Reaktionen der Landkreise Harburg und Stade
Niedersachsen öffnet den Wald für Windkraftanlagen
(ts). Die Landesregierung will die Nutzung der Windenergie kräftig ausbauen. Damit setzt sie ein deutliches Signal für die Energiewende und das Erreichen der Klimaziele. Mit einem neuen Erlass bringt Niedersachsens Umwelt- und Klimaschutzminister Olaf Lies (SPD) Schärfe in den ohnehin umstrittenen Windenergieausbau. Denn Niedersachsen will den Wald behutsam für Windkraftanlagen öffnen.
Zwar ist Olaf Lies davon überzeugt, dass Windräder etabliert und Teil der norddeutschen Kulturlandschaft seien. 200 Meter hohe "Spargel" ( so nennt der Volksmund die Windkraftanlagen) inmitten des Waldes dürften auch vielen Umweltschützern Unbehagen bereiten.
Wie gewöhnungsbedürftig die Passage des Niedersächsischen Windenergieerlasses ist, zeigen erste Stellungnahmen der Kreisverwaltungen in Stade und Winsen. Der Landkreis Stade sehe die Errichtung von Windenergieanlagen in Wäldern "eher kritisch", antwortete die Kreisverwaltung dem WOCHENBLATT. Sie gibt zu verstehen, dass Windkraftanlagen im Wald - wenn überhaupt - im Süden des Landes vorstellbar seien. Der Landkreis Stade sei sehr waldarm und die Waldflächen daher von größerer Bedeutung als in Südniedersachsen.
Subversiver gibt die Kreisverwaltung im Landkreis Harburg zu verstehen, dass Windkraftanlagen ihrer Ansicht nach nicht in den Wald gehören. Auf die Frage, wie sie Windräder in den Staatsforsten beurteilt, listet sie zahlreiche Ausschlussgründe aus dem aktuellen Entwurf des Landesraumordnungsprogramms auf: Historisch alte Waldstandorte, Waldschutzgebiete oder Natura-2000-Gebiete (sie bilden ein EU-weites Netz von Schutzgebieten für Tiere und Pflanzen) sollen frei von Windkraftanlagen sein.
Der neue Windenergieerlass der niedersächsischen Landesregierung macht deutlich, dass genügend Fläche für den Ausbau der Windkraft zur Verfügung stehen muss. Niedersachsen hat sich das Ziel gesetzt, ab dem Jahr 2030 auf 2,1 Prozent der Landesfläche Windenergie zu erzeugen. Die Marke bis 2030 sieht 1,4 Prozent der Landesfläche vor. Hintergrund: Spätestens bis 2040 will das Bundesland den Energiebedarf komplett aus erneuerbaren Energien erzeugen. Das ist in der Landesverfassung festgelegt.
Der Erlass verpflichtet die Landkreise in Niedersachsen zwar nicht, jeweils 2,1 Prozent des Kreisgebiets für Windenergie auszuweisen. Die Zielmarke gilt aber als Orientierung. Es sei folgerichtig, dass die 2,1-Prozent-Marke für Windräder bei der regionalen Planung geprüft werden muss, sagte Niedersachsens Umwelt- und Klimaschutzminister Olaf Lies (SPD) bei der Bekanntgabe des Windenergieerlasses.
Der Landkreis Harburg müsste mehr als 2.000 Hektar zusätzlich ausweisen
Der Landkreis Harburg müsste kräftig Flächen ausweisen, um das Landesziel zu erreichen. Derzeit sind im Landkreis Harburg lediglich 558,5 Hektar als sogenanntes Vorranggebiet Windenergie ausgewiesen. "Um den Wert von 2,1 Prozent zu erreichen, müssten weitere 2.056,5 Hektar ausgewiesen werden", antwortete die Kreisverwaltung dem WOCHENBLATT.
Lediglich 0,45 Prozent der Kreisfläche seien derzeit als Vorranggebiete für Windenergienutzung ausgewiesen. Damit ist der Landkreis meilenweit von der Zielmarke entfernt, müsste 1,65 Prozent der Landkreisfläche zusätzlich zur Verfügung stellen.
Offenbar geht der Landkreis Harburg davon aus, unter dem Landesziel zu bleiben: Der Landkreis sei landesweit überdurchschnittlich bei der Bevölkerungsdichte (bei tendenziell wachsender Bevölkerung) und der Verkehrswegeausstattung. Auch gebe es viele Großschutzgebiete wie zum Beispiel die Lüneburger Heide oder die Landschaftsschutzgebiete sowie aufgrund der Nähe zu Hamburg zahlreiche Gewerbegebiete, welche eine Flächenausweisung für Windenergienutzung einschränken, argumentiert die Kreisverwaltung in Winsen.
Im Landkreis Stade ist der Flächenanteil für Windenergie deutlich höher: Der aktuelle Entwurf des Regionalen Raumordnungsprogramms sehe Vorranggebiete für Windenergie in einem Umfang vor, der etwa 1,7 Prozent der Landkreisfläche ausmacht. Streben die Landkreise Harburg und Stade das Ziel an, 2,1 Prozent der jeweiligen Landkreisfläche für Windenergie zu reservieren? Beide Kreisverwaltungen antworten ähnlich ausweichend: Das habe der Kreistag zu entscheiden. Auf die ehrenamtlichen Politiker kommt bis 2030 also mächtig Wind zu.
Windenergie-Vorhaben in der Region:
Landkreis Stade: Zurzeit laufen Genehmigungsverfahren für drei Windenergieanlagen sowie den Forschungswindpark Krummendeich. Insgesamt neun im Jahr 2020 genehmigte Windenergieanlagen werden zurzeit errichtet. Darüber hinaus sei laut Kreisverwaltung absehbar, dass einige bestehende Windparks repowert (modernisiert und zur Leistungssteigerung erhöht) werden sollen.
Landkreis Harburg: Bis Ende 2020 wurde sieben Vorhaben mit insgesamt 23 Windenergieanlagen genehmigt. Davon sind vier Windenergieanlagen noch nicht errichtet. In Planung, das heißt im laufenden Genehmigungsverfahren befinden sich sechs Vorhaben mit insgesamt zwölf Windenergieanlagen. Angemeldet sind zurzeit zwei Vorhaben mit voraussichtlich vier Windenergieanlagen.
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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