Statt 1,7 künftig 3,04 Prozent
Windkraft-Flächen sollen sich im Landkreis Stade fast verdoppeln

Im Landkreis Stade müssen nach den Vorgaben des Landes in den kommenden Jahren zahlreiche neue Windräder errichtet werden | Foto: Adobe Stock/Joshua Martin Art
  • Im Landkreis Stade müssen nach den Vorgaben des Landes in den kommenden Jahren zahlreiche neue Windräder errichtet werden
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Die Zahl der Windräder und damit auch der Windparks wird im Landkreis Stade in den kommenden Jahren deutlich ansteigen. Das Land Niedersachsen hat am Montag (6. Februar) die Zielvorgaben für den Ausbau der Windenergie in den einzelnen Regionen festgelegt. Demnach muss der Landkreis Stade bis Ende 2026 mindestens 3,04 Prozent seiner Fläche als Vorranggebiete für Windenergie ausweisen. Derzeit sind es 
1,7 Prozent. Die rot-grüne Landesregierung hatte angekündigt, dass sich die Windkraft-Fläche in den kommenden Jahren landesweit von jetzt 1,1 Prozent auf 2,2 Prozent verdoppeln soll. Dabei gelten für die Landkreise und kreisfreien Städte je nach Besiedlung und möglicher Windausbeute unterschiedliche Zielvorgaben. 

Künftig 3,04 statt wie bisher 1,7 Prozent: Das stellt fast eine Verdoppelung der Landkreisfläche dar, die für die Windkraft genutzt werden soll. "Das ist in der Tat höher, als wir es erwartet haben", erklärt Landrat Kai Seefried (CDU) auf WOCHENBLATT-Nachfrage. "Dass es mehr als 2,2 Prozent werden, war aufgrund unserer geografischen Lage bereits absehbar." Doch die jetzt vom Land verkündete Größenordnung habe er in dieser Höhe nicht erwartet, so der Landrat. Dennoch stellt Seefried klar: "Mich erschreckt diese Zahl nicht."

Allerdings seien die Zahlen von Land und Landkreis nicht eins zu eins vergleichbar, erläutert Landkreis-Sprecher Daniel Beneke. Grund seien unterschiedliche planerische Bewertungen. So gelte für die Vorranggebiete des Landkreises das Prinzip "Rotor-out". Dies bedeutet, dass die Rotoren über die Grenzen eines Vorranggebietes hinausragen dürfen. Das Land hingegen berechnet die Fläche, über die sich die Rotorblätter eines Windrades bewegen, mit ein. "Da müsste also einiges umgerechnet werden", so Beneke.

Landrat bezeichnet Zeitplan als "ehrgeizig" 

Das Land nimmt die Landkreise und kreisfreien Städte in die Pflicht, die vorgegebenen Zahlen bis Ende 2026 umzusetzen. "Dieser Zeitplan ist extrem ehrgeizig", sagt Seefried. "Allerdings hatte ich auch bereits in den vergangenen Monaten immer erklärt, dass es mein Ziel ist, die Neuaufstellung des Regionalen Raumordnungsprogramms (RROP) in dieser Wahlperiode durch den Kreistag zu bekommen.“ Somit decke sich die Zielvorgabe des Landes mit den Plänen der Kreishaus-Spitze.

Vorerst keine neuen Windparks im Kreis Stade

Wie berichtet, hat der Kreistag im Dezember 2022 den Teilbereich Wind des RROP neu beschlossen. Dies war nötig geworden, nachdem ein Gericht die vorherige Regelung gekippt hatte. Bereits in der kommenden Woche soll von der Kreispolitik eine Neuauflage des RROP auf den Weg gebracht werden. Am Mittwoch, 15. Februar, beginnen die Beratungen im zuständigen Fachausschuss des Kreistages.

