Diskussion reißt nicht ab
Stader Kreispolitik macht Müllabholung erneut zum Thema
jab. Landkreis. Das war ein Eingeständnis, mit dem wohl nicht viele gerechnet haben: Während der Ausschusssitzung für Regionalplanung und Umwelt räumte Kreisbaurätin Madeleine Pönitz ein, dass im Vorfeld der Ausschreibung zur Müllentsorgung Fehler gemacht worden seien. Die Liste der Straßen, die auch künftig nicht durch die Mini-Müllfahrzeuge angefahren werden können, war bei der Debatte wieder das Streitthema, das für Diskussionen sorgte. (das WOCHENBLATT berichtete)
Nicht mehr, wie anfangs geplant 420 Straßen, sondern nach ausführlicher Prüfung 654 können nicht durch die regulären Müllfahrzeuge bedient werden, da die Wege nicht über eine ausreichende Wendemöglichkeit oder Breite verfügen. Die Kreisverwaltung versuchte zu beruhigen: Die Straßen mit Erschwernissen bei der Müllabfuhr machen lediglich sieben Prozent aus. Grund für den Anstieg sei vor allem die Vorgabe der Berufsgenossenschaft, nach der es aus Sicherheitsgründen nicht mehr erlaubt ist, rückwärts in die Straßen zu fahren. Straßen, die weiterhin so durch das Müllunternehmen Karl Meyer angefahren werden, befahre das Unternehmen auf eigenes Risiko, erklärte die Verwaltung.
Ab dem 1. Juli fahren die Bonsai-Fahrzeuge
Eine weitere Angabe sorgte ebenfalls für Diskussionen: Nur 151 der 654 Straßen können von den sogenannten Bonsai-Fahrzeugen angefahren werden. Das sind deutlich kleinere Müllautos. Auch diese Zahl schockierte die Politik. Denn es war eine Bedingung bei der Vergabe, durch die Minis eine Verbesserung für die Bürger im Landkreis zu erreichen. Ab dem 1. Juli fahren die Kleinfahrzeuge in den Samtgemeinden Apensen und Lühe. Die übrigen Kommunen folgen bis zum Ende des Jahres. In Straßen, in denen die Kleinfahrzeuge eingesetzt werden, würden künftig die Meyer-Mitarbeiter auch die Gelben Säcke und Papiertonnen von der Grundstücksgrenze abholen, heißt es vom Unternehmen Karl Meyer.
Für die Straßen, die nicht mit den "Bonsais" angefahren werden können, sollen Sammelstellen die Lösung sein. Für 202 Straßen gebe es diese bereits, bei den restlichen 301 würden noch welche eingerichtet, so die Verwaltung.
Forderung nach weniger Sammelstellen
Verena Wein-Wilke (Grüne) forderte von der Kreisverwaltung, dass nicht einfach nur neue Sammelstellen eingerichtet werden, sondern dass vor allem daran gearbeitet wird, den Bürgern Lösungsvorschläge zu liefern. "Weniger Sammelstellen" lautet ihre Forderung.
Die Politik forderte zudem mehr Transparenz. Das habe bislang nicht geklappt. Wein-Wilke sprach sogar von einem "Vertrauensschaden". "Die Diskussion, die wir seit Monaten führen, hätten wir vor der Ausschreibung führen sollen", so Björn Protze (SPD). Um Fehler bei der nächsten Ausschreibung zu vermeiden, sollten sich Politik und Verwaltung die aktuelle noch einmal genau ansehen.
Zumutbar oder Zumutung?
(sb). Was kann man dem Bürger zumuten und was ist zuviel verlangt? Wo die Mülltonne entleert werden sollte, wird derzeit im Landkreis Stade heiß diskutiert. Während viele Haushalte den Service genießen, ihre Abfallbehälter nur am Straßenrand direkt vor dem Grundstück bereitstellen zu müssen, gibt es für viele andere weiter entfernte Sammelstellen. Ist das zumutbar oder eine Zumutung? Dazu jeweils ein Statement von Jaana Bollmann und Stephanie Bargmann aus der WOCHENBLATT-Redaktion.
Das ist eine Zumutung
Die schwere Mülltonne nicht nur bis zum Bürgersteig ziehen, sondern hundert oder mehr Meter weiter zum Sammelpunkt? Das geht gar nicht! Wir zahlen alle brav die Gebühren, damit der Müll bei uns abgeholt wird. Da ist es nicht verständlich, die bezahlte Leistung in Teilen noch selbst auszuführen.
Dass die Müllfahrzeuge nicht einfach so rückwärts fahren dürfen, ist sinnvoll, geht es doch um die Sicherheit. Doch wo ist das Problem, die Fahrer in den engen Straßen durch die Kollegen - es fährt nicht nur ein Müllwerker allein zur Müllabholung - beim Rückwärtsfahren einzuweisen? Die Arbeiter könnten auch die Tonnen von der Grundstücksgrenze abholen. Das wäre Service, den ich in dem Fall auch extra bezahlen würde.
Gedacht werden sollte auch die Älteren und die Personen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, und für die es eben nicht so einfach möglich ist, eine schwere Tonne so weit zu bewegen.
Und was ist, wenn an der Sammelstelle mal etwas in meine Tonne geschmissen wird, das dort nicht hinein gehört? Dann habe ich zusätzlichen Ärger und mein Müll wird nicht entsorgt. Jaana Bollmann
Das ist zumutbar
Für viele erstrebenswert: Leben in einer ruhigen Wohngegend, am liebsten mit ganz wenig Verkehr vor der eigenen Haustür. Aber es kann auch Nachteile geben. Beispiel Müllabfuhr: Wer in einer engen Straße wohnt, bei dem wird die Mülltonne im Zweifelsfall seit Kurzem nicht mehr an der Grundstücksgrenze entleert.
Das ist für alle, die vor Einführung dieser Regelung noch den "vollen Service" genießen durften, natürlich eine Umstellung. Der höhere Aufwand ist allerdings zumutbar. Denn er dient der Sicherheit der Müllwerker, Anwohner und Passanten und kann Leben retten. Ich selbst gehöre zu denen, die von einer Sammelstelle betroffen sind. Und ich kann aus Erfahrung sagen: Das Ziehen der Tonnen ist für einen gesunden Menschen kein allzu großer Kraftaufwand. Für nicht rüstige Senioren oder Personen mit körperlicher Beeinträchtigung kann man durchaus auf Nachbarschaftshilfe setzen. Ideales Modell: Die Jüngeren ziehen die vollen Tonnen zur Sammelstelle, die Älteren die leeren dann wieder zurück. Diese kleine nachbarschaftliche Hilfe sollte für jeden selbstverständlich sein. Stephanie Bargmann
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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