Umweltminister gab ausweichende Antworten
Enttäuschender Ministerbesuch in Stade zum Thema Wolf
Nutztierhalter sind nach der Häufung von Wolfsrissen in der Region in großer Sorge. Wen trifft es als Nächsten? Nach der Wolfsattacke auf zwei Rinder in Wiepenkathen hat Stades Landrat Kai Seefried die Initiative ergriffen und eine Abschussgenehmigung beantragt (mehr dazu lesen Sie hier). Gleichzeitig lud er Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) ein, sich vor Ort selbst ein Bild zu machen und mit Schäfern und Landwirten zu sprechen, die bereits Tiere durch Wölfe verloren haben. Der Kontakt mit den Schäfern kam nicht zustande. Und der aus dem Kreishaus ans Ministerium herangetragene Vorschlag, den Minister-Besuch beim Wiepenkathener Landwirt Jan Heins auszurichten, wurde abgelehnt. Der Minister wolle nicht auf die Rinderweide, hieß es aus Hannover. Stattdessen traf sich Meyer im Stader Kreishaus mit Vertretern von Landvolk, Deichverbänden, Landwirtschaftskammer sowie der Politik. Nach der knapp einstündigen Unterredung hinter verschlossenen Türen verkündete der Minister: "Das Land steht an der Seite der Weidetierhalter." Man könne mit der Wolfspolitik nicht weitermachen wie bisher.
Zeitlich befristeter Abschuss von Wölfen
Meyer räumte ein, dass man mit dem bisherigen formalen Prozedere, das für den Abschuss eines einzelnen Problemwolfes erforderlich ist - nicht weiterkomme. Hinsichtlich der Wolfsangriffe auf Schafherden vertrat er aber weiterhin eine altbekannte Position: "Der Herdenschutz bleibt das A und O." Wenn es dann aber in einer Region trotz eines guten Herdenschutzes zu einer Häufung von Nutztierschäden komme, müsse künftig eine zeitlich und räumlich befristete Entnahme von Wölfen möglich sein - unabhängig vom genetischen Nachweis eines konkreten Exemplars. Dieser Nachweis muss bei dem jetzigen Verfahren nach mindestens zwei Wolfsrissen geführt werden, bevor ein Abschuss genehmigt werden kann.
Minister setzt auf regionales Wolfsmanagement
Der Minister betonte: Ziel müsse ein "regional differenziertes Wolfsmanagement" sein, bei dem schnelles Handeln nach Attacken auf Nutztiere, insbesondere auf Deichschafe, möglich sei. Als Minister, der auch für den Küstenschutz zuständig sei, wisse er um die Bedeutung der Schafe für den Schutz und Erhalt der Deiche. Eine regionale Steuerung der Wolfspopulationen, die im Bedarfsfall den Abschuss beliebig vieler Wölfe in einem bestimmten Zeitraum beinhalte, könne Niedersachsen aber nicht im Alleingang umsetzen, so der Minister. Man sei auf die Zustimmung seitens des Bundes und der EU angewiesen. Meyer merkte in diesem Zusammenhang an, dass im Landkreis Stade laut dem Wolfsmonitoring des Landes bisher kein Wolfsrudel nachgewiesen werden konnte.
Herdenschutz bei den Schafen verstärken
Nach Einschätzung des Umweltministeriums leben bereits 500 bis 600 Wölfe in Niedersachsen. Aktuell werden 49 Rudel gezählt. "90 Prozent dieser Rudel sind unauffällig", so der Minister. Lediglich sechs Rudel seien im vergangenen Jahr mit mehr als acht Rissen gezählt worden. Für Meyer steht fest: "Der Wolf wird in Niedersachsen bleiben." Er setze deshalb weiter darauf, Herdenschutzmaßnahmen zu fördern und diese entsprechend finanziell auszustatten. Sinnvoll ist nach Meyers Ansicht der Einsatz von Herdenschutzhunden. Wo diese eingesetzt seien, würde die Zahl der Wolfsrisse stagnieren. Der Einsatz von Zäunen wiederum sei nur bei Schafen finanziell vertretbar. Um alle Weiderinder mit wolfssicheren Zäunen zu schützen, müssten landesweit 1,4 Milliarden Euro aufgebracht werden, für den Schutz der Pferde auf ihren Koppeln wäre weitere 600 Millionen Euro erforderlich.
Kritik an ausweichenden Antworten des Ministers
Während der Minister am Rednerpult seine Positionen erläutern, verfolgten viele Teilnehmer der vorausgegangenen Gesprächsrunde Meyers Ausführungen mit versteinerter Miene. Die Enttäuschung über das Treffen stand vielen ins Gesicht geschrieben. So auch Helmut Dammann-Tamke. Der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete und jetzige Präsident des Deutschen Jagdverbandes (DJV) erklärte, er nehme dem Minister nicht ab, dass dieser tatsächlich ein funktionierendes Bestandsmanagement mit allen Konsequenzen wolle. Offenbar scheue Meyer die Auseinandersetzung mit seiner Parteigenossin, der Bundes-Umweltministerin Steffi Lemke. Immer wieder habe er auf Berlin und Brüssel verwiesen, sowie auf schwierige rechtliche Rahmenbedingungen und auf eine angeblich lückenhafte Datenlage.
Dammann-Tamke kritisierte, dass der Minister vielen konkreten Fragen zum Umgang mit dem Wolf ausgewichen sei. Auch auf die mehrfach geäußerte Frage, ob er die Bundes-Umweltministerin auffordern werde, gegenüber der EU-Kommission von einem guten Erhaltungszustand der Wolfspopulation in Deutschland zu berichten, habe die Runde keine klare Aussage erhalten. Dammann-Tamkes Fazit: "Die Menschen hier vor Ort wollten Antworten, doch diese haben sie von Meyer nicht bekommen."
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