Zukunft der Landwirtschaft
Teilnehmer diskutierten in Stade über Digitalisierung und Finanzierung von Agrarbetrieben
jab. Stade. "Von den heutigen 36.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Niedersachsen werden laut Studien im Jahr 2030 nur noch rund 6.000 vorhanden sein." Das sagte Ralf Poppe (Bündnis 90/Die Grünen) jüngst zur Eröffnung der Podiumsdiskussion in der Stader Seminarturnhalle. Als Moderator zeichnete er ein drastisches Bild für die ca. 80 Zuhörer, die an diesem Abend teilnahmen. Die meisten sind oder waren selbst in der Landwirtschaft tätig.
Zur Diskussionsrunde waren neben Claus Schmoldt, Vorsitzender der Junglandwirte, und Heiner Baumgarten, Vorsitzender des BUND Niedersachsen, die agrarpolitischen Sprecher Miriam Staudte, Mitglied des Niedersächsischen Landtags für das Bündnis 90/Die Grünen, und Helmut Dammann-Tamke, Mitglied des Niedersächsischen Landtags für die CDU, eingeladen. Mit Hinblick auf die kommenden Europawahlen und die aktuelle Beratung der EU zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in der Periode 2012 bis 2027 äußerten die Beteiligten ihre Wünsche zur finanziellen Unterstützung der Landwirtschaft durch die EU.
In puncto Erhalt von familiären landwirtschaftlichen Betrieben waren sich alle Akteure einig. Auch darin, dass die Landwirte von ihrem Auskommen leben können müssen. Laut Schmoldt müsse dafür aber jeder seinen Beitrag leisten - sowohl die Politiker als auch der Verbraucher mit der Wahl seiner Lebensmittel. Allerdings müssen auch die Landwirte ressourcenschonend arbeiten, da sich der Anspruch der Gesellschaft geändert habe, so Staudte. Auch Dammann-Tamke sieht in der Qualität den größten Anreiz für Verbraucher, bestimmte Lebensmittel zu kaufen. Baumgarten ist zusätzlich der Meinung, dass die Landwirte den Arten- und Umweltschutz mehr unterstützen sollten, dafür dann aber auch besser honoriert werden. Schließlich könne man nicht auf immer kleiner werdenden Flächen immer mehr produzieren und dazu noch mehr exportieren. "So löst man keine Umweltprobleme", stellte Baumgarten fest.
Ein weiteres, stark diskutiertes Thema war die Digitalisierung. Dammann-Tamke ist davon überzeugt, dass sie zwar noch ungeahnte Veränderungen mit sich bringen, aber diese sich positiv u.a. auf den Prozess der Lebensmittelherstellung auswirken werden. Staudte hingegen sieht die Digitalisierung in der Landwirtschaft sehr kritisch. Sie befürchtet, dass am Ende alle Produkte nur noch aus einer Hand kommen und somit die Marktmechanismen ausgehebelt werden. Schmoldt dagegen hat keine Angst vor der Digitalisierung. Allerdings sollte sie dem Landwirt eine Hilfe sein. Die Finanzierung der Landwirtschaft war ebenfalls ein heiß diskutiertes Thema. Anlass zur Diskussion boten die zwei Säulen zur Finanzierung der Landwirtschaft durch EU-Fördermittel. Die Direktzahlungen (1. Säule), die die Landwirte pro Hektar erhalten, sollen zwar bleiben, so Staudte. Dennoch müsse es mehr Förderung für kleine Höfe geben. Die Finanzierung könne laut Baumgarten allerdings nicht weiterhin zu 70 Prozent aus irgendwelchen Töpfen kommen. Durch faire Preise sollen die Landwirte ihr Auskommen selbst erwirtschaften, so der BUND-Vorsitzende.
Die 2. Säule betrifft Zahlungen an Landwirte, die sich für Natur, Umwelt und das Tierwohl einsetzen. Zudem gibt es auch Zahlungen für die Entwicklung des ländlichen Raumes. Staudte ist der Auffassung, dass die finanziellen Mittel aus der 1. Säule in Zukunft vermehrt in die 2. Säule verschoben werden sollten, um dann auch verstärkt die positiven Handlungen der Landwirte zu fördern.
Baumgarten sieht die Zahlungen allein bei dem Versuch, etwas Positives zu leisten, kritisch. "Bezahlungen sollten erst getätigt werden, wenn auch wirklich Leistungen erbracht wurden." Dammann-Tamke widersprach Staudtes Aussagen ebenfalls. Die 1. Säule stelle eine Verlässlichkeit und Planbarkeit zum Einkommen dar. "Das kann nicht von heute auf morgen auslaufen", so der Christdemokrat. Dennoch ist er der Meinung, dass auch die Mittel der 2. Säule einkommenswirksam bei den Betrieben ankommen sollten. Schmoldt fasste mit seiner Aussage die Diskussion zusammen: "Wir brauchen vor allem Konzepte zur Finanzierung, die nicht gleich wieder geändert werden."
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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