Tostedt
Windkraft um jeden Preis? Landkreis Harburg stellt Planungen vor

- Torben Ziel (li.) und Dr. Alexander Stark von der Stabsstelle Kreisentwicklung/Wirtschaftsförderung des Landkreises erörterten die Planung
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Einschränkung der Lebensqualität durch Schallemissionen, Schattenwurf und Blinklichter, eine optische "Umzingelung" durch "Verspargelung" der Sichtachsen und Gefährdung von Zugvögeln - die Argumente der Windkraftgegner waren vielfältig, als Torben Ziel und Dr. Alexander Stark von der Stabsstelle Kreisentwicklung/Wirtschaftsförderung des Landkreises Harburg kürzlich die potenziellen Flächen für die Errichtung von Windenergieanlagen in der Tostedter Schützenhalle vorstellten. Rund 300 Interessierte aus dem Landkreis nahmen das Angebot wahr.
So vielfältig die Kritik aus der Zuhörerschaft war, der Landkreis ist bei der Ausweisung von Windenergieflächen sozusagen nur Erfüllungsgehilfe der Gesetzgebung. Zur Steuerung der Windenergienutzung und zur Erfüllung der Vorgaben aus dem "Wind-an-Land"-Gesetz der Bundesregierung und dem niedersächsischen Windenergieflächenbedarfsgesetz (NWindG) muss der Landkreis Harburg seine bisherige Regionalplanung überarbeiten. Sonst droht aufgrund der "Superprivilegierung" von Windkraftanlagen buchstäblich "Wildwuchs". Um weiterhin die Ansiedlung von Windenergieanlagen steuern zu können, hat der Landkreis ein Teilprogramm Windenergie aufgestellt.
Bisher sind im Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) 2025 des Landkreises 558 Hektar als Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen - das sind ca. 0,45 Prozent der Kreisfläche. Bis Ende 2027 sollen es 3.051 Hektar (2,44 Prozent der Kreisfläche), bis Ende 2032 sogar 3.949 Hektar (3,16 Prozent der Kreisfläche) sein, um die Forderungen der Landes- und Bundesregierung zu erfüllen.
Weist der Landkreis nicht rechtzeitig genügend Vorranggebiete aus, könnten ab 2028 alle Flächen im sogenannten Außenbereich als potenzielle Flächen für den Bau von Windenergieanlagen (WEA) in Anspruch genommen werden.
Derzeit ist die Ausweisung von rund 150 Einzelflächen vorgesehen. Allerdings sind davon insbesondere die Samtgemeinden Tostedt und Hollenstedt sowie Salzhausen und Winsen betroffen. Und das widerspricht der Aussage des früheren Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne), die Flächen "regional fair" aufzuteilen und dabei neben den Windbedingungen, den Natur- und Artenschutz und die räumlichen Ordnungen zu berücksichtigen.
Die Bürgerinnen und Bürger aus Ochtmannsbruch (Samtgemeinde Hollenstedt) fürchten u.a. eine "Umzingelung", da sie bereits jetzt u.a. die WEA in Heidenau (Hollinde), Wüstenhöfen, Dohren und Hollenstedt in Sichtweite haben und weitere Anlagen in Heidenau, Hollenstedt und Regesbostel geplant sind.
Vertreter der Handeloher Politik sehen die Ausweisung einer Fläche im Bereich Handeloh/Welle kritisch. Sie verwiesen auf ein womöglich großflächiges Abholzen für die Erschließung der WEA, die Gefährdung des Tourismusstandortes oder der ansässigen Reitbetriebe. In Handeloh könnten die blinkenden Anlagen auch die astronomischen Beobachtungen der in der Region einmaligen Sternwarte beeinträchtigen. Und die Airbus HFB-Fluggemeinschaft bangt um die uneingeschränkte Nutzung ihres Segelflugplatzes in Wenzendorf.
Viele Bürgerinnen und Bürger sehen es auch kritisch, dass sich mit Windenergieanlagen gutes Geld verdienen lässt. So ist es zum Beispiel für Landwirte lukrativer, Flächen für WEA zur Verfügung zu stellen statt zur Grünfuttererzeugung. Die Niedersächsischen Landesforsten (NLF) buhlen ganz offensiv um Windkraft-Projektierer. Und: Kommunen im Umkreis von 2,5 Kilometern erhalten von den Betreibern 0,2 Cent je Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge. Daher werden vielerorts auch WEA-Standorte durch die Gemeinden selbst ausgewiesen - womöglich zusätzlich zu den Landkreisflächen.
Die Einnahmen der Gemeinden aus Windenergie würden aber schließlich auch den Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen, argumentierte ein Bürgermeister. Aber das funktioniert vermutlich nur, wenn die Gemeinde schuldenfrei ist.
"Hier werden Windenergieanlagen durchgepeitscht, obwohl ein Großteil der WEA gar nicht laufen. Hier wird das Pferd von hinten aufgezäumt", meinte ein Bürger im Hinblick auf die nach wie vor nicht ausreichenden Speichermöglichkeiten der erzeugten Energie.
Das letzte Wort bei der Flächenausweisung ist noch nicht gesprochen. Die Entwürfe des Teilprogramms Windenergie liegen noch bis zum 26. März 2025 öffentlich aus unter www.landkreis-harburg.de/windenergie_beteiligung. Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger haben bis dahin die Möglichkeit, ihre Stellungnahmen abzugeben, u.a. per E-Mail an: raumordnung@lkharburg.de. Anschließend muss die Kreispolitik - soweit möglich - abwägen.
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Redakteur:Bianca Marquardt aus Tostedt |
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