Krisenhelfer in Bundeswehr-Uniform
Soldaten unterstützen den Landkreis Stade im Ernstfall
Ein Samstagmorgen in der Feuerwehrtechnischen Zentrale des Landkreises Stade in Wiepenkathen: Eine Handvoll Uniformierter versammelt sich in einem der Schulungsräume. Die acht Männer tragen aber keine Feuerwehruniform, sondern "Tarnfleck". Sie sind Soldaten. Ihre Dienstgrade reichen von Feldwebel bis Oberstleutnant, meist mit dem Zusatz "der Reserve" (d.R.). Das bedeutet, ihre aktive militärische Laufbahn ist beendet. Jetzt engagieren sie sich im sogenannten Kreisverbindungskommando (KVK). Dieser militärische Stab stellt - einfach ausgedrückt - auf Kreisebene die Nahtstelle zwischen dem Militär und der zivilen Verwaltung dar. Über die Aufgaben des KVK, das im Notfall Hilfseinsätze der Bundeswehr koordiniert, hatte das WOCHENBLATT am Mittwoch im letzten Teil der Katastrophenschutz-Serie berichtet. Jetzt geht es um die Menschen und ihre Motivation, beim KVK mitzumachen.
Oberstleutnant führt das Kommando
Chef des Kreisverbindungskommandos ist Oberstleutnant Arne Wriedt. Der Bargstedter, der im zivilen Leben als Personalleiter bei einer Stader Firma tätig ist, ruft seinen Stab regelmäßig zu Übungen zusammen. An diesem Samstag geht es um ein Thema, das infolge des Ukraine-Krieges verstärkt in den Fokus gerückt ist: die kritische Infrastruktur. "Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie wir als Militär im Krisenfall die zivilen Stellen unterstützen können", erläutert Wriedt. Ziel müsse es sein, auch in Ernstfällen wie etwa bei einem Blackout die wichtigsten Verwaltungsstrukturen aufrechtzuerhalten. Dafür soll zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht werden: Welche Einrichtungen und Betriebe im Landkreis Stade sind der kritischen Infrastruktur zuzuordnen?
Jeder bringt seine berufliche Expertise ein
Bei den Themen, mit denen sich das KVK befasst, bringt jeder Feldwebel und Offizier des Kommandos seine persönliche und berufliche Expertise in die Runde ein. Wie beispielsweise Cord Meyer. Der Oberstleutnant d.R. leitet beim Landkreis das Amt für Abfall- und Kreislaufwirtschaft. Der Chemieingenieur gehört dem KVK wie auch Wriedt seit dessen Gründung im Jahr 2006 an. "Mein Beweggrund, hier im Kommando aktiv zu werden, bestand vor allem darin, mich als Bürger des Landkreises gezielt für die Region engagieren zu können."
Zu den alten Hasen im Kommando, die von Anfang mit dabei sind, zählen auch Wriedts Stellvertreter, Oberstleutnant Arbo von der Ehe und Hauptmann d.R. Arne Bublies. Ihre Beweggründe, sich als als Soldaten der Reserve weiterhin aktiv in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, sind ähnlich wie bei Meyer. Auch Stefan Clement, als Oberleutnant zur See d.R. der einzige Marine-Offizier im KVK, und Stabsfeldwebel d.R. Matthias Baack möchten mit ihrem ehrenamtlichen Engagement einen persönlichen Beitrag dazu leisten, dass die Region auch in schwierigen Situationen gut geschützt ist. "Hier ist meine Heimat, hier leben die Menschen, denen ich eng verbunden bin", sagt Baack.
Flutkatastrophe und Krieg als Beweggründe
Noch nicht so lange dabei ist Ralf van Treeck. Der Oberleutnant d.R. diente in den 1980ern als Zeitsoldat. Der Unternehmensberater hatte danach fast 30 Jahre lang keine Berührungspunkte mehr mit der Bundeswehr. "Deren Einsatz bei der Flutkatastrophe im Ahrtal hat mir gezeigt, welche wichtige Aufgaben die Truppe gerade beim Katastrophenschutz übernehmen kann." So entstand der Entschluss, beim KVK mitzumachen.
Projektentwickler David Lieske wiederum entschied sich nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, wieder bei der Bundeswehr anzuklopfen. Der Grünen-Kommunalpolitiker und Feldwebel d.R. hatte Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen und gelangte zu der Überzeugung, dass sich Deutschland auf jeden Fall im Bündnis mit anderen demokratischen Staaten der russischen Bedrohung widersetzen muss. Die Bundeswehr nahm seine Bewerbung dankend an: "Innerhalb von vier Wochen steckte ich wieder in einer Uniform."
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