im Fernsehen und im Radio ist Tabakwerbung bereits seit 1975 verboten. Für Online-Plattformen gilt ein Werbeverbot für Tabakprodukte seit Mai 2016. Seit Januar 2022 gibt es ein komplettes Verbot von Außenwerbung für Tabakprodukte wie Zigaretten und Tabakerhitzer. Im Januar 2023 wurde dieses Verbot auch auf E-Zigaretten ausgeweitet.
Seit 2007 gibt es in Deutschland bundesweite Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden, Arbeitsstätten und öffentlichen Verkehrsmitteln. Viele Bundesländer haben zudem strenge Regelungen für die Gastronomie erlassen, sodass das Rauchen in Restaurants, Bars und Kneipen entweder verboten oder nur in speziellen Raucherbereichen gestattet ist.
Seit 2016 müssen Zigarettenpackungen in Deutschland abschreckende Bilder und Warnhinweise tragen, die auf die gesundheitlichen Folgen des Rauchens hinweisen, wie z. B. Lungenkrebs, Herzkrankheiten oder Zahnschäden. Diese Warnhinweise müssen mindestens 65 Prozent der Vorder- und Rückseite der Packung einnehmen. Der Verkauf von Tabakprodukten an Jugendliche unter 18 Jahren ist in Deutschland seit dem 1. September 2007 verboten. Davor lag das Mindestalter bei 16 Jahren. Tabakprodukte in Automaten dürfen nur noch mit einer Alterskontrolle gekauft werden. (sb/jd)
Soll die Tabaksteuer weiter erhöht werden?
Pro und Kontra aus der Redaktion
Ausdruck staatlicher Bevormundung
Kontra von Redaktionsleiter Jörg Dammann
"Die Tabaksteuer wurde in den letzten Jahren immer wieder angehoben, angeblich zum Schutz der Gesundheit. Doch wie weit soll das noch gehen? Die ständige Erhöhung der Tabaksteuer ist nicht nur eine finanzielle Belastung für Raucher, sondern auch ein Ausdruck staatlicher Bevormundung. Ja, Rauchen ist ungesund, und jeder weiß um die Risiken. Aber warum wird genau hier immer wieder angesetzt, während andere Produkte, die ebenso gesundheitsschädlich sind, kaum angefasst werden?
Ständig steigende Preise sollen uns erziehen, uns zu einem „besseren“ Leben zwingen. Doch sollte es nicht die Entscheidung jedes Einzelnen sein, ob er raucht oder nicht? Raucher sind sich der Konsequenzen ihres Konsums bewusst. Statt sie immer wieder zur Kasse zu bitten, sollte der Staat lieber seriöse Überzeugungsarbeit leisten und Präventionsmaßnahmen anschieben, bei denen nicht der belehrende Zeigefinger erhoben wird.
Außerdem könnten exorbitant hohe Tabaksteuern zu einem weiteren Anstieg des illegalen Zigarettenhandels führen. So werden auch noch kriminelle Strukturen gefördert. Ein weiterer Anstieg der Tabaksteuer bringt uns daher keinen Schritt weiter. Der Staat muss endlich aufhören, diejenigen finanziell zu gängeln, die sich bewusst für den Konsum von Tabak entscheiden."
Das wäre gut investiertes Geld
Pro von Redakteurin Stephanie Bargmann
Der Vorschlag, die Tabaksteuer deutlich zu erhöhen, ist eine kluge und zukunftsweisende Maßnahme. Höhere Tabaksteuern haben sich international als eines der effektivsten Mittel erwiesen, um den Zigarettenkonsum nachhaltig zu senken. Besonders Jugendliche und einkommensschwächere Menschen reagieren sensibel auf Preissteigerungen, wodurch der Einstieg ins Rauchen erschwert und der Ausstieg erleichtert wird. In Deutschland rauchen immer noch zu viele Menschen, was nicht nur die Gesundheit des Einzelnen, sondern auch das Gesundheitssystem belastet.
Die Idee, die Mehreinnahmen gezielt für Präventionsangebote zu nutzen, ist dabei begrüßenswert. Bisherige Aufklärungskampagnen haben bereits Erfolge gezeigt, aber es gibt noch viel Potenzial, vor allem in Schulen und bei jungen Menschen. Indem man die Tabaksteuer erhöht und diese Mittel in umfassende, moderne Präventionsprogramme investiert, könnte ein langfristiger Wandel hin zu einer gesünderen Gesellschaft erreicht werden. Zudem würde dies auch den Ausstieg aus dem Rauchen unterstützen, indem Entwöhnungshilfen verstärkt angeboten werden könnten. Hier müsste die Politik allerdings zu ihrem Wort stehen und in Präventionsangebote investieren. Denn die Tabaksteuer ist nicht zweckgebunden und fließt in den allgemeinen Staatshaushalt.
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