Im Altländer Viertel gibt es noch "eine Menge zu tun"
Altländer Viertel: „Key-Person“ Nasir Rajput sagt, wo der Schuh drückt / Viel Hilfe zur Selbsthilfe
tp. Stade. Mit der Freigabe des Verkehrskreisels und der neuen Steinkirchener Straße im Mai beseitigte die Stadt Stade einen vor Jahrzehnten begangenen städtabaulichen Fehler und befreite das Altländer Vieltel aus der Sackgassenlage. Nun hat das Multi-Kulti-Quartier Anschluss an die City in Richtung Bahnhof. „Ein richtiger Schritt“, sagt Nasir Rajput (63). Der Vater von vier Kindern und Großvater von fünf Enkeln lebt seit 30 Jahren in dem Viertel, wo er sich ehrenamtlich engagiert und vom Stadtteilforum zur Kontaktperson („Key-Person“) berufen wurde. Der gebürtige Pakistani mit deutschem Pass, der Oberhaupt der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Stade ist, zeigt beim WOCHENBLATT-Exklusiv-Rundgang, wo im Viertel der Schuh drückt.
Wohnadresse als Makel? Unter dem „schlechten Ruf“ der Gegend leiden nach eigenem Bekunden Mohamed Chahrour (17), sein Cousin Ahmad Chahrour (21) und Nezar El-Zein (19). Die jungen Muslime, die die Mittlere Reife bzw. Fachhochschulreife haben, finden trotz großer Bemühungen keine Lehrstelle und fühlen sich aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert. Daran habe auch die Umbenennung, etwa der Breslauer Straße in Cranzer Straße, nichts geändert. Ferner beklagen sie das „unattraktive Freizeitangebot“ im Jugendhaus. An dem Gebäude sind zudem die Fensterscheiben demoliert.
Verwilderte Grünanlagen beklagt Viertelbewohner Maik Peters (53) und führt die Mängelliste gemeinsam mit Nasir Rajput fort:
• Verkommener Bolzplatz: Die Stadt hat das Probem erkannt und plant ein neues Kleinspielfeld mit Kunstrasenbelag.
• Heruntergekommenes, verwaistes Basketballfeld.
• Raser in der Tempo-30-Zone. Rajput appelliert an die Polizei, die Verkehrsüberwachung zu intensivieren.
• Kaputte Fußwege und lockere Wegplatten im gesamten Quartier.
• Ungenutzte Brachen zwischen den Wohnblöcken: Rajput schlägt die Anlage von Schrebergärten vor. Eine „alte Idee“, die aus der politischen Diskussion verschwand.
• „Einkaufswagen-Friedhof“ auf einem Parkplatz. Rajput sieht die Mieter in der Pflicht, die Wagen zum REWE -Markt zurückzubringen.
Ein Teil der Viertelbewohner hilft sich selbst. Die Funktion eines Gemeinschaftszentrums erfüllt die hinter einem Lebensmittelladen liegende At-Tawbah-Moschee in einem Ex-Döner-Imbiss. Die muslimische Gemeinde um Imam Yousef El-Zein (50) leistet Flüchtlingshilfe mit Deutschunterricht, gemeinsamem Essen und Teetrinken, Unterstützung von Asylbewerbern in allen Lebenslagen. Für Kinder wurde jüngst ein Zuckerfest zum Abschluss des Fastenmonats Ramadan gefeiert. Mitten im Viertel thronte eine Hüpfburg.
Letztendlich komme es zum Großteil darauf an, dass Bewohner selbst aktiv werden, dann böte das Viertel so manche Chance auf ein gutes Leben, so Rajput. Als die Stadt im Zuge des langjährigen Sanierungsprogrammes Baugrundstücke freigab, errichtete Familie Rajput ein schmuckes Eigenheim im Schatten der Mietsblocks.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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