Vortrag des Forums für Zivilcourage Tostedt
Rechtsextremismus erkennen und gegensteuern
Mit den Strategien der sogenannten Neuen Rechten beschäftigte sich eine Veranstaltung mit der Präventionsverantwortlichen der Polizeiinsprektion Harburg, zu der das Forum für Zivilcourage kürzlich ins Haus der Begegnung in Tostedt eingeladen hatte.
Was kann passieren, wenn man sich im Netz auf Youtube ein Video von Xavier Naidoo ansieht? Durch eine geschickte Verlinkung landet der überraschte Nutzer mit wenigen weiteren Clicks bei einem Filmbeitrag von Martin Sellner, seines Zeichens bekanntestes Gesicht der Identitären Bewegung. Die Intenditären propagieren die Ungleichwertigkeit von Menschen und Rassen und kämpfen für eine massenhafte „Remigration“ von Mitbürgern mit Migrationshintergrund. Sie werden vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft.
Die sogenannte „Neue Rechte“, das machte der Vortrag der Präventionsexpertin deutlich, unterscheidet sich grundlegend von den Rechtsextremisten der Vergangenheit: Mit modernem Anstrich, manchmal sogar als Rap, wird die alte völkische Ideologie auf lockere Art massenhaft im Internet verbreitet. Eindringlich wurde vor der Sogwirkung geschickt inszenierter Auftritte der Extremisten gewarnt, die nicht auf den ersten Blick als rassistisch und menschenverachtend zu erkennen sind.
Besonders beunruhigend ist, dass all diese zufällig wirkenden Botschaften im Netz einer ausgeklügelten Strategie folgen: Mit einem „Informations- und Emotionskrieg im Internet“ solle die öffentliche Stimmung nachhaltig im Sinne der Extremisten beeinflusst werden, so einer der führenden Köpfe der neuen Rechten, Götz Kubitschek. Und dieser Strategie sind nicht nur Erwachsene mit einem eher gefestigten Weltbild ausgesetzt, sondern zunehmend auch Kinder und Jugendliche, die dieser Propaganda oftmals nichts entgegenzusetzen haben. Von der – oft berechtigten – Unzufriedenheit mit Missständen in unserer Gesellschaft, die sicherlich viele in unserem Land empfinden, ist so der Weg nicht weit zu einer Radikalisierung, die über mehrere Stufen bis zu rechtsextremen Umsturzfantasien und Gewaltaktionen führen kann.
Die Veranstaltung beschäftigte sich auch mit der Frage, was dieser Strategie entgegengesetzt werden kann. Zunächst ist eine grundlegende Aufklärung derjenigen erforderlich, die mit der Erziehung der Kinder und Jugendlichen betraut sind. Aber auch Politiker vor Ort, Kirchen, Schulen, Sportvereine und ähnliche Institutionen müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, was sie zur Verteidigung unserer Demokratie beitragen können. In vielen Redebeiträgen wurde auch deutlich, dass der öffentliche und private Austausch gerade zwischen gegensätzlichen Positionen nicht abbrechen dürfe. Oftmals lassen sich die Unzufriedenen im Freundes- und Bekanntenkreis am Anfang einer Radikalisierung noch im Gespräch erreichen. Wer aber erst gefangen in seiner „Blase“ nur noch mit Gleichgesinnten kommuniziert, ist immer schwerer für die demokratische Mehrheit erreichbar.
Das Forum für Zivilcourage dankt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Veranstaltung für das große Interesse und die lebhafte Diskussion. Vor allem aber geht der Dank an die Referentin, die mit ihren umfassenden Informationen die Notwendigkeit einer entschlossenen Gegenwehr gegen den Rechtsextremismus und seine Akteure deutlich vermittelt hat.
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