Jubiläum in Tostedt und Nenndorf
Brieftaubenzucht - ein verbindendes Hobby

- Das jüngste und neue Mitglied des Brieftaubenzuchtsvereins Tostedt, Mika Pohley (13)
- Foto: Brieftaubenzuchtsverein
- hochgeladen von Bianca Marquardt
Sie fliegen in der Regel 60 bis 80 km/h, bei Rückenwind sogar bis zu 120km /h - je nach Windrichtung. Gemeint sind Brieftauben, die seit Jahrhunderten Tierfreunde und Taubenzüchter begeistern. Der Brieftaubenzuchtverein „Über Wald und Heide Tostedt“ blickt auf sein 75-jähriges Bestehen zurück.
Haltung, Zucht, Distanzflüge und Ausstellungen sowie die Liebe der Menschen zu ihren Brieftauben zeichnen das Brieftaubenwesen aus. Die Weitergabe von Wissen und Können im Brieftaubenwesen wurde 2022 sogar vom Expertenkomitee der Deutschen UNESCO-Kommission zum Immateriellen Kulturerbe ernannt.
Rückblick: Einen Brieftaubenzuchtverein im Raum Tostedt gab es zwar schon vor dem Zweiten Weltkrieg, doch da es keinerlei Aufzeichnungen mehr von der ursprünglichen Vereinsgründung gab, legten die Mitglieder das Gründungsdatum vom Verband Deutscher Brieftaubenliebhaber auf den 1. Januar 1950 fest. Damals wurden Franz Jelitto zum ersten Vorsitzenden, Heinrich Wilkerling zum Schriftführer und Hans Bohnsack zum Kassierer gewählt. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten laut Protokoll u.a. Karl Herm, Josef Smieja, Helmut Herbicht, Josef Hurich, Dietrich Stöver, Johann Lubowitzki.
Von zunächst acht Mitgliedern im Jahr 1950 wuchs der Verein auf 24 Züchter aus Tostedt, Buchholz, Hollenstedt und Lauenbrück. Aktuell ist der Verein der Reisevereinigung (RV) Hamburg-Harburg von 1925 angeschlossen, die die Preisflüge organisiert. Die Brieftauben absolvieren hier Distanzflüge bis 600 Kilometer mit Auflassorten in Polen.
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Was macht die Faszination des Brieftaubensports aus?
[/b]Schriftführer Mathias Neumann erläutert: "Das Zusammenspiel aus Haltung, Zucht, Distanzflügen und Ausstellungen macht dieses Hobby abwechslungsreich und interessant. Das Brieftaubenwesen vereint alle Klassen, Kulturen und Gesellschaftsschichten. In unserem Verein in Tostedt findet man vom Schüler, Handwerker, Handwerksmeister, Lehrer und Arzt vielfältige Berufs- und Altersgruppen. Hier sind alle gleich, denn die Liebe zu den Tauben steht im Mittelpunkt."
Besonderes Highlight sei insbesondere "das kribbelnde Gefühl, wenn man auf die Ankunft der Brieftauben wartet. Als Züchter ist man für die Brieftauben nicht nur der Versorger, sondern auch der Trainer, Motivator und Gesundheitsmanager. Obwohl ich nun schon seit fast 30 Jahren Brieftaubenzüchter bin, habe ich immer noch Gänsehaut, wenn die Brieftauben vom Distanzflug wie ein Pfeil aus der Luft in Richtung Taubenschlag stürmen und sie durch ihr Verhalten zeigen, welche Freude sie über die Rückkehr und den Anblick des Züchters empfinden. Ähnlich wie beim Umgang mit Hunden, Katzen oder Pferden entsteht durch die intensive Auseinandersetzung mit den Brieftauben ein enges Band zwischen Tier und Züchter - oft ein Leben lang!", betont Neumann.
Die Ernennung zum Immateriellen Kulturerbe sieht er als Zeichen der Wertschätzung für ein Kulturgut, das Natur und Zivilisation seit Jahrhunderten verbindet und den Menschen große Dienste erwiesen habe. "Die Brieftaube zeichnet sich durch ihr natürliches Heimfindevermögen aus sowie ihre außerordentliche Orientierungsfähigkeit und ihre Leistungsfähigkeit, in kürzester Zeit weite Strecken zurückzulegen. Diese Eigenschaften wurden durch die Zucht weiterentwickelt und vielfältig eingesetzt. Bei der staatlichen Nachrichtenübermittlung und Botendiensten zu Kriegszeiten war die Brieftaube von essentieller Bedeutung", so Mathias Neumann.
Um die Brieftauben auf die Distanzflüge vorzubereiten, schicke ein Züchter zunächst seine Tiere allein auf Reisen und später einen gemeinsamen Taubenstart mit weiteren Züchtern aus dem Verein, wobei die Entfernung der Flüge nach und nach erhöht werde, bei Berücksichtigung der Wetterbedingungen. Dazu komme ein angepasstes Futtersystem, Gesundheitsmanagement und Training am Haus.
Tauben benötigen für Heimkehr kein Futter
"Die Tauben benötigen für die Heimkehr unterwegs keine Futteraufnahme. In ihrem Kropf können sie das beim Züchter aufgenommene Futter speichern. Die zusätzlich über die Woche aufgenommenen Energiereserven reichen für den Rückflug - auch wenn sich die Tiere einmal verfliegen sollten. Viel wichtiger ist die Wasseraufnahme während der Fahrt zum Auflassort. Es gibt dafür ganz konkrete Auflagen und Versorgungsanleitungen. Unterwegs machen Tauben aber auch bei langen Distanzen (über 500 Kilometer) kurze Stopps an Seen oder Flüssen, um dort Wasser aufzunehmen", erläutert Mathias Neumann.
Die Vereinsmitglieder treffen sich regelmäßig zu Versammlungen in der Tischlerei Inselmann in Todtglüsingen. Außerdem noch im Brieftaubenzentrum Nenndorf, Ohepark 8 (im Gewerbegebiet). Hier finden auch die jährliche Brieftaubenausstellung, Grillfeste und das Einsatzgeschehen zu den Trainings- und Preisflügen statt. Die Reisevereinigung Hamburg Harburg von 1925 betreibt dort das Brieftaubenzentrum als Treffpunkt der Brieftaubenzüchter aus dem Großraum Hamburg. Neue Vereinsmitglieder sind willkommen und können sich beim Vereinsvorsitzenden Andreas Versemann unter Tel. 04182-289295 melden.
Im Brieftaubenzentrum in Nenndorf wurde im Auftrag des Verbandes Deutscher Brieftaubenzüchter bei der Reisevereinigung sowie bei den Vereinsmitgliedern Martin Rosin und Mathias Neumann ein Erklärfilm zum Brieftaubensport gedreht. Darin geht es u.a. um den Transport der Tiere, das Gesundheitsmanagement und Aspekte des Tierschutzes.


Redakteur:Bianca Marquardt aus Tostedt |
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