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Realitätsfern? Niedersachsen will Messerverbot verschärfen
Die tödliche Messerattacke eines afghanischen Flüchtlings auf einen Polizisten in Mannheim erschüttert ganz Deutschland. Gewalttaten mit Messern ereignen sich in unserem Land fast täglich. 2023 wurden fast 14.000 Straftaten registriert, bei denen ein Messer gezückt oder zugestochen wurde. Zuletzt hat der Messermord von Stade die Menschen in der Region schockiert. Die niedersächsische Landesregierung will jetzt den Bund im Rahmen einer Bundesratsinitiative auffordern, die Regelungen des Waffengesetzes zum Tragen von Messern in der Öffentlichkeit zu verschärfen. Kritik an der rot-grünen Initiative gibt es von der CDU-Opposition. So hält die Buxtehuder CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter strengere Regelungen beim Mitführen von Messern für "realitätsfern".
WOCHENBLATT-Umfrage zur Verschärfung des Messer-Verbots:
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Keine Messer mit Klingen über sechs Zentimetern
Niedersachsen setzt sich dafür ein, dass die Waffenrechtsnovelle beim Thema Messer überarbeitet wird. So schlägt die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) zur Bekämpfung der zunehmenden Messerkriminalität weitere Einschränkungen beim Umgang mit Messern in der Öffentlichkeit vor. Neben einem Verbot sämtlicher Springmesser soll künftig untersagt sein, Messer mit einer feststehenden Klinge ab sechs Zentimetern mit sich führen. Derzeit gilt das Verbot erst ab einer Klingenlänge von zwölf Zentimetern.
Verbot geht an Lebensrealität vorbei
"Ein Verbot für feststehende Messer ab sechs Zentimetern Klingenlänge geht doch völlig an der Lebensrealität vorbei", kritisiert Butter, die stellvertretende Vorsitzende des wichtigen Innenausschusses im Landtag ist. Wenn sie mit ihrer Familie einen Ausflug unternehme und picknicken gehe, nehme sie auch mal ein etwas längeres Messer zum Schneiden von Käse oder Wurst mit, so Butter. Die CDU-Politikerin hält die Begrenzung auf sechs Zentimeter für fragwürdig: "Damit besteht die Gefahr, ganz normale Bürger zu kriminalisieren." Das Gleiche gelte für die rot-grünen Pläne, das Mitführen von Messern in Bahnen und Bussen nur noch in verschlossenen Behältern zuzulassen.
Wer soll das Verbot überwachen?
Der Ansatz, bei den Messern strengere Regeln anzuwenden, sei vor dem Hintergrund der jüngsten Bluttat in Mannheim verständlich, so Butter. Aber Straftäter ließen sich von einem solchen Verbot ohnehin nicht abhalten. "Und wer soll dieses Verbot überhaupt kontrollieren?", fragt Butter. Wenn strafrechtliche Konsequenzen drohen, müsse die Einhaltung von Gesetzen auch überwacht werden. Schließlich sei ein langes Messer nicht per se gefährlich, sondern erst in den Händen eines Straftäters. Doch umfangreiche Kontrollen könne die Polizei aufgrund ihrer hohen Arbeitsbelastung wohl kaum gewährleisten, meint die Buxtehuder CDU-Politikerin: "Ich halte den Vorschlag der Landesregierung für eine unpraktische Maßnahme."
Ausnahmen für legitime Zwecke
Zumindest Butters Befürchtung, dass womöglich das Familien-Picknick vor dem Richter endet, scheint nach einer WOCHENBLATT-Anfrage beim niedersächsischen Innenministerium ausgeräumt.: "Wer mit ganz normalen Gebrauchsmessern z.B. zum Kochen zu Freunden fährt, ist nicht von den verschärften Regelungen betroffen", erläutert Ministeriums-Pressesprecher Oliver Rickwärtz. Das Gesetz solle klar differenzieren, ob Messer missbräuchlich als Waffe mitgeführt würden oder zu legitimen anderen Zwecken, so Rickwärtz.
Es sei demnach zulässig, wenn jemand ein längeres Messer im Rahmen der Berufsausübung dabeihabe oder die Verwendung des Messers "der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck" diene, so der Ministeriumssprecher. Als Beispiel nennt er das besagte Picknick, aber auch "Bergsteigen, Gartenpflege, Rettungswesen, Brauchtumspflege, Jagd und Fischerei". Und auch die Pfadfinder können aufatmen: Sie dürfen laut Ministeriumssprecher ebenfalls weiterhin mit ihren Fahrtenmessern unterwegs sein.
Entwarnung für Schweizer Taschenmesser
Birgit Butter äußerte die Sorge, dass womöglich ihr geliebtes Schweizer Taschenmesser ebenfalls von den rot-grünen Verbotsplänen betroffen sein könnte. Hier gibt das niedersächsische Innenministerium aber Entwarnung. Das rote Universal-Klappmesser dürfe weiterhin in der Öffentlichkeit mitgeführt werden, heißt es auf WOCHENBLATT-Nachfrage. "Die meisten verkehrsüblichen Taschenmesser haben keine einhändig feststellbare oder feststehende Klinge, sodass sie nicht von der (Gesetzes-)Verschärfung betroffen sind", erklärt Ministeriums-Pressesprecher Oliver Rickwärtz. Die Gefahr von Klappmessern sei als gering einzustufen, weil die Klinge beim Einsatz als Hieb- und Stoßwerkzeug in der Regel einklappen werde, so die Einschätzung aus dem Innenministerium.
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