Ungewöhnliche Kirchennamen Teil 1
St. Dionysius und St. Wulphardus: Wer kennt diese Heiligen?
Viele evangelische Kirchen tragen noch immer den Namen von Heiligen - auch wenn es bei den Protestanten keine Heiligenverehrung wie in der katholischen Kirche gibt. Vielen Kirchgängern dürfte der Name ihrer Kirche, die sie jetzt zum Ostergottesdienst besuchen, gar nicht geläufig sein. Bei den bekannteren Heiligen wie St. Martin (z.B. Assel und Estebrügge) oder St. Nikolaus (z.B. Jork-Borstel und Bützfleth) bzw. bei den Evangelisten (z.B. St. Paulus in Buxtehude) wissen die meisten noch etwas mit den Namen anzufangen. Doch gilt das auch für St. Dionysius oder St. Wulphardus? Das WOCHENBLATT hat ein paar Kirchen aus der Region ausgewählt, die einen etwas ungewöhnlicheren Namen tragen, und bietet ein paar kurze Infos zu den Namensgebern.
Doch wie passt das überhaupt zusammen: eine evangelische Kirche mit einem Heiligennamen? Die Protestanten übernahmen während der Reformation viele katholische Kirche. Diese waren bereits geweiht und benannt. Folglich blieb oftmals der ursprüngliche Name bestehen, auch wenn kein Heiligenkult mehr praktiziert wurde. Die Anbetung einzelner Heiliger in der katholischen Kirche geht zurück auf die Märtyrer-Verehrung des frühen Christentums. Man ging davon aus, dass Menschen, die ihr Leben für den christlichen Glauben ließen, nach ihrem Tod sofort in den Himmel kommen. Dort, so die Hoffnung der Gläubigen, könnten sie quasi als Mittler Fürsprache bei Gott einlegen. Luther hat eine solche Mittlerfunktion der Heiligen ausgeschlossen.
Hier nun ein Beispiele zu ungewöhnlichen Kirchennamen aus der Region:
St. Cosmae et Damiani, Stade
Die Legende von Kosmas und Damianus reicht bis in die frühchristliche Zeit zurück. Ursprünglich aus Syrien stammend, sollen sie im 3. Jahrhundert unter der Herrschaft von Kaiser Diokletian in Aigeai in Kilikien (heutige Türkei) gelebt haben. Gemäß der Legende waren Kosmas und Damianus christliche Brüder, die als Ärzte praktizierten und Kranken ohne Bezahlung halfen. Dabei sollen sie viele Menschen zum Christentum bekehrt haben. Sie wurden wegen ihres Glaubens verfolgt und schließlich unter dem römischen Kaiser Diokletian hingerichtet.
Die Verehrung der beiden breitete sich von Syrien über Palästina und Ägypten bis nach Konstantinopel und Rom aus. Reliquien der Heiligen wurden in verschiedenen Städten und Regionen aufbewahrt. Im Bremer Dom wurden im Jahr 1334 angeblich vergessene Reliquien der Heiligen wiederentdeckt und in einem prächtigen Schrein aufbewahrt. Kosmas und Damian werden u.a. als Schutzpatrone von Ärzten, Apothekern und Kranken verehrt. Darstellungen zeigen sie oft mit medizinischen Instrumenten oder als Ärzte in roten Mänteln. Kosmas wird meist als studierter Arzt und Damianus als Wundarzt oder Apotheker dargestellt.
St. Dionysius, Hamelwörden
Dionysius von Paris, auch bekannt als Denis war ein Missionar, der im 3. Jahrhundert in Gallien wirkte. Geboren vermutlich um das Jahr 250, wurde Dionysius von Papst Fabianus zusammen mit sechs anderen Bischöfen als Missionar nach Gallien geschickt. Der frühmittelalterliche Geschichtsschreiber Gregor von Tours berichtet, dass Dionysius um 250 erster Bischof von Paris wurde. Während seiner Predigten in Paris wurde er vom römischen Statthalter verhaftet und zusammen mit seinen Begleitern Rustikus und Eleutherius enthauptet.
