Vom Landkreis Stade finanzierte Blühstreifen jährlich abgemäht
Mehr Schein als Sein?

Ein Blütenparadies für Insekten wurde an der L111 für die Aktion "Blühendes Leben" angelegt | Foto: jab
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  • Ein Blütenparadies für Insekten wurde an der L111 für die Aktion "Blühendes Leben" angelegt
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jab. Stade. Blühstreifen auf landwirtschaftlichen Flächen und am Straßenrand bieten vor allem jetzt im Herbst trotz abnehmender Blüte Insekten unter anderem eine wichtige Nahrungsquelle. Dennoch werden sie jetzt mit der Ernte abgemäht. Das lässt einen stutzen, wird doch die Blühstreifen-Aktion "Blühendes Leben" vom Landkreis Stade finanziell gefördert. Das WOCHENBLATT hakte beim Naturschutzamt Stade sowie beim Kreislandwirt Johann Knabbe nach.

Auf einem Feld an der L111 verkündet ein großes Banner, dass hier ein Blühstreifen für Insekten und Wild von Kreisjägerschaft, Kreisbauernverband und Naturschutzamt angelegt wurde. Vom Insektenparadies, das sich hier im Sommer noch befand, ist aber nichts mehr zu sehen. Nach Aussage von Kreislandwirt Johann Knabbe handelt es sich bei dem Feld lediglich um eine Demonstrationsfläche der Kreisjägerschaft. Auf ihr wurden vier regionale Blühmischungen getestet.

Zudem stelle das Feld eine von zwei Varianten der vom Landkreis geförderten Aktion "Blühendes Leben" dar, die lediglich auf maximal eineinhalb Jahre - dann bis Oktober - Blühzeit ausgelegt ist. Eine weitere Variante sieht einen einjährigen Blühstreifen vor, der ab März wieder gemäht bzw. wieder beackert werden darf. Einer der Gründe: "Bisher ist uns keine mehrjährige Blühmischung gelungen", so Knabbe. Die derzeitigen Mischungen kämen hier in Norddeutschland, wo in der freien Natur hauptsächlich Gräser dominieren, nie so wieder durch, wie sie ausgesät wurden.

Knabbe wirft ein, dass viele Landwirte an EU- oder Landesprogrammen teilnehmen und nicht an der Aktion des Landkreises. Diese habe hohe Auflagen, die viele nicht erfüllen können oder wollen. Beispielsweise dürfen sich die Flächen weder an Bundes-, Landes- oder Kreisstraßen sowie an Wegen zur Naherholung befinden, damit sie sich ungestört entfalten können. Auch gebe es Landwirte, die die Flächen freiwillig anlegen.

Insgesamt betrage die Fläche der angelegten Blühstreifen im Landkreis rund 318 Hektar. Für Knabbe ist das schon eine gewaltige Leistung der Landwirte, die Land, das sie für ihren Lebensunterhalt nutzen könnten, hergeben. Allerdings erhalten sie zusätzlich zur Förderung auch eine Entschädigung, so Madeleine Pönitz, Kreisbaurätin des Landkreises Stade. Finanziert wird "Blühendes Leben" im Übrigen durch öffentliche Mittel in Höhe von 35.000 Euro. Das Geld stamme aus der Jagdsteuer, so Pönitz. Ob die Finanzierung der Flächen, die nur für ein Jahr den Insekten zur Verfügung steht, sinnvoll sei, steht für die Kreisbaurätin außer Frage. "Besser als gar nichts." Das bestätigten ihr auch Experten. Dennoch sei eine mehrjährige Bepflanzung erstrebenswerter.

Das Abmähen der extra angelegten Flächen, egal, ob mit Finanzierung oder freiwillig, kritisiert der Vorsitzende der BUND-Ortsgruppe Stade, Heiner Baumgarten. "Gerade jetzt zum Herbst sollten keine radikalen Schnitte durchgeführt werden", so Baumgarten. Auch wenn die Pflanzen nicht mehr ansprechend aussehen, erfüllen sie dennoch wichtige Funktionen. Sie bieten das ganze Jahr über Nahrung und Schutz für Tiere - ganz besonders in der kälteren Jahreszeit. Auch Maden und Larven entwickeln sich über den Winter in den Stängeln abgestorbener Pflanzen und tragen so zur Artenvielfalt im kommenden Jahr bei. Mäht man nun aber die verblühten Flächen ab, fallen viele der positiven Aspekte weg.

Der BUND setzt vor allem auf Aufklärung. "Ziel ist es, nicht nur für ein Jahr die Flächen anzulegen, sondern mehrjährig - am besten sogar dauerhaft mit verschiedenen Stauden und Sträuchern", so Baumgarten. Das Anlegen eines Blühstreifens sei für ihn der erste Schritt, den die Landwirte tun können. Danach geht es um die richtige und vor allem dauerhafte Durchführung. Daher ruft Baumgarten dazu auf, noch vorhandene, aber bereits verblühte Flächen mindestens bis zum Frühjahr stehen zu lassen. Denn nur so können sich alle positiven Aspekte auswirken.

Ein Blütenparadies für Insekten wurde an der L111 für die Aktion "Blühendes Leben" angelegt | Foto: jab
Von der ehemaligen Blütenpracht des Demonstrationsfeldes sind lediglich ein paar Halme übrig geblieben  | Foto: jab
Redakteur:

Jaana Bollmann aus Stade

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