Wird die Liebe zum Pferd unbezahlbar?
Pferdehalter können sich ihr Hobby nicht mehr leisten
"Es ist eine Katastrophe", sagt Line Firsching. Sie betreibt den Pferdeschutzhof "Seelengefährten" in Königsmoor im Landkreis Harburg. Drei bis vier Anrufe bekommt sie täglich zu einem einzigen Thema: "Kann mein Pferd auf dem Gnadenhof einziehen, ich kann mir die Kosten nicht mehr leisten?" "Wir merken, dass die finanzielle Lage von vielen Pferdehalterinnen und -haltern sehr angespannt ist", sagt Line Firsching. Wenn Pony oder Pferd dann älter werden, die Kosten durch Krankheiten steigen, sei derzeit für viele das Ende des Bezahlbaren erreicht. Mit steigenden Kosten, etwa für Strom, Futter und Heu, haben derzeit alle Pferdehalter und Reitbetriebe zu tun. "Das ist vor allem bei den Energiekosten ein Thema", sagt zum Beispiel Janina Brandmähl, Vorsitzende des Reitvereins Horneburg.
Der Hintergrund: Inflation und Preissteigerung führen grundsätzlich zu höheren Kosten. Das beginnt beim Pferdemüsli und endet bei der Weidezauntechnik. Hinzu kommt: Der trockene Sommer hat vielerorts dazu geführt, dass beim Heu der zweite Schnitt ausfiel - die Preise pro Ballen steigen. Viele Sommerweiden waren zudem eine Steppe, sodass mehr und früher zugefüttert werden musste. Und: Die Gebührensätze für Tierärzte steigen ab Oktober deutlich an.
"Da kommt vieles zusammen", fasst Line Firsching vom Gnadenhof zusammen. Wenn sie ein Hilferuf erreicht, gelte es erst einmal herauszuhören, ob es tatsächlich ein Notfall ist. So beklagenswert das ist: Manche Pferdebesitzer haben wenig Lust, sich um ein altes und krankes Tier zu kümmern. "Offenbar wollen manche sich mit dem Thema Krankheit und Tod nicht auseinandersetzen", so Firsching.
Geht es aber tatsächlich um finanzielle Not, kann der Gnadenhof nicht alle Pferde und Ponys aufnehmen. "Wir schauen dann gemeinsam, an welchen Stellschrauben noch gedreht werden kann", sagt Line Firsching. Muss es etwa ein Stall mit Reithalle sein oder ginge auch ein Offenstallplatz samt Arbeitsdienst? "Manchmal finden wir gemeinsam eine gute Lösung", sagt die Gnadenhof-Chefin, die sich darüber freut, dass ihr Heuvorrat rechtzeitig bestellt und damit ausreichend groß ist.
Auch Vereine haben mit Preissteigerungen zu tun. Beispiel: der Reitverein Horneburg. "Wir haben 50 Prozent Schulpferde und 50 Prozent Einsteller", sagt Janina Brandmähl, die den Verein ehrenamtlich führt. Sie kenne derzeit niemanden, der sein Pferd weggeben wolle, weil es zu teuer werde. Gleichwohl: "Unsere Strompreise sind um 45 Prozent gestiegen", sagt sie. Ein Anstieg, der auf alle Pferde umgelegt werden müsse - also auch auf die Einsteller.
"Sorgen macht sich wahrscheinlich jeder Pferdebesitzer aufgrund der Preissteigerungen", meint Oliver Hagel, Vorsitzender des Kreisverbands Stader-Altländer Reitvereine (KRV). Steigende Futter- und Tierarztkosten seien für viele Reiter derzeit ein Thema. Beim Strom wird es richtig teuer: In der dunklen Jahreszeit brennen in den Reithallen die Lampen vom frühen Nachmittag bis in den späten Abend. Oliver Hagel ist aber überzeugt, dass die meisten Pferdehalter aus Liebe zu ihren Tieren durchhalten werden. "Da gibt es einige, die essen dann nur noch trockenes Schwarzbrot, um die Kosten fürs geliebte Pferd aufzubringen." Solche Pferde-Enthusiasten melden sich natürlich nicht auf dem Gnadenhof von Line Firsching.
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