Baustopp bleibt bestehen
Surfpark Stade: Oberverwaltungsgericht erklärt Bebauungsplan für unwirksam
Der 1. Senat des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg hat den Bebauungsplan der Hansestadt Stade für den Surfpark für unwirksam erklärt. Dem Urteil ging eine fünfstündige mündliche Verhandlung voraus. Außerdem wurden die Beschwerden gegen den vom Verwaltungsgericht Stade im April angeordneten vorläufigen Baustopp für das Kernstück des Surfparks (Surfbecken mit Technikbereich) zurückgewiesen. Geklagt gegen die Surfpark-Pläne hatten die Naturschutzorganisation BUND sowie ein benachbarter Landwirt. Ihre Kritik: Die Planung sei insbesondere im Hinblick auf den Wasser- und Energiebedarf des Surfparks sowie hinsichtlich naturschutzrechtlicher Belange fehlerhaft.
B-Plan widerspricht Vorgaben der Regionalen Raumordnung
Das OVG Lüneburg erklärte den B-Plan der Stadt jetzt aus verschiedenen Gründen für unwirksam. Zunächst sei der Plan nicht an die Ziele der Raumordnung angepasst. Nach dem maßgeblichen Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) des Landkreises Stade sei das Plangebiet Teil eines ca.160 Hektar großen Vorranggebiets für industrielle Anlagen und Gewerbe. Für dieses Gebiet sehe das RROP die Ansiedlung insbesondere großindustrieller Anlagen des produzierenden Gewerbes - hierzu zählen beispielsweise die chemische Industrie oder der Maschinen- und Fahrzeugbau - vor.
Die von dem Bebauungsplan ermöglichten Nutzungen, zu denen auch Übernachtungsangebote gehörten, würden die Möglichkeiten der Ansiedlung von solcher Großindustrie erheblich einschränken. Tatsächlich hatte sich die Hansestadt Stade in den 2000ern ernsthafte Hoffnungen gemacht, dass dort der Autobauer BMW ein Werk errichtet. Diese Pläne hatten sich aber schnell zerschlagen. Inzwischen hat Stade längst davon Abstand genommen, auf diesem Areal südlich der Stadt Industrie anzusiedeln.
Erheblicher Eingriff in das Landschaftsbild
Außerdem, so monieren die Lüneburger Richter, habe die Hansestadt die Auswirkungen der Planung auf das Landschaftsbild falsch eingeschätzt. Die Stadt sei fälschlicherweise von einem nicht erheblichen Eingriff ausgegangen. Zwar könnte diese Annahme durchaus zutreffend sein, so das OVG. Doch im konkreten Fall der Surfpark-Planungen fehlen nach Auffassung des Gerichts "hinreichende Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen". Mit dem Bau des Surfparks würde ein erheblicher Eingriff in das Landschaftsbild vorgenommen werden. Das ergebe sich allein daraus, dass der B-Plan auf eine vollständige Eingrünung des Plangebiets verzichtet.
Vom Stader Verwaltungsgericht verhängter Baustopp bleibt bestehen
Im Beschwerdeverfahren hat der Lüneburger Senat den vom Verwaltungsgericht Stade angeordneten Baustopp aufrechterhalten. Aufgrund der Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Bebauungsplans sei der Surfpark im Außenbereich unzulässig, weil er umweltbezogene öffentliche Belange namentlich des Natur- und Landschaftsschutzes beeinträchtige. Zwar spricht das OVG Lüneburg von "erheblichen Zweifeln" an der Argumentation der Stader Verwaltungsrichter, was die vermeintlich fehlerhafte Behandlung des Artenschutzrechts und der Belange des Klimaschutzes betrifft. Weil der B-Plan aber wegen der anderen genannte Punkte unwirksam ist, haben die Lüneburger Richter diese Fragen letztlich offengelassen.
In diesem sogenannten Normenkontrollurteil zur Unwirksamkeit des B-Plans wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Dagegen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. Der Beschluss im Beschwerdeverfahren hingegen ist unanfechtbar.
Erste Stellungnahme aus dem Stader Rathaus
Das Gericht habe in der mündlichen Verhandlung die Rechtsauffassung der Stadt im Wesentlichen bestätigt - insbesondere im Hinblick auf Klimaschutz und Artenschutz, heißt es in einer ersten Stellungnahme aus dem Stader Rathaus. "Gleichwohl bemängelte das Gericht die unzureichende Abwägung im Hinblick auf das Landschaftsbild, nutzungsbezogene Festsetzungen und das Entwicklungsgebot hinsichtlich der Ziele der Raumordnung", so Stades Pressesprecher Stephan Voigt.
"Hinsichtlich der verbliebenen Beanstandungen am Bebauungsplan werden wir die schriftlichen Urteilsgründe abwarten und kurzfristig die Heilung vorbereiten", sagt Stades Bürgermeister Sönke Hartlef(CDU). "Eine erneute Beschlussfassung über den B-Plan wird dann zeitnah veranlasst." Der Bürgermeister hervor, dass die Hansestadt Stade die Planungen der Investoren unterstütze, weil der Surfpark für Stade "eine überregionale Strahlkraft für Touristen" haben werde und mit dem neuen Angebot vor allem junge Menschen angesprochen werden. „Außerdem passt ein solcher Surfpark hervorragend zum maritimen Charakter Stades und dürfte unsere Stadt auch als Wohn- beziehungsweise Arbeitsort noch attraktiver machen“, so Hartlef.
BUND begrüßt Lüneburger Entscheidung zum Baustopp
"Auch wenn das Gericht seine Entscheidung primär nicht auf Natur- und Artenschutz begründet hat, so hat er doch die zahlreichen Fehler in der Abwägung für andere Belange, die vom BUND auch vorgetragen wurden, als so gravierend angesehen, dass der B-Plan keine Rechtswirksamkeit entfalten kann", fasst Heiner Baumgarten, Kreisvorsitzender des BUND Stade, das Ergebnis der Verhandlung vor dem OVG Lüneburg zusammen. „Wir begrüßen vor allem, dass der 1. Senat des OVG auch die Beschwerden der Stadt und des Investors abgewiesen hat, sodass der Baustopp weiter bestehen bleibt. Der Surfpark wäre in der freien Kulturlandschaft als Fremdkörper erschienen und das Landschaftsbild nachhaltig geschädigt“, so Baumgarten weiter.
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