Lebenslang "Dorf-Sheriff" in Drochtersen
Ein "Moin" löst viele Probleme: Jörg Witt und Lothar Raap waren Land-Kommissare mit Leidenschaft
tp. Drochtersen. Ein Leben lang "Dorf-Sheriff" im selben Ort - das gibt es nur noch selten: Jörg Witt und Lothar Raap (beide 62) haben das zusammen geschafft. Die beiden Polizeihauptkommissare verbrachten ihr gesamtes Berufsleben auf der Polizeiwache in Drochtersen. Nun gehen sie gemeinsam in den Ruhestand - und blicken auf eine aufregende Zeit zurück. Denn auch auf dem platten Land gibt es spannende Fälle zu lösen.
Das Duo Raap und Witt kennt sich seit der Kindheit, beide drückten gemeinsam die Schulbank, spielten Fußball, ließen sich als junge Männer von dem beliebten, inzwischen verstorbenen Drochterser Polizeichef Heinrich Grüning für eine Laufbahn als Schutzmann begeistern. In ihrem riesigen Revier, dem Land Kehdingen zwischen Assel und Balje, war immer was los.
In den 1970er Jahren etwa rückte Lothar Raap mit Kollegen zu einem spektakulären Mord aus. Ein alter Mann war in seiner Wohnung in Wischhafen mit einem Hammer erschlagen worden. Gemeinsam mit der Kripo Stade schnappte Raap den Täter noch am selben Tag: Die Handschellen klickten in einer Kneipe.
Als noch blutjunger Polizist wurde Raap auf einen Obsthof gerufen. Dort hatte sich ein Mann an einem Apfelbaum erhängt. Der damals 19-jährige Raap bewachte alleine die Leiche: "Die Zwei Stunden bis zum Eintreffen der Kripo kamen mir wie eine Ewigkeit vor", erinnert sich der Polizeihauptkommissar.
Jörg Witt wurde in den 1970er Jahren zu einem Verkehrsunfall gerufen, der überregional Schlagzeilen machte: Ein Autofahrer hatte einen Fußgänger angefahren und dabei tödlich verletzt. Der Arm des Unfallopfers fiel nach dem Zusammenstoß durch die zerborstene Windschutzscheibe. Der Unglücksverursacher flüchtete - mit dem Körperteil des Toten an Bord des Pkw. "Nach umfangreichen Ermittlungen konnten wir den Täter stellen", berichtet Witt stolz.
Erst im vergangenen Jahr gelang Witt und Raap gemeinsam ein großer Coup: Mit ihrem Team schnappten sie eine Bande junger Randalierer, die mit einer lange andauernden Serie nächtlichen Vandalismus' für Verunsicherung in der Bevölkerung gesorgt hatten.
Aber auch die vielen Routineeinsätze an der ländlich geprägten Elbmündung machten den Berufsalltag interessant. Gab es auf einem Dorffest mal eine Schlägerei, half die Vertrautheit der plattdeutschen Sprache, den Streit zu schlichten. "Mit einem 'Moin' hatten wir gewonnen", sagen Raap und Witt. Beide sogen "Platt" mit der Muttermilch auf und traten viele Jahre gemeinsam in dem niederdeutschen Laientheater "De Inseloners" auf.
Das Provinzielle hatte auch seine Tücken: Wenn Raap und Witt früher ins abgelegene Freiburg ausrückten, durften sie nie vergessen, 20 Pfennig einzustecken - für die einzige Telefonzelle weit und breit. Ihr Streifenwagen, ein grün-weißer VW-Käfer, hatte kein Funkgerät.
• Die Familienväter und Hobbyköche Witt und Rapp sind ausgebildete Feld-Köche. Rund zwei Jahrzehnte versorgten sie Polizei-Hundertschaften bei Großeinsätzen wie Anti-Atom-Demos in Gorleben mit Essen.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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