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Rechtssicherheit soll beim Wolf geschaffen werden

Folgen der Krankenhausreform
Den Kliniken fehlen Millionen

Siegfried Ristau | Foto: Elbe Kliniken

Die im Mai vom Bundeskabinett beschlossene Krankenhausreform bereitet den für die Krankenhausplanung zuständigen Ländern Sorge. Sie befürchten, dass infolgedessen viele kleinere Krankenhäuser, insbesondere im ländlichen Raum, schließen müssen. Das WOCHENBLATT befragte bereits exemplarisch die Geschäftsführung für die Krankenhäuser Buchholz und Winsen zur aktuellen Situation der Krankenhäuser (https://www.kreiszeitung-wochenblatt.de/331649

Angst vor dem Krankenhaus-Sterben

). Heute folgt das Statement von Siegfried Ristau, Geschäftsführer der Elbe Kliniken Stade-Buxtehude.

WOCHENBLATT: Wie hoch wird das Minus am Jahresende sein und was sind die Hauptgründe dafür?

Siegfried Ristau: Die wirtschaftliche Lage vieler deutscher Krankenhäuser hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert. Viele Kliniken sind von der Insolvenz bedroht. Die Elbe Kliniken waren jahrelang nicht von Verlusten betroffen. Das ist unter den aktuellen Voraussetzungen nicht mehr möglich. Wir gehen Stand jetzt von einem Jahresminus im siebenstelligen Bereich aus.

Grund ist eine insgesamt dramatische Unterfinanzierung der Kliniken. Bereits seit vielen Jahren werden die Personalkostenentwicklungen und andere Preissteigerungen nicht in Gänze ausgeglichen. Gleichzeitig müssten wir trotz verstärkter Ambulantisierung die Behandlungszahlen im stationären Bereich auf Vor-Corona-Niveau erreichen, um unsere Kosten gedeckt zu bekommen. Alleine dadurch fehlen uns Millionen.

WOCHENBLATT:
Sind die Krankenhäuser zum Spielball der Politik geworden? Wie lange kann das noch funktionieren?

Siegfried Ristau:
Das funktioniert so lange, bis auch den Trägern der Kliniken das Geld ausgeht. Alleine im letzten Jahr mussten vorrangig Kommunen sowie kirchliche Träger in Niedersachsen rund 600 Millionen Euro ausgeben, um ihre Krankenhäuser am Leben zu erhalten.

Es ist völlig unstrittig, dass es einer grundsätzlichen Krankenhausreform bedarf. Durch die Fachkräfteproblematik, die demografische Entwicklung und die Grenzen, an die unsere Sozialkassen stoßen, ist eine Veränderung unausweichlich. Doch viele Krankenhäuser werden den Weg bis dorthin aus wirtschaftlichen Gründen nicht überstehen können.

Ein Reformprozess muss gesetzgeberisch verlässlich begleitet werden, ohne die Krankenhäuser dabei ausbluten zu lassen.

WOCHENBLATT: Wie sehen Sie die Vielzahl an Vorschlägen des Gesundheitsministers und wie wirkt sich das auf die Motivation der Mitarbeiter aus?

Siegfried Ristau:
Der Grundgedanke der Krankenhausreform, die mehr Ambulantisierung, Zentralisierung und Schwerpunktbildung mit sich bringen wird, ist wichtig und absolut erforderlich. Die Art und Weise der Umsetzung ist jedoch eine Farce. Der aktuelle Gesetzentwurf bietet den Krankenhäusern überhaupt keine Chance, die Reform umzusetzen. Hierfür müssten die Krankenhäuser strukturell komplett anders aufgestellt sein. Das dauert Jahre und kostet viel Geld.

Trotz der von der Politik vorgegebenen unsäglichen Rahmenbedingungen sind die Mitarbeitenden hoch motiviert und übernehmen Tag für Tag rund um die Uhr eine hervorragende Patientenversorgung.

WOCHENBLATT:
Was erwarten Sie von der Krankenhausreform?

Siegfried Ristau:
Seit der Mitte der Neunziger Jahre unterliegen die Krankenhäuser praktisch einem Sparzwang. Seitdem wurde alles Notwendige getan, um so effizient wie möglich zu sein. Nun ist das Ende der Fahnenstange erreicht.

Man könnte auch hochdefizitäre Bereiche wie zum Beispiel die Notfallversorgung reduzieren. Alleine dadurch könnten wir siebenstellige Beträge einsparen. Dass das keine Option ist, sollte selbstverständlich sein. Wir haben einen Versorgungsauftrag und den wollen wir auch erfüllen. Also müssen die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden.

WOCHENBLATT: Was bedeutet „Ambulantisierung“ und wie könnte dies helfen, kostengünstiger zu arbeiten?

Siegfried Ristau:
Durch die stetige Weiterentwicklung in der Medizin ist es vielfach möglich geworden, Operationen ambulant durchzuführen. Um diesen Prozess sinnvoll zu gestalten, sind jedoch ganz andere Behandlungsabläufe und die dafür notwendigen Strukturen erforderlich. Ungeklärt ist zudem, wie eine ambulante Nachsorge von Patienten aussehen soll. Hier gibt es noch viele offene Fragen. Ambulantisierung wird schon jetzt immer wichtiger. Es fehlt allerdings noch die richtige Infrastruktur in den Kliniken dafür.
Die Überschriften der Krankenhausreform sind durchaus richtig. Die inhaltliche Ausgestaltung ist jedoch nicht dazu geeignet, um die Ziele zu erreichen. Sie führt eher dazu, dass die jetzigen Strukturen zerstört werden und keine besseren Strukturen geschaffen werden können, um die genannten Ziele zu erreichen. Dabei braucht es jetzt Lösungen – auch um der schwierigen Situation der Sozialkassen und dem problematischen Fachkräftemarkt zu begegnen. Der QR-Code führt zum Interview mit der Geschäftsführung der Krankenhäuser Buchholz und Winsen

Redakteur:

Stephanie Bargmann aus Stade

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