Die Legende besagt, dass Dionysius nach seiner Hinrichtung sein abgeschlagenes Haupt aufnahm, es in einer nahegelegenen Quelle reinigte und dann zu dem Ort ging, an dem er begraben werden wollte. Dort wurde später die Abtei St. Denis errichtet, die bis in die Neuzeit Grablege der französischen Könige war.
Dionysius gilt als Nationalheiliger Frankreichs und Schutzpatron der französischen Könige. Dionysius wird meist als Märtyrer dargestellt, der sein eigenes abgeschlagenes Haupt trägt. Diese Darstellung wurde durch die Legende seiner Hinrichtung geprägt. Er ist bekannt für seine Schutzpatronate gegen Kopfschmerzen und Tollwut.
St. Katharinen, Bliedersdorf
Katharina von Alexandrien soll im 3. Jahrhundert in Ägypten geboren worden sein. Der Legende nach war Katharina eine hochgebildete Frau, die für ihren christlichen Glauben eintrat. Als der römische Kaiser Maxentius Christen verfolgte, soll Katharina ihm entgegengetreten sein. Angeblich führte sie eine öffentliche Debatte mit den besten Philosophen des Kaisers, bei der sie alle vom Christentum überzeugt hat. Trotz grausamer Folterungen hielt Katharina standhaft an ihrem Glauben fest. Schließlich wurde sie um das Jahr 306 enthauptet. Zu ihrer Märtyrerlegende gehört, dass Milch statt Blut aus ihren Wunden geflossen sein soll.
Ihre Verehrung begann im 7. Jahrhundert und breitete sich schnell aus. Katharina zählte im Mittelalter zu den populärsten Heiligen. Sie wurde Schutzpatronin zahlreicher Berufe und Städte, aber auch von Schulen und philosophischen Fakultäten. Die Verehrung der heiligen Katharina zeigt sich in verschiedenen Bräuchen, wie dem Katharinenmarkt, bei dem Volksfeste gefeiert werden. Auch die Tradition der "Katharinenblumen", die am katholischen Feiertag Allerseelen (2. November) auf Gräber gelegt werden, ist weit verbreitet.
St. Mauritius, Hittfeld und Hollern-Twienlenfleth
Mauritius wird seit dem 4. Jahrhundert als Heiliger verehrt. Mauritius soll aus Ägypten oder dem Sudan stammen. Die Legende besagt, dass Mauritius während der Herrschaft des römischen Kaisers Maximian Kommandeur der Thebaischen Legion war, die aus vorwiegend christlichen Soldaten bestand. Als die Legion den Befehl erhielt, gegen Christen vorzugehen, weigerte sich Mauritius. Mit seinen Männern wurde er um das Jahr 300 in der Nähe von Agaunum (Saint-Maurice) im Wallis hingerichtet. Mauritius wurde schnell zu einem Schutzheiligen des Militärs. Sein Mut und seine Standhaftigkeit vor dem Tod machten ihn zu einem Symbol der Tapferkeit und des Widerstands gegen Ungerechtigkeit.
Der deutsche Kaiser Otto der Große sorgte schließlich dafür, dass Mauritius seit dem 10. Jahrhundert auch hierzulande verehrt wurde. Otto gründete u.a. das Mauritiuskloster in Magdeburg. Zahlreiche Kirchen, Klöster und Städte wurden nach ihm benannt oder haben ihn zum Schutzheiligen erwählt. Aufgrund seiner afrikanischen Herkunft wird Mauritius bereits im Mittelalter als dunkelhäutiger Ritter dargestellt. Die Legende von der Mauritiuslanze, die dem Träger Unbesiegbarkeit in der Schlacht versprach, wurde im Hochmittelalter populär.
