Viele können sich Mieten später nicht leisten
Studie warnt: Kreis Stade steuert auf Wohnungsnot für Senioren zu

Viele Senioren müssen mit einer äußerst knappen Rente auskommen. Sie werden sich höhere Mieten nach einer altersgerechten Sanierung ihrer Wohnung kaum leisten können | Foto: Adobe Stock/ Irene
  • Viele Senioren müssen mit einer äußerst knappen Rente auskommen. Sie werden sich höhere Mieten nach einer altersgerechten Sanierung ihrer Wohnung kaum leisten können
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Der Landkreis Stade steht in den kommenden 20 Jahren vor einer massiven Herausforderung im Wohnungssektor: Bis 2045 werden mehr als 11.000 altersgerechte Wohnungen benötigt. Doch der Markt kann diesen Bedarf längst nicht decken. Dies zeigt eine aktuelle Untersuchung des Pestel-Instituts aus Hannover, die die Situation im Kreis Stade detailliert analysiert. Bereits heute fehlen überall Wohnungen für Senioren. Die Lage wird sich durch den demografischen Wandel weiter verschärfen.

Seniorenboom: 9.600 Rentner mehr bis 2035

Die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Stade zeigt eine klare Richtung: Bis 2035, wenn alle Babyboomer in Rente sind, wird die Zahl der Menschen im Ruhestand um 9.600 auf mehr als 53.000 ansteigen. Viele dieser Senioren benötigen barrierefreien Wohnraum – doch dieser ist kaum vorhanden. Laut Pestel-Institut gibt es aktuell etwa 96.700 Haushalte im Landkreis Stade, wobei 34 Prozent davon bereits von Senioren bewohnt werden. Doch der Anteil seniorengerechter Wohnungen ist deutlich zu gering. Schon heute bräuchte der Kreis Stade mindestens 7.500 altersgerechte Wohnungen, so Matthias Günther, Leiter des Pestel-Instituts. Doch der Markt gibt das bei Weitem nicht her. In 20 Jahren werde die Situation noch dramatischer sein. Dann soll der Bedarf an Seniorenwohnungen um die Hälfte höher sein als jetzt.

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Neubau und Sanierung als Maßnahmen 

Um den Wohnungsmarkt auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten, sind laut den hannoverschen Wissenschaftlern zwei Maßnahmen entscheidend: erstens der Neubau von Seniorenwohnungen und zweitens eine Sanierungsoffensive für bestehende Gebäude. Doch aktuell mangele es an politischem Willen, diese Probleme gezielt anzugehen, meint Günther. Das Thema „Senioren-Wohnen“ werde vernachlässigt. „Statt die Situation mit gezielten Programmen anzugehen, erleben wir vor allem eine Vogel-Strauß-Taktik“, kritisiert der Experte. Der Bund habe das Problem seit Jahren ignoriert. Die Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), Katharina Metzger, fordert, dass der Wohnungsbau bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD ein Schwerpunktthema sein müsse. Der BDB hatte die Regional-Untersuchung zum seniorengerechten Wohnen in Auftrag gegeben.

Senioren können sich Mieten nicht leisten

Ein weiteres Problem stellt die finanzielle Lage vieler Senioren dar. Viele Babyboomer hatten Phasen der Arbeitslosigkeit oder waren im Niedriglohnsektor tätig. Dadurch fallen ihre Renten eher gering aus. Das bedeutet: Viele können sich die Miete für eine altersgerechte Wohnung schlichtweg nicht leisten. Diese werde zur "K.o-Miete", so Günther. Er verweist auf die Studie seines Hauses, wonach aktuell 60 Prozent der Seniorenhaushalte im Landkreis Stade weniger als die durchschnittliche Kaltmiete von 7,30 Euro pro Quadratmeter zahlen. Doch der Wissenschaftler warnt: "Eine Wohnung altersgerecht zu machen, kostet Geld
und schraubt die Miete nach oben. Aber eine höhere Miete können sich viele Ältere einfach nicht leisten. Und
erst recht nicht die Kosten für eine seniorengerechte Sanierung ihrer Wohnung." Günther warnt davor, dass künftig viel mehr ältere Menschen auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden, um überhaupt eine Wohnung zu haben. 

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Wohnungsbau als Konjunkturmotor

Doch nicht nur die Wohnsituation der Senioren macht Experten Sorgen – auch die Bauwirtschaft steht vor Herausforderungen. Falls die Sanierungsoffensive nicht bald in Gang komme, könnten zahlreiche Arbeitsplätze im Baugewerbe in Gefahr geraten. Eine künftige schwarz-rote Bundesregierung müsse den Wohnungsbau als Motor für die Binnenkonjunktur entdecken und nutzen, so die BDB-Präsidentin: "Es geht um mehr Seniorenwohnungen, die durch Neubau und Sanierung entstehen müssen – auch im Landkreis Stade." Der Bund habe den Neubau von Wohnungen zu wenig und außerdem auch noch falsch gefördert, meint Metzger: „Statt wenige Gebäude mit übertriebener Klimaschutztechnik zu fördern, muss der Bund künftig deutlich mehr Geld für mehr Wohnungen in die Hand nehmen, die dann auch barrierearm sein müssen. Was er bislang in das Senioren-Wohnen investiert hat, ist nicht mehr als der Tropfen auf dem heißen Stein.“