Innovatives Erdkabel-Verlegung: Ist das die Technik der Zukunft?
bc. Stade. Eine Erfindung zu machen, die bereits mehrfach prämiert wurde, ist das eine. Diese dann auch erfolgreich auf den Markt zu bringen, ist weitaus schwieriger. Die Stadtwerke Stade als einer von drei Gesellschafter der Firma „AGS Verfahrenstechnik“ betreiben seit einem dreiviertel Jahr eine Pilotstrecke am Stadtrand, um eine besonders flächenschonende Methode der Erdverkabelung (siehe Info-Kasten) zu testen. Möglicherweise die Technik der Zukunft, um den Windstrom von Nord nach Süd zu transportieren?
Im Gespräch mit dem WOCHENBLATT ziehen Stadtwerke-Chef Christoph Born und Prokurist Olaf Schacht ein positives Fazit. „Die Tests waren erfolgreich. Wir haben es geschafft, dass die Technik ernst genommen wird. Sie ist in den Köpfen angekommen“, sagt Christoph Born. Und auch schon mehrfach ausgezeichnet worden, u.a. mit dem renommierten Hermes-Award auf der Hannover-Messe.
Zahlreiche Interessierte haben sich die mehr als einen Kilometer lange Pilotstrecke zwischen Stade-Riensförde und Hagen-Steinbeck bereits angeschaut, darunter alle Vertreter der Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland, Tennet, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW.
Auch viele hochrangige Politiker, betroffene Anwohner und Landwirte informierten sich über die Technik. Das Landvolk hat das Verfahren sogar in ihr Zehn-Punkte-Programm als sinnvolles Verfahren aufgenommen. Im September erwarten die Stadtwerke noch Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Die Behörde, die letztlich für Planung und Genehmigung der Windstromtrasse „Suedlink“ zuständig ist.
Die Bundesnetzagentur veranstaltet die Antragskonferenzen, auf denen geeignete Trassenkorridore gesucht werden. Olaf Schacht war auf mehreren mit dabei, um für die innovative Kabelverlegetechnik zu werben. „Uns ist wichtig, dass jetzt schon Möglichkeiten der Schmaltrassen in Betracht gezogen werden und nicht erst später im Planfeststellungsverfahren“, so Schacht. Mit der neuen Technik seien zusätzliche Trassenkorridore möglich als diejenigen, die jetzt untersucht werden.
Wichtig: Im jetzigen Verfahrensschritt werden etwa 1.000 Meter breite Korridore gesucht, die genauen Trassenverläufe werden dann erst im Planverfahren festgelegt. Das soll im kommenden Jahr starten und wird vermutlich zwei Jahre in Anspruch nehmen, bis sämtliche Einwände ausgewertet sind. Ab 2020 könnten dann die Trassen und das technische Verfahren feststehen, damit ab 2021 gebaut werden kann.
In den nächsten Monaten wollen die Stadtwerke das „AGS“-Verfahren auf der Teststrecke weiter demonstrieren. Die Genehmigung für das Metallgerüst entlang der L124, auf dem der Kabel-Dummy liegt, läuft noch bis Ende des Jahres. „Um das Prinzip des Verlegeverfahrens zu erklären, reichen uns aber eigentlich 30 bis 40 Meter des Gerüstes“, erläutert Olaf Schacht. Vorstellbar sei für ihn auch die Elbquerung im „AGS“-Verfahren als Pilotstrecke. Bislang sei für die Elbquerung der Stromtrasse ein begehbarer Tunnel geplant - ein aufwändiges und teures Projekt.
Darüber hinaus arbeitet ein Professor der Technischen Hochschule Aachen an einem von den Stadtwerken in Auftrag gegebenem Gutachten, das die Bündelung von Infrastruktur-Maßnahmen untersuchen soll. Die Frage lautet: Ist es sinnvoll, die Erdkabel im Zuge von Autobahn-Sanierungen gleich mitzuverlegen?
Christoph Born: „Die nächsten beiden Jahre werden noch einmal richtig spannend, wenn entschieden wird, welche Technik beim Suedlink zum Zug kommt.“ Das „AGS Verfahren“ sei jedoch sowohl mit Gleich- wie auch mit Drehstromtechnik kompatibel und damit nicht nur für die „Suedlink“-Planung interessant.
Und so funktioniert es
AGS - das bedeutet auftriebsgestütztes Slipping und ist eine Kabelverlegetechnik, bei der ohne großen Kraftaufwand Leitungen durch das Erdreich gezogen werden können. Zur Simulation haben die Stadtwerke bereits bestehende Rohre des Salzproduzenten „Akzo Nobel“ übernommen, um in diese Rohre Wasser zu pumpen. Dadurch kann ein zweites Leerrohr, in dem sich dann später das Hochspannungskabel befindet, relativ leicht ohne Reibungsverluste über extra gebaute Schächte eingezogen werden. Es schwebt quasi im Wasser. Durch die aktive wassergestützte Kühlung der Stromkabel ist es nicht mehr notwendig, 40 Meter breite Sicherheitsschneisen durch die Landschaft zu ziehen, wie sonst bei Erdverkabelungen üblich. Bei diesem neuen AGS-Verfahren reichen ca. zwei Meter.
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
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