Problemfälle Altes Land und Nordkehdingen

Bei der Ausweisung neuer Windparks wird der Landkreis die Kommunen mit ins Boot holen. Denn mögliche Flächen würden sich gegen den Widerstand vor Ort nur schwerlich durchsetzen lassen. Allerdings wurde die kritische Haltung gegenüber der Windenergie vielerorts längst aufgegeben - und Projektierer und Investoren sind bereits wieder landauf, landab unterwegs, um den Gemeinden mögliche Standorte für Windräder schmackhaft zu machen. Bis sich in den neuen Windparks dann die ersten Rotoren drehen, dürften aber einige Jahre ins Land gehen. Mit der Neuauflage des RROP muss erst die planerische Grundlage geschaffen werden.

Dabei gibt es im Landkreis Stade noch mehrere Fragezeichen. So steht beispielsweise noch nicht fest, wie in Nordkehdingen mit dem Areal zwischen dem Elbdeich und dem früheren Schutzdeich umzugehen ist. Diese riesige Potenzialfläche kann nach dem jetzigen Stand nicht für Windenergie genutzt werden, da es sich um ein Landschaftsschutzgebiet und in weiten Teilen auch um ein EU-Vogelschutzgebiet handelt. Es bestehe aktuell keine Rechtsgrundlage, um in solchen Schutzgebieten Windräder aufstellen zu können, so Seefried. Ein ähnliches Problem gibt es im Alten Land. Das soll als besondere Kulturlandschaft, die obendrein noch den Status als UNESCO-Welterbe anstrebt, von Windrädern freigehalten werden.

Energiewende in Niedersachsen soll beschleunigt werden

Der verstärkte Ausbau der Windenergie sei ein wesentlicher Baustein der Energiewende in Niedersachsen, heißt es aus dem Umweltministerium. Zum Erfüllen der Klimaziele soll der Bau von Windrädern deutlich beschleunigt werden. Dabei will das Land die Ziele des von der Ampel-Koalition beschlossenen Wind-an-Land-Gesetzes (zwei Prozent aller Flächen sollen bis 2032 für Windkraft genutzt werden) sogar übererfüllen. In einem eigenen Windenergie-Beschleunigungs-Gesetz für Niedersachsen sollen jetzt die konkreten Mindest-Flächenanteile, die jede Region bis 2026 für die Windenergie ausweisen muss, rechtsverbindlich festgelegt werden. 

"Wir müssen in Niedersachen mehr Platz für Windräder schaffen, sonst werden wir die Klimaziele und die dafür nötige Energiewende nicht schaffen", sagt Umweltminister Christian Meyer (Grüne). "Daher verpflichten wir die Landkreise, über die Regionalplanung deutlich mehr Windenergieflächen als bisher vorzuhalten." Laut der vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen Studie sind 7,2 Prozent der Landesfläche prinzipiell als Windenergie-Standort geeignet. Davon werden jetzt im Landesdurchschnitt 2,2 Prozent als Mindestfläche vorgegeben.

Mehr Windkraft und Solarenergie für Stade

Genehmigungsverfahren werden beschleunigt

Meyer verweist darauf, dass EU und Bundesregierung mit den sogenannten „Go-To-Areas“ in den jetzt auszuwählenden Windvorranggebieten ein beschleunigtes und vereinfachtes Genehmigungsverfahren planen. "Da schon bei der Auswahl der Vorranggebiete Rücksicht auf den Naturschutz genommen werden muss und Abstände einzuhalten sind, fallen damit Doppel- und Dreifachprüfungen beim Genehmigen der Windräder weg", so der Minister. Das erleichtere die Planung und sorge trotzdem für eine Berücksichtigung des Natur- und Umweltschutzes.

Die in der Studie berechneten Flächenpotentiale für die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte wurden nach Kriterien wie Besiedlungsdichte, Abständen zur Wohnbebauung, Belangen der Bundeswehr sowie FFH-, Naturschutz- und Vogelschutzgebieten berechnet. 

Ziel der Landesregierung ist es, 30 Gigawatt (GW) Windenergie-Leistung an Land bis 2035 in Niedersachsen zu installieren. Das entspricht einem Zubau von rund 18 GW. Jährlich sollen dafür 1,5 GW an Leistung hinzukommen. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 brachten rund 100 neue Windräder einen Zuwachs von 0,45 GW. Diese Zahl soll sich künftig verdreifachen.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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