Winsen
Wird das Gelände der Chemiefabrik jetzt doch bebaut?
Seit Jahren liegt das Gelände der alten Chemiefabrik am Ilmer Moorweg brach. Sämtliche Bemühungen, das belastete Areal einer neuen Nutzung zuzuführen scheiterten bisher, entweder an den zu erwartenden Kosten für den Austausch des Untergrundes oder schlicht am Veto von der Verwaltung und Politik. So wie beim Ansinnen von Kaufland, auf dem Gelände ein Warenhaus etablieren zu wollen. Der Wunsch wurde vom Rathaus abgelehnt, weil man befürchtete, dass die Innenstadt dann mehr ausbluten würde.
Doch scheint wieder Bewegung in die Sache zu kommen. Denn in der nächsten Sitzung des Planungsausschusses am morgigen Donnerstag, 23. Juni, ab 18.30 Uhr im Marstall soll die Politik die Wiederaufnahme der Planung sowie die Fassung eines modifizierten Aufstellungsbeschlusses für den für das Gebiet geltenden Bebauungsplan empfehlen.
Das zu beratende Planverfahren geht bereits auf das Jahr 1997 zurück. 2008 wurde das Verfahren allerdings durch Ratsbeschluss erstmal zum Ruhen gebracht. Damals wie heute soll durch den Bebauungsplan zum einen konkretes Baurecht geschaffen werden, das die Nutzung verfügbarer Flächen so steuert, dass diese den Entwicklungszielen der Stadt und ihrer Ortsteile gerecht wird. Zum anderen erfordert dies, mit der Änderung des Flächennutzungsplans die vorhandenen landwirtschaftlichen Flächen in erforderlichem Maß in Bauflächen umzuwandeln.
Die Herausforderungen liegen dabei in der gewünschten verkehrlichen Entlastung des Ilmer Moorwegs (z.B. durch eine Umgehungsstraße), die Lärmbelastung durch die angrenzend verlaufende A39 sowie der Umgang mit den belasteten Flächen der ehemaligen chemischen Fabrik Fridingen.
Grund für den Neubeginn: Seit der Rückstellung des Verfahrens, das ferner auf ein zeitweiliges Überangebot an Gewerbeflächen zurückzuführen war, ist die Nachfrage in diesem Bereich wiederum stark angestiegen. Die in den vorhandenen Gewerbegebieten verfügbaren Flächen sind weitgehend abverkauft, eine 2018 angeschobene Planung südlich der Boschstraße erwies sich als unwirtschaftlich und wurde eingestellt. Die in der Folgezeit nördlich der Boschstraße durch die Stadt zurückerworbenen Gewerbeflächen werden absehbar ebenfalls vergeben sein. "Um künftigen Interessenten eine Perspektive zu bieten und die weitere wirtschaftliche Entwicklung städtebaulich sinnvoll zu sichern, bietet sich die Wiederaufnahme des Bebauungsplans Roydorf zum jetzigen Zeitpunkt an", heißt es in einer Vorlage für den Ausschuss. Der Stadt liegen für das Gebiet Voranfragen mit einer Bandbreite von Nutzfahrzeughandel über PV-Anlagen bis hin zu mehrgeschossigen Hotelbauten vor, sodass es einer städtebaulichen Steuerung bedarf, um hier das Ziel einer gesamtstädtisch verträglichen Nutzungsmischung zu erreichen.
Ähnliches gilt hinsichtlich der Wohnbauentwicklung. Hier wurde und wird jedoch das Angebot durch die neu hinzukommenden Wohnbaugebiete im Stadtgebiet (Norderbülte) sowie den Ortsteilen Luhdorf, Laßrönne, Stöckte, Hoopte oder Pattensen kontinuierlich verbessert. Insofern liegt im vorliegenden Gebiet der Fokus auch auf der Schaffung von Gewerbeflächen. In welchem Umfang Wohnbauflächen entstehen können, wird maßgeblich auch davon abhängen, ob verträgliche Lösungen im Umgang mit der von der A39 ausgehenden Lärmbelastung gefunden werden.
Um die bestehende und gegebenenfalls neue Wohnnutzung mit der geplanten gewerblichen Nutzung in Einklang zu bringen, soll es sich bei den Neuansiedlungen um nicht störendes Gewerbe handeln. Auch innenstadtrelevanter großflächiger Einzelhandel und Nutzungen, die das Verkehrsaufkommen übermäßig erhöhen, sollen bauleitplanerisch ausgeschlossen werden. Übersetzt: Kaufland wird auch weiterhin dort nicht bauen dürfen.
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