St. Primus, Bargstedt
Primus soll um das Jahr 305 in Mentana bei Rom den Märtyrertod erlitten haben. Primus und sein Bruder Felicianus waren der Legende nach zwei vornehme Römer, die sich nach ihrer Taufe entschieden, das Christentum zu verbreiten. Trotz der systematischen Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Diokletian setzten sie ihre missionarische Arbeit fort. Sie wurden schließlich angeklagt, da sie sich weigerten, den römischen Gottheiten zu opfern. Nach einer grausamen Folter wurden sie enthauptet.
Die Reliquien von St. Primus wurden im 7. Jahrhundert nach Rom in die Kirche Santo Stefano Rotondo überführt. Kirchen, die St. Primus und Felicianus geweiht sind, finden sich vor allem in Österreich und Slowenien. Mittelalterliche und neuzeitliche Darstellungen von St. Primus sind selten. Häufig werden er und sein Bruder während ihres Martyriums oder in antikem Gewand ohne weitere Attribute dargestellt.
St. Wilhadi, Stade
Willehad war ein angelsächsischer Missionar und der erste Bischof von Bremen. Er wurde um 740 in Northumbria (England) geboren und verstarb 789 in Blexen an der Weser. Um das Jahr 770 begann Willehad seine missionarische Tätigkeit in Friesland und setzte sie später im Gebiet der Sachsen fort. Er wurde im Auftrag von Karl dem Großen entsandt und hatte maßgeblichen Anteil an der Christianisierung dieser Regionen. Nach dem Sachsenaufstand von 782 musste Willehad vorübergehend fliehen, kehrte aber nach der Taufe des Sachsenführers Widukind im Jahr 785 in sein Missionsgebiet zurück.
Im Jahr 788 gründete Karl der Große das Bistum Bremen und ernannte Willehad zum ersten Bischof. Dieser machte Bremen zu seinem Sitz und begann mit dem Aufbau der kirchlichen Strukturen in der Region. Ein Jahr später weihte Willehad den ersten Bremer Dom, der damals noch ein Holzbau war. Willehad wurde bald nach seinem Tod als Heiliger verehrt. Zahlreiche Kirchen und Kapellen im Norden wurden ihm zu Ehren geweiht - von Nordjütland bis nach Niedersachsen. Seine im frühen Mittelalter verfasste Biografie und die Berichte über seine Wundertaten sind wichtige historische Quellen.
St. Wulphardi, Freiburg
St. Wulphardi bezieht sich auf den Heiligen Wolfhard. Der gelernte Sattler wurde um das 1070 in Augsburg geboren. Wolfhard unternahm als junger Mann eine Pilgerreise nach Rom. Schließlich fand er im norditalienischen Verona seine Heimat. Dort erlangte er Bekanntheit als bester Sattler der Stadt. Ebenso bekannt war er dafür, dass er Armen und Bedürftigen half. Der Trubel um seine Personen wurde Wolfhard schließlich zu viel. Er zog sich als Einsiedler in die Abgeschiedenheit des Waldes im Südtiroler Etschtal zurück. 20 Jahre soll er dort ausschließlich mit Gebet und Meditation verbracht haben.
Jäger sollen ihn schließlich entdeckt und überredet haben, nach Verona zurückzukehren. Er trat als Laienbruder in ein Kloster ein und ließ sich als sogenannter Inkluse in eine kleine Kammer einschließen, um sich ganz dem Gebet zu widmen. Darin verbrachte Wolfhard zehn Jahre bis zu seinem Tod im April 1127. Die Verehrung für Wolfhard dauerte über seinen Tod hinaus an. Obwohl er ursprünglich unter der Türschwelle des Klosters begraben werden wollte, erhielt er einen Marmorsarg und wurde in der Klosterkirche beigesetzt. Wolfhard wird bis heute als Patron der Sattler verehrt.
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