"Ihr habt uns vergessen!"
Flucht vor den Taliban / Neustart in Buxtehude
sla. Buxtehude. Und wieder gibt es weitere Einschränkungen der Freiheitsrechte für afghanische Frauen: Der Chef der Taliban hat den Frauen befohlen, in der Öffentlichkeit eine Gesichtsbedeckung, am besten gleich eine Burka, zu tragen. Wer sich nicht daran hält, dem drohen Gefängnis oder der Tod. Auch die Fotojournalistin Elaha Sahel war aufgrund ihrer Arbeit auf der Liste der Taliban und musste um ihre Leben fürchten, erzählte sie im WOCHENBLATT-Gespräch. Zusammen mit Ehemann und ihren zwei Kindern gelang ihr die Flucht über den Iran nach Deutschland. Es gebe immer noch viele Menschen, die sich versteckten, auf eine Möglichkeit zur Flucht warteten. Vor allem viele Frauen und auch die Ortskräfte westlicher Organisationen, die Schlimmes von den Taliban zu befürchten hätten. Doch der Ukraine-Krieg, so stellt sie traurig fest, überschatte derzeit das Schicksal der Afghanen. "Der Westen hat uns vergessen", klagt Elaha Sahel.
Elaha Sahel hat es geschafft, sie konnte mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern (12 und 8 Jahre) vor acht Monaten aus Afghanistan flüchten und lebt jetzt in Buxtehude. Doch viele andere Afghanen warten immer noch in Todesangst auf ihre Ausreise. "Aber die Welt hat uns Afghanen vergessen", sagt die 38-Jährige. Der Ukraine-Krieg überschattet andere Krisengebiete in der Welt.
Elahal Sahel gehört zu den bisher wenigen, denen nach der Machtübernahme der Taliban aus ihrem Heimtort Herat fliehen konnte. Als Fotojournalistin und Frauenrechtsaktivistin stand sie auf der Liste der Taliban. Wie viele andere auch musste sie untertauchen, konnte ihren Beruf nicht mehr ausüben und nicht mehr aus dem Haus gehen. "Ein Freund, der bei Facebook etwas Kritisches gepostet hat, wurde von den Taliban aufgespürt und abgeholt und kam ins Gefängnis", sagt Sahel. "Es gibt vor allem viele Maulwürfe, die dein Versteck den Taliban verraten, sodass man nirgends sicher ist und jeden Moment und überall damit rechnen muss, dass die Taliban einen mitnehmen", berichtet die 38-Jährige.
Als renommierte Fotojournalistin hatte sie noch Glück, erhielt über die Organisation RSF Journalisten ohne Grenzen Dank eines Kontakts zu der Organisation Reporter ohne Grenzen, die sich für sie einsetzte, gelang es ihr schließlich, ein Interview zu bekommen. Die Familie bekam ein Visum, ihr Asyl ist anerkannt. Auf der Homepage von Amnesty International wird Elaha Sahel als Beispiel dafür vorgestellt, wie viel Afghanistans Frauen in 20 Jahren erreicht haben – und was sie nun durch die Taliban wieder einzubüßen drohen.
einen deutschen Pass und konnte noch kurz bevor der Flughafen in Kabul geschlossen wurde, mit dem Flugzeug in den Iran ausreisen. Von dort ging die Flucht über das Auswärtige Amt weiter in die Türkei und dann nach Hamburg bis Buxtehude. Ihre Mutter und ihr Bruder, der als Übersetzer für amerikanische Helfer in Afghanistan tätig war, konnte ebenfalls nach Amerika ausreisen. Über ihre Flucht und die schrecklichen Erlebnisse in Afghanistan könnte sie einen Roman schreiben.
Nach wie vor erhält Elaha Sahel weiterhin Nachrichten von anderen Frauen in Afghanistan, die sie um Hilfe bitten, ihnen bei der Flucht zu helfen. Gleiches bestätigt auch Fahrshed Djobel, die sich in Deutschland für Frauen aus Afghanistan einsetzt und sich mit einer umfangreichen Dokumentation über die in Afghanistan verfolgten Frauen und deren belastende Situation an die Bundesregierung wandte. Doch bislang bekam sie keine Antwort. Bei dem WOCHENBLATT-Gespräch mit Elaha Sahel übersetzt Fahrshed Djobel die persische Sprache.
Elaha Sahel möchte jetzt in Deutschland ganz schnell die deutsche Sprache lernen und besucht daher momentan einen Kursen vom Maltester-Hilfsdienst in Hamburg. Kontakte zu anderen Fotografen in Buxtehude und Umgebung habe sie bereits aufgenommen und hoffe, das sie als Fotojournalistin in Deutschland arbeiten kann. Dennoch gilt ihre Sorge weiterhin den Menschen in Afghanistan, die dort Angst um ihr Leben haben müssen. "'Trotz Krieg in der Ukraine dürfen wir die Afghanen nicht vergessen und müssen all jenen helfen, die dort um ihr Leben fürchten müssen."
Redakteur:Susanne Laudien aus Buxtehude |
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