Nicht vorbereitet auf den Ernstfall
Schutzräume für die Bevölkerung im Kreis Stade: Fehlanzeige
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat den Demokratien in West- und Mitteleuropa drastisch vor Augen geführt, wie fragil die Sicherheitslage auf unserem Kontinent ist. Die Stärkung der militärischen Abschreckung kann aber nur eine der Antworten auf die neue Bedrohung durch Russland sein. Auch beim Zivilschutz für die Bevölkerung, der nach dem Ende des Kalten Krieges sträflich vernachlässigt worden ist, muss etwas passieren. Über dieses Thema hatte sich kürzlich die Buxtehuder CDU-Landtagsabgeordnete Birgit Butter Gedanken gemacht: Sie fragte bei der Landesregierung vor rund einem Monat nach, wie es um die zivilen Schutzräume im Landkreis Stade bestellt ist (das WOCHENBLATT berichtete). Jetzt liegt die Antwort aus Hannover vor. Diese ist alles andere als erfreulich.
Anfrage von Birgit Butter an die Landesregierung
"Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger muss oberste Priorität haben", begründete Butter ihre "kleine Anfrage" an die Landesregierung. Ihr ging es um einen aktuellen Überblick für den Landkreis Stade. Das Land sollte den Bestand der einsatzbereiten öffentlichen Schutzräume im Kreisgebiet benennen und eine Übersicht der jeweiligen Eigentumsverhältnisse liefern. Butter, die kommunalpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Landtag ist, wollte außerdem wissen, ob eine Wiedereinführung der Zivilschutzbindung für entwidmete öffentliche Schutzräume möglich ist.
Es gibt keine Schutzräume mehr
Warum das Land für die jetzt vorgelegte Antwort auf Butters Anfrage so viel Zeit benötigt hat, ist verwunderlich. Denn die Beantwortung der sieben Fragen fällt äußerst knapp aus. Aber was soll man auch antworten, wenn es inhaltlich kaum etwas zu sagen gibt? Gleich bei der ersten Frage nach einsatzbereiten öffentlichen Schutzräumen fällt die Rückmeldung ernüchternd aus: Es stünden keinerlei solcher Räume bereit, so die Antwort aus Hannover. Damit hat sich bereits Butters Frage erledigt, wie viele Personen in diesen Schutzräumen Platz finden. Auch die Beantwortung weiterer Fragen - etwa zu den Eigentumsverhältnissen - ist somit überflüssig.
Land verweist auf Zuständigkeit des Bundes
Ebenso ernüchternd ist die Antwort des Landes bei Butters Frage nach der Zahl der sogenannten Hausschutz- und Schulschutzräume im Landkreis Stade, die möglicherweise wieder für den Zivilschutz genutzt werden könnten. Auch hier könne man keine Angaben machen, da diese Räume "bereits im Jahr 2009 per Allgemeinverfügung aus der Zivilschutzbindung entlassen" worden seien. Zu den Fragen, ob die Landesregierung erstens Maßnahmen unternimmt, um entwidmete Schutzräume wieder für den Zivilschutz zu nutzen, und zweitens den Bau neuer Zivilschutzeinrichtungen im Kreisgebiet plant, verweist Hannover auf die Zuständigkeit des Bundes: Es seien "keine Maßnahmen seitens der Landesregierung vorgesehen".
Nur allgemeine Ausführungen
Statt befriedigender Antworten bekommt Butter aber jede Menge allgemeine Ausführungen geliefert - inklusive der Erkenntnis, dass den "aktuellen Gefahren für die Zivilbevölkerung durch fortschrittliche Waffentechnologien (extrem kurze Vorwarnzeiten, Präzisionsangriffe auf kriegsrelevante Objekte, die zu Kollateralschäden in der Zivilbevölkerung führen) mit einem modernen Schutzraumkonzept zu begegnen" sei. Ein solches Konzept werde derzeit von einer Facharbeitsgruppe unter Leitung des Bundes-Innenministeriums erstellt, so der Hinweis aus Hannover.
Ein bitteres Fazit
Butters bitteres Fazit ihrer Anfrage: Im Katastrophenfall sei die Zivilbevölkerung im Landkreis Stade nahezu schutzlos - es sei denn, die Bürger haben selbst vorgesorgt. Sie werde mit dem Landkreis und dem Bund Kontakt aufnehmen, um zu klären, ob und wie Abhilfe geschaffen werden kann.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.