Situation im Kreis Stade spitzt sich zu
Wie geht es weiter mit dem Wolf?
Fünf Schafe sind am vergangenen Wochenende nach einem Wolfsangriff auf eine Herde bei Kranenburg an der Oste getötet worden. Das bestätigt das niedersächsische Umweltministerium in der offiziellen Nutztierschaden-Datenbank auf seiner Internetseite. Damit wächst der Druck auf Umweltminister Christian Meyer (Grüne), eine rechtssichere Möglichkeit zum Abschuss sogenannter Problemwölfe zu schaffen. Am Montag wird sich Meyer bei einem Treffen mit mehreren Landräten viel Kritik anhören müssen.
"Wolfsgebiet"-Warnschilder
Erst wenige Tage vor der jüngsten Wolfsattacke hatte Kranenburgs Bürgermeisterin Margitta Bertram bei einer Veranstaltung in der Wingst vor fast 2.000 Menschen eindrucksvoll geschildert, wie beinahe täglich Wölfe durch ihr Dorf streifen und die Bewohner verängstigen (das WOCHENBLATT berichtete). Erneute Risse waren also nur eine Frage der Zeit. Jagdpächter Olaf Plehn hatte in Kranenburg unlängst gelbe Warnschilder mit der Aufschrift „Wolfsgebiet“ aufgestellt. Bei der vom ehemaligen „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust moderierten Talkrunde war die Stimmung angespannt. Kein Wunder: Mehrere Dutzend Schafe sind seit Jahresbeginn bei Angriffen durch Wölfe alleine im Landkreis Cuxhaven verletzt oder getötet worden. Die Frustration im ländlichen Raum ist groß.
Minister Meyer antwortet nicht
Im Landkreis Stade gab es bereits im vorigen Herbst eine Serie von Rissen in Kehdingen, an der Oste und vor den Toren Stades. Inzwischen ist auch das Alte Land betroffen: Auf der Jorker Elbinsel Hahnöfersand sind im März dieses Jahres sieben Deichschafe nach einer Wolfsattacke getötet worden, vier wurden verletzt, zwei blieben verschollen. Stades Landrat Kai Seefried (CDU) hatte sich sofort an Umweltminister Meyer gewandt und um Unterstützung gebeten – doch eine Antwort aus Hannover steht noch immer aus. Oldendorf-Himmelpfortens Samtgemeinde-Bürgermeister Holger Falcke (parteilos) hatte Meyer nach mehreren Rissen an der Oste bereits im Herbst geschrieben – und wartet ebenfalls immer noch auf eine Antwort.
Erneut Risse im Kreis Harburg
Auch die Fälle, die das Umweltministerium seit Jahresbeginn für das Harburger Kreisgebiet veröffentlicht hat, sind erschreckend: In Asendorf bei Jesteburg wurde ein Rind gerissen, in Meilsen bei Buchholz fielen dem Wolf vier Schafe zum Opfer. Auch im Raum Hollenstedt gab es jüngst Risse: In Wenzendorf starb ein Schaf, drei weitere wurden verletzt, in Appel wurde ein Schaf getötet. In Neu Wulmstorf-Elstorf wurde ein getötetes Schaf gefunden, ein weiteres ist verschollen. Nie zuvor wurden so viele Weidetiere vom Wolf gerissen wie 2023, als bundesweit 1.400 Nutztierrisse zu beklagen waren. Insgesamt beläuft sich die Zahl in den vergangenen Jahren auf mehr als 10.000.
Druck auf die Politik wächst
„Wir verlieren jeden Tag Vertrauen in der Bevölkerung“, hatte Landrat Seefried die gegenwärtige Situation kommentiert. Er setzt auf ein persönliches Gespräch mit Umweltminister Meyer: Mit Vertretern aus einem Dutzend Landkreisen trifft sich Meyer am Montag. Die Landräte hatten auf den Termin gedrängt, um ihre Forderung nach eindeutigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu untermauern. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte im Oktober vorigen Jahres angekündigt, dass die Bundesländer zum Jahresbeginn 2024 Verordnungen für erleichterte Abschüsse von Wölfen vorlegen würden. In Niedersachsen liegt eine solche Verordnung bisher nicht vor. Ob seitens der Landesregierung jetzt wirklich Bewegung in die Sache kommt, darf indes bezweifelt werden. Schließlich hatte Meyer selbst am Rande einer Veranstaltung im Stader Kreishaus im Januar die baldige Veröffentlichung der Verordnung in Aussicht gestellt – das war vor vier Monaten